Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Zum SPD-Rentenvorstoß Zeigen Sie Respekt vor uns, Herr Minister!
Die SPD überrascht mit einem Vorschlag: Die "Respektrente" soll es richten. Doch das Konzept ist unverantwortlich, meint CDU-Politikerin Jenna Behrends in einem Gastbeitrag.
Deutschland hat ein Rentenproblem: Die Beiträge werden steigen, da immer weniger Beitragszahler immer mehr Rentner versorgen müssen. Gleichzeitig sind viele Menschen von Altersarmut bedroht, nur noch wenige glauben an die sichere Rente.
Arbeitsminister Hubertus Heil von der SPD hat nun einen eigenen Vorschlag vorgelegt: die "Respektrente". Sie soll die Menschen vor Altersarmut schützen. Die nachfolgenden Generationen müssten allerdings unter dem Vorstoß leiden, meint die CDU-Politikerin Jenna Behrends in einem Gastbeitrag.
Jenna Behrendscoremedia:///cap/blob/content/85210418#data, geboren 1990, ist Politikerin der CDU und Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung in Berlin-Mitte. Sie hat Jura studiert, eine journalistische Ausbildung und ist Autorin des Buches "Rabenvater Staat. Warum unsere Familienpolitik einen Neustart braucht". (Foto: Andi Weiland)
"Respektrente" nennt SPD-Arbeitsminister Heil seinen Vorstoß zur künftigen Versorgung im Alter – an Respekt gegenüber meiner Generation lässt er es aber gerade vermissen. Sein Vorschlag ist absurd, seine Argumente Quatsch. Daran ändert auch die hübsche Namensgebung nichts.
Jeder von uns hat Themen, die wir nicht gerne anklicken, wenn wir über eine Nachrichtenseite scrollen. Für meine Generation ist das beispielsweise die Rente. Ein verdammt unangenehmes Thema für alle, die noch viele Jahre Arbeitsleben vor sich haben. Wir haben bereits genug Probleme im Heute – und viele von uns glauben sowieso nicht daran, eines Tages selbst eine Rente zu bekommen, von der wir leben können. Die große Mehrheit der Deutschen hat da erhebliche Zweifel.
"Respektrente" – klingt harmlos, ist es aber nicht
Wenn nach der "Rente mit 63" und der "Mütterrente" jetzt die "Respektrente" diskutiert wird, ist der Impuls also groß, schnell weiterzuklicken. Dabei ist das, was Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil so harmlos "Respektrente" getauft hat, alles andere als respektvoll. Respekt vor meiner Generation, die das alles finanzieren muss, hat er offensichtlich nicht.
Seine "Respektrente" ist nicht möglich, wenn er uns nicht überbelasten will. Eine respektvolle Steuer- und Beitragslast für meine Generation und für alle nachfolgenden Generationen sähe jedenfalls anders aus. Setzt sich sein Vorschlag durch, könnten wir bereits heute "hallo" zu neuen Respektlosschulden sagen. Wir brauchen offensichtlich nicht nur Demos für das Klima, sondern auch Demos für Gerechtigkeit zwischen den Generationen.
Dabei klingt Hubertus Heils Vorschlag zunächst so nett: Er will mit einem Steuerzuschlag kleine Renten von Versicherten aufwerten, wenn sie mindestens 35 Jahre Grundrentenzeiten vorweisen können. Und das ohne eine Prüfung der Bedürftigkeit. Was kann dagegen nur einzuwenden sein?
Kommende Generationen müssen das mittragen
Um zu verstehen, weshalb diese "Respektrente" für meine Generation eine Katastrophe wäre, müssen wir unser Rentensystem verstehen: Wir haben keinen Anspruch gegen die Rentenkasse, im Ruhestand doch bitte nach und nach unser Erspartes wieder rauszurücken. Es gibt kein Rentenkonto, von dem wir uns später bedienen könnten. Wir zahlen auch nichts ein. Stattdessen fließt unser Geld mehr oder minder direkt an die aktuellen Rentnerinnen und Rentner. Würden wir heute beschließen, dass wir keinen Bock mehr haben, die hohen Rentenbeiträge zu zahlen, wäre sehr schnell Schluss mit den Zahlungen an die Rentner.
Ein paar Wochen könnten überbrückt werden. Mehr nicht.
Wir selbst werden nur eine Rente erhalten, wenn die nachfolgende Generation bereit ist, uns zu finanzieren und das Umlagesystem fortzuführen. Bereits heute ist klar, dass wir immer höhere Beiträge zahlen müssen, während gleichzeitig die Renten sinken. Daran ändert sich auch nichts, wenn Heil vorschlägt, das Geld nicht aus dem Renten- sondern aus dem Steuertopf zu nehmen. Dieses "Wir gehen ja nicht an das Geld der Beitragszahler, es sind ja nur Steuermittel" ist ein Quatschargument. Wer muss die Steuern denn zum größten Teil zahlen? Wie sollen wir es uns dann überhaupt noch leisten, zum Beispiel mehrere Kinder zu haben, wenn uns die Steuer- und Abgabenlast erdrückt?
Es ist so absurd: Der eine Sozialdemokrat beklagt ein Loch und mahnt zum Sparen. Finanzminister Olaf Scholz fehlen in seiner Planung bis 2023 fast 25 Milliarden Euro. Der andere Sozialdemokrat hat das anscheinend nicht mitbekommen. Da frage ich mich: Reden die eigentlich miteinander? Oder müssen wir Hubertus Heil eine Wegbeschreibung zum Finanzministerium schicken? Mache ich sofort, wenn es daran scheitert.
Konzept ist wohl eher die Grundsicherung für die SPD
"SPD pur" seien die Pläne, freut sich die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Damit hat sie sogar recht: Heil denkt bei seinem Konzept der Grundrente anscheinend weniger an die Grundsicherung von Menschen, die jahrzehntelang gearbeitet und sich um Kranke und Pflegebedürftige gekümmert haben, als an die Grundsicherung der SPD. Den letzten Anker, um zumindest das Grundniveau von zweistelligen Wahlergebnissen zu halten.
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Unser Land ist eine Rentner-Demokratie. Ein Blick in die Wahlstatistik reicht, um festzustellen, dass die Generation über 60 nicht nur die meisten Wahlberechtigten stellt, sondern auch am fleißigsten zur Wahl geht. Die perfekte Zielgruppe für Wahlkämpfer. Aber Wahlkampf auf Kosten meiner Generation? Nein. Danke.
Liebe SPD, Ihr seid in der Regierung, nicht in der Opposition. Vielleicht lasst Ihr mal die Rentenkommission ihre Arbeit machen, bevor ihr mit solch undurchdachten Vorschlägen um die Ecke kommt. Die muss bereits jetzt Unglaubliches leisten.
Wer mehr einzahlt, sollte mehr rausbekommen
Vielleicht sollte die SPD-Führung mal mit ihrer Basis reden. Dann würden sie sehr schnell bemerken, dass die allermeisten ein Rentensystem nur dann gerecht finden und mittragen, wenn sich Arbeit auch bei der Rente lohnt. Wir dürfen diese simple Gleichung niemals über Bord werfen: Wer mehr einzahlt, sollte auch mehr rausbekommen. Alles andere, insbesondere ohne jede Bedürftigkeitsprüfung, lässt sich doch keinem Menschen verkaufen?
Das hier ist kein Kampf der Generationen. Zwar ist die aktuelle Rentnergeneration im Durchschnitt sehr wohlhabend, aber wir sehen, dass zum Beispiel alleinstehende Frauen schon jetzt besonders von Altersarmut bedroht sind. Niemand will den Generationenvertrag kündigen – aber wir sollten ihn nicht immer weiter zu unseren Lasten verschlechtern.
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Meine Generation soll noch eine Chance haben. Legen wir die "Respektrente" also am besten direkt zu den Akten. Den nächsten, dann hoffentlich generationengerechten Vorschlag könnt Ihr dann meinetwegen auch "Superrespektrente" nennen.
Die in Gastbeiträgen geäußerte Meinung ist die der Autorin und entspricht nicht unbedingt derjenigen der t-online.de-Redaktion.