Aufregung um Corona-Stellenanzeige Deshalb sucht Diakonie Pädagogen für Quarantäne-Kinder
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Wollen Jugendämter Kinder zur Quarantäne aus Familien holen? Eine Personalsuche der Diakonie wird als vermeintlicher Beleg aufgeregt geteilt. Doch die Erklärung ist eine andere.
Eine Stellenausschreibung der Diakonie Michaelshoven in Köln hat zu einem Sturm aus Wut und Protest im Netz geführt. Kritiker der Maßnahmen zur Eindämmung von Corona sehen darin schlimmste Befürchtungen bestätigt. Die Diakonie arbeitet im Auftrag des Kölner Jugendamts und sucht Personal in einer "Inobhutnahme für Kinder und Jugendliche in Quarantäne".
Doch dabei soll keine neue Einrichtung aufgebaut werden und es geht nicht darum, Kinder aus Familien zu holen, um eine Quarantäne durchzusetzen, heißt es von dem Träger. "Das wird missverstanden", so Melani Köroglu, Sprecherin der betreffenden Diakonie. Anlass ist demnach ein anderer.
"Quarantäne-Gruppe" besteht schon seit April
Diese Hintergründe verrät die Aufgabenbeschreibung in der Anzeige aber nicht. Dort heißt es nur, in der Inobhutnahme mit bis zu sieben Plätzen seien Kinder und Jugendliche zu betreuen, "die aufgrund eines Covid-19-(Corona)-Verdachts oder aufgrund eines bestätigten Falles im nahen Umfeld unter Quarantäne stehen". Der "Fokus der Tätigkeit liegt auf der Umsetzung der Quarantänemaßnahmen".
Was dort nicht steht: Dass die Kinder nicht mehr bei ihren Familien sind, liege nicht am Corona-Verdacht. Wenn unter den von der Diakonie zu betreuenden Kindern Corona-Verdachtsfälle sind, dann sollen die dort isoliert betreut werden. Das geschieht laut Diakonie bereits seit dem 3. April in der bestimmten Wohngruppe, und zum 1. September soll dort eine Stelle nachbesetzt werden. Es ist also auch kein neues Angebot.
Kinder unter Verdacht waren nicht betreut worden
In Obhut genommen werden Kinder aus vielen Gründen, oft zum Schutz vor möglicher Gewalt daheim oder weil die Eltern sie nicht versorgen können. Köroglu erklärt das so: "Es geht um Kinder, die bereits in einer Jugendhilfeeinrichtung leben oder bei denen eine akute Kindeswohlgefährdung vorliegt und bei denen zusätzlich der Verdacht einer Corona-Infektion besteht." In der Corona-Krise waren solche Kinder zum Teil nicht aufgenommen worden, "sie haben zum Teil keine adäquaten Hilfen erhalten". Die Stadt Köln habe deshalb den Wunsch geäußert, dieses Angebot zu schaffen.
Es geht demnach nicht darum, Kinder und Jugendliche aus einem intakten Elternhaus zu nehmen, weil es unterschiedliche Auffassungen zu Corona und Quarantäne gebe. Genau das vermuten oder unterstellen zahlreiche Anrufer und Mail-Schreiber, Mitarbeiter der Diakonie erhielten Beleidigungen und Bedrohungen. "Das ist unser erster Shitstorm, und es ist heftig."
Kinderschutzbund kritisierte Jugendämter
Bei der Frage, warum Kinder in Obhut genommen werden, ist die Diakonie aber auch gar nicht beteiligt. Diese Entscheidung betreiben die Jugendämter. In den vergangenen Tagen hat Wirbel ausgelöst, dass tatsächlich von Behörden gedroht wurde, bei Zuwiderhandlung gegen Quarantäneregeln könnten Kinder zwangsweise untergebracht werden. Der Kinderschutzbund hatte einen Fall aus dem Landkreis Karlsruhe öffentlich gemacht. Schon die Vorgabe, Kinder in ihrem Zimmer zu isolieren oder sie getrennt essen zu lassen, gehe zu weit.
Derartige Formulierungen gehen offenbar vielfach darauf zurück, dass Musterschreiben nicht an Kinder angepasst wurden. Der Landkreis Karlsruhe hat auch inzwischen die Absicht dementiert, dass man ein Kind wegen Zuwiderhandlungen aus einer Familie herausnehmen wolle.
Eine Zwangsunterbringung sei jedoch eine legitime Maßnahme nach dem Infektionsschutzgesetz, wenn ein Richter sie anordne. Diese Absonderung in einem Krankenhaus oder einer ähnlichen Einrichtung sieht dieses Gesetz in Paragraph 30 vor, ohne zwischen Kindern und Erwachsenen zu unterscheiden. Bei Kindern, so das Karlsruhe Landratsamt, würde das dann zusammen mit einem Elternteil erfolgen. Ein solcher Fall sei auch nie eingetreten.
Die Stadt Köln erklärte auf Anfrage, die Quarantäne-Gruppe sei nur in einigen wenigen Fällen in Anspruch genommen worden. Das Angebot sei ausdrücklich nicht geschaffen worden, um zwangsweise Quarantäne bei Minderjährigen umzusetzen. Eine Sprecherin zu t-online.de: "Eine solche Unterbringungsform stünde im Widerspruch zum gesetzlichen Auftrag und zum Selbstverständnis des Jugendamtes der Stadt Köln."
Der Text wurde mit der Stellungnahme der Stadt Köln aktualisiert.
- Eigene Recherchen
- Stellenanzeige Diakonie
- Stellungnahme Diakonie
- Mitteilung Deutscher Kinderschutzbund
- Paragraph 30 Infektionsschutzgesetz
- Kreis Karlsruhe: Stellungnahme zur Berichterstattung
- swr.de: Kinderschutzbund kritisiert Corona-Anweisungen des Karlsruher Landratsamts