Verfassungsschutz über AfD-Politiker Gutachten bescheinigt Höcke "Verachtung der Bundesrepublik"
Ein Gutachten des Verfassungsschutzes zur AfD dringt nach außen – obwohl es Verschlusssache ist. Es bescheinigt dem "Flügel" um Björn Höcke und Alexander Gauland eine Nähe zu Rechtsextremisten.
Der Verfassungsschutz hält es für möglich, dass der rechtsnationale "Flügel" der AfD bereits Einfluss auf den Kurs der gesamten Partei genommen hat. Es sei zu befürchten, dass die Strömung mit ihren "mutmaßlich verfassungswidrigen Einwirkungsversuchen auf die Gesamtpartei schon erste Erfolge erzielt hat", heißt es im Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz zur AfD.
Einfluss des "Flügels" wuchs zunehmend
Der Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke hatte die Gruppierung 2015 gegründet. Seitdem wuchs der innerparteiliche Einfluss zunehmend. Zu den Erstunterzeichnern der sogenannten "Erfurter Resolution" zählen auch Parteivorsitzender Alexander Gauland und Brandenburgs Landesvorsitzender Andreas Kalbitz.
Das Bundesamt hält in seinem Gutachten fest, der "Flügel" habe "Verbindungen zu bekannten rechtsextremistischen Organisationen; maßgebliche Mitglieder, einschließlich der Führungsfigur Höcke, haben sich in der Vergangenheit auch schon selbst für rechtsextremistische Organisationen betätigt". Unter anderem hatte "Flügel"-Mitgründer Kalbitz an einem neonazistischen Feldlager der später verbotenen "Heimattreuen Deutschen Jugend" teilgenommen. Höcke selbst hatte der AfD-Vorstand in einem gescheiterten Ausschlussverfahren eine Nähe zum Nationalsozialismus bescheinigt.
Höckes Buch liefert zahlreiche Hinweise
Nach seiner Analyse von Textpassagen des 2018 erschienenen Buches "Nie zweimal in denselben Fluss, Björn Höcke im Gespräch mit Sebastian Henning" bilanziert der Inlandsgeheimdienst: "Nicht der Nationalsozialismus selbst, sondern die Niederlage von 1945 scheint für Höcke die eigentliche Katastrophe zu sein."
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die AfD in der vergangenen Woche als Ganzes zum "Prüffall" erklärt und nimmt sie damit stärker unter die Lupe. Noch genauer hinschauen will die Behörde beim rechtsnationalen "Flügel" und der Nachwuchsorganisation Junge Alternative: Sie wurden zum Verdachtsfall erklärt.
JA-Landesverbände werden bereits beobachtet
Von einem Verdachtsfall spricht der Verfassungsschutz, wenn nach seiner Auffassung "hinreichend gewichtige Anhaltspunkte" dafür vorliegen, "dass es sich um eine extremistische Bestrebung handelt". Beim Verdachtsfall greift ein weiterreichendes Instrumentarium als beim Prüffall. Allerdings liegt auch der Verdachtsfall unterhalb der Schwelle einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz mit nachrichtendienstlichen Mitteln. Bereits drei Landesverbände der "Jungen Alternative" stehen aufgrund ihrer Verstrickungen in rechtsextremistische Kreise allerdings tatsächlich unter Beobachtung der Landesämter.
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Die Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel und den im Bundestag vertretenen Parteien geht nach Einschätzung des Verfassungsschutzes bei Höcke über das hinaus, was im politischen Meinungsstreit normal ist. In dem Gutachten heißt es: "In aller Klarheit formuliert Höcke, wie wenig es ihm um einen bloßen Wechsel der Regierung und herrschenden Politik geht, wie sehr ihm das ganze System und die im Wettbewerb stehenden Parteien verhasst sind und wie offensichtlich das Feindbild Merkel lediglich eine Chiffre für die Verachtung der Bundesrepublik insgesamt ist."
Höcke äußert sich nicht
Höcke sagte dazu nach Angaben eines Sprechers, er könne sich nicht zu einem Gutachten äußern, das ihm nicht vorliege. Es sei eine "Farce", dass einige Medien Einblick in das Dokument hätten nehmen können, die AfD aber nicht.
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BfV-Präsident Thomas Haldenwang hatte am Montag angekündigt, er wolle am Mittwoch mit den Verfassungsschutz-Ämtern der Länder über die AfD reden. Man wolle darüber sprechen, "wie wir diese Entscheidung in Zukunft ausfüllen werden, wer welche Aufgaben wahrnimmt". Grundlage des BfV-Gutachtens, das als "Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch" eingestuft ist, ist eine sogenannte Materialsammlung. Zu dieser Sammlung von Informationen über die AfD hatten auch die Verfassungsschützer der Landesämter beigetragen.
- Nachrichtenagentur dpa