Präsident des Verfassungsgerichts "Uns droht nicht der Unrechtsstaat"
Bedrohen die Corona-Regeln unsere Grundrechte in Deutschland? Andreas Voßkuhle, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, sieht das nicht so. Vor seinem Ausscheiden in Karlsruhe gibt er sich nachdenklich.
Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, sieht in der Corona-Krise nicht dauerhaft die Grundrechte in Gefahr. Es gingen zwar viele Anträge wegen der Corona-Maßnahmen ein. "Aber uns droht nicht der Unrechtsstaat", sagte Voßkuhle der Wochenzeitung "Die Zeit". Die Gerichte arbeiteten trotz Homeoffice ganz normal. "Manche Einschränkungen werden von ihnen aufgehoben, andere nicht. So funktioniert das in einem demokratischen Rechts- und Verfassungsstaat."
Im Kampf gegen die Pandemie unterliefen den Verantwortlichen sicher Fehler, und es gebe auch Fehleinschätzungen, sagte Voßkuhle. "Das lässt sich in einer Krise nicht vermeiden." Er sehe aber nicht, was die Alternative sein könnte. Möglicherweise sei die Corona-Krise auch eine Chance, neues Selbstbewusstsein zu tanken. "Der Staat hat gezeigt, dass er eine Menge bewegen kann in kurzer Zeit, und die Menschen vertrauen ihm. Bislang jedenfalls."
Abschied mit Wehmut und Erleichterung
Voßkuhle, dessen Zeit in Karlsruhe zu Ende geht, sieht seinem Abschied mit Wehmut entgegen, aber auch mit Erleichterung. Zum Amt gehöre auch, "wach zu bleiben, sich darüber Gedanken zu machen, welche Auswirkungen eine Entscheidung hat, wie man sie noch besser machen kann und welche Gefahren seiner Institution drohen", sagte der 56-Jährige.
Voßkuhle: "All das müssen Sie jeden Tag erwägen, und ich kann sagen, dass es nur wenige Morgen gegeben hat in den letzten zwölf Jahren, an denen ich nicht genau mit diesen Gedanken aufgewacht bin. Insofern werde ich das Gericht mit Wehmut verlassen, aber auch mit einer gewissen Erleichterung."
- Nachrichtenagentur dpa