Mann aus Eritrea schwer verletzt Schütze von Wächtersbach soll Tat angekündigt haben
Gewaltneigung und rechte Gesinnung des mutmaßlichen Schützen von Wächtersbach waren offenbar bekannt – man hielt seine rassistischen Sprüche aber für "Kneipengebabbel".
Nach den rassistisch motivierten Schüssen auf einen Mann aus Eritrea im hessischen Wächtersbach konzentrieren sich die Ermittler auf das Umfeld des mutmaßlichen Täters, der sich nach der Tat am Montag selbst erschoss. Wie "hessenschau.de" berichtet, soll der 55-jährige Roland K. die Tat kurz zuvor in seiner Stammkneipe angekündigt haben.
Nach Angaben des Kneipenwirts habe K. am Montagvormittag "ganz normal seine zwei, drei Bier getrunken". Dann habe er gesagt, er werde "jetzt einen Flüchtling abknallen" und das Lokal verlassen, berichtet "hessenschau.de". Anschließend sei K. ins Auto gestiegen und davon gefahren.
Bundesregierung verurteilt Angriff
Die Schüsse auf den 26-jährigen Eritreer fielen gegen 13 Uhr. Das Opfer, ein Familienvater, überlebte dank einer Notoperation schwer verletzt und liegt im Krankenhaus. Laut Ermittlern war er ein Zufallsopfer und wurde "aufgrund seiner Hautfarbe" ausgewählt.
Die Bundesregierung verurteilte den Angriff am Mittwoch als "abscheuliche Tat", die nicht hingenommen werden dürfe: "Die Bundesregierung ist bestürzt über diese Tat und verurteilt sie auf das Schärfste", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer in Berlin.
"Einen Halbschwarzen erschießen"
Wie hessenschau.de weiter berichtet, sei Roland K. nach der Tat gegen 14.30 Uhr zurück in die Kneipe gekommen und habe sich normal verhalten. "Er hatte nur eine Tasche dabei, was für ihn ungewöhnlich war", zitiert die Nachrichtenseite den Wirt des "Martinseck". In K.s Tasche habe sich möglicherweise die Tatwaffe befunden.
Nachdem K. die Kneipe am Montagnachmittag ein zweites Mal verlassen hatte, wählte er nach hr-Informationen den Polizeinotruf und kündigte weitere Taten an. Wörtlich soll er gesagt haben, er werde nun "einen Halbschwarzen erschießen" und dann sich selbst. Gegen 16.15 Uhr traf ein Spezialkommando der Polizei ein. Die Beamten fanden K. leblos in seinem Wagen vor.
Polizei: Keine Hinweise im Vorfeld
Vor dem Angriff auf den 26-Jährigen hat die Polizei keinen Hinweis bekommen, wie Oberstaatsanwalt Alexander Badle am Mittwoch sagte. Es habe jedoch eine "Kommunikation zwischen dem Tatverdächtigen und der Polizei nach der Tat" gegeben. Zum Inhalt dieses Gesprächs machte Badle keine Angaben.
K.s rechte Gesinnung und seine Gewaltneigung seien in seinem sozialen Umfeld bekannt gewesen, berichtet hessenschau.de weiter. Am Tresen habe er öfter Sprüche fallen lassen wie "Wenn ich gehe, nehme ich einen oder mehrere mit". Er habe schon immer ein Problem mit "Asyljungs" gehabt – und zuletzt wohl auch Geldprobleme. Man habe K.s Äußerungen aber für "Kneipengebabbel" gehalten und nicht ernst genommen. Nachbarn hätten Abstand zu dem 55-Jährigen gehalten.
K. schoss drei Mal auf sein Opfer
Nach jüngsten Erkenntnissen der Ermittler schoss der Sportschütze drei Mal auf sein Opfer. Später tötete er sich mit einem Schuss in den Kopf. Bisher sei der Mann nicht polizeiauffällig gewesen, hieß es. Bei dem deutschen Staatsangehörigen seien zwei halbautomatische Waffen gefunden worden. Bei der Durchsuchung der Wohnung fanden Beamte einen Abschiedsbrief sowie weitere drei Waffen, eine halbautomatische Pistole und zwei Langwaffen. Alle hätten sich legal im Besitz des Mannes befunden.
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Die Stadt Wächtersbach hatte für Dienstagabend am Tatort zu einer Mahnwache aufgerufen, zu der rund 400 Menschen kamen. Bürgermeister Andreas Weiher appellierte an die Teilnehmer, Verantwortung zu übernehmen. "Wenn sich Angst vor Rassismus Bahn bricht, ist unsere gesamte freiheitliche Grundordnung in Gefahr." Jeder Einzelne sei aufgefordert, für geteilte Werte Überzeugungsarbeit zu leisten. "Nehmt die Signale ernst, nehmt sie wahr." Weiher ging von einem Einzeltäter aus.
- hessenschau.de: Schütze von Wächtersbach kündigte Tat in Dorfkneipe an
- mit Material der Nachrichtenagentur dpa