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Debatte um Hartz-IV-Strafen: "Wer Sanktionen abschafft, schreibt die Menschen ab"


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Debatte um Hartz-IV-Strafen
"Wer Sanktionen abschafft, schreibt die Menschen ab"


06.12.2018Lesedauer: 3 Min.
Demonstration gegen Hartz IV in Frankfurt: Die Sanktionspraxis der Jobcenter steht seit Langem in der Kritik.Vergrößern des Bildes
Demonstration gegen Hartz IV in Frankfurt: Die Sanktionspraxis der Jobcenter steht seit Langem in der Kritik. (Quelle: Michael Debets/imago-images-bilder)
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Deutschland diskutiert über Sinn und Unsinn der Hartz IV-Sanktionen, deren Auswirkungen jetzt in einer großen Studie untersucht werden. Wie stehen die Parteien im Bundestag dazu?

Schaden Sanktionen den Empfängern von Hartz IV eher, als dass sie motivieren? Davon geht der Verein „Sanktionfrei“ aus, der diese Annahme jetzt in einer großen Studie gemeinsam mit Wuppertaler Wissenschaftlern untersucht. Zuspruch erhält er von Linken und Grünen. Union und FDP halten die Sanktionspraxis hingegen für unabdingbar. Die SPD sieht großen Reformbedarf.

Im Rahmen der Studie werden 250 Hartz-IV-Empfängern für drei Jahre die vom Jobcenter verhängten Sanktionen ausgeglichen. Ziel ist herauszufinden, wie sich Verhalten und Befinden der Betroffenen verändern, wenn sie ohne Angst vor Sanktionierung leben können. Der Wuppertaler Arbeitspsychologe Rainer Wieland sagte im Interview mit t-online.de, schon die Androhung von Sanktionen würde die Betroffenen in Unsicherheit stürzen. Das mache krank und handlungsunfähig.

Kritik an den Sanktionen äußerte auch der sozialpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Sven Lehmann. Die Strafen belasteten das Klima in den Jobcentern und seien zudem hoch bürokratisch. "Die Berechnung und Durchsetzung von Sanktionen geht für das Personal in den Jobcentern mit großem Verwaltungsaufwand einher. Zeit und Aufwand, der für die Beratung und Vermittlung der Arbeitssuchenden verloren geht", sagte Lehman zu t-online.de.

Die von Sanktionen Betroffenen würden gedemütigt, die Konsequenzen am Arbeitsmarkt seien katastrophal, beklagte Susanne Ferschl, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag. Der Staat zwinge Menschen auf diese Weise in Jobs mit miesen Arbeitsbedingungen und geringen Löhnen, so Ferschl zu t-online.de. "Die Konsequenzen sind prekäre Arbeits- und Lebensbedingungen und der größte Niedriglohnsektor der EU."

SPD: "Es kann nicht so bleiben, wie es jetzt ist"

Kerstin Tack, Sprecherin für Arbeit und Soziales in der SPD-Bundestagsfraktion, sieht ebenfalls großen Verbesserungsbedarf. "Alle Erfahrungen zeigen, dass es bei den Sanktionen in der Grundsicherung nicht so bleiben kann, wie es jetzt ist", sagte sie zu t-online.de. Mietkosten etwa dürften nicht Gegenstand von Sanktionen sein.

Tack betonte zugleich, würden Absprachen ohne triftigen Grund nicht eingehalten, seien Konsequenzen nötig. "Sanktionen müssen aber zurückgenommen werden können und dürfen nicht Obdachlosigkeit zur Folge haben", forderte sie. Lehmann sprach sich dafür aus, die Sanktionspraxis gänzlich zu beenden. "Stattdessen brauchen Arbeitssuchende mehr positive Erwerbsanreize und Motivation durch eine Arbeitsvermittlung auf Augenhöhe." Die Würde des Menschen sei sanktionsfrei.

FDP: "Sanktionen abzuschaffen hieße, die Menschen abzuschreiben"

Widerspruch gegen Forderungen nach Reform oder gar Abschaffung der Hartz-IV-Sanktionen kommt aus CDU und FDP. "Wer von Grundsicherungsempfängern nicht einmal die Entschuldigung für eine Terminabsage erwartet, zeigt, wie wenig er ihnen zutraut", sagte Pascal Kober, sozialpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, zu t-online.de. Die Sanktionen abzuschaffen hieße, die Menschen abzuschreiben.

Auch Matthias Zimmer, Vize-Chef der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales der Unions-Bundestagsfraktion, sagte, er könne die von Sozialromantik geprägte Sicht von "Sanktionsfrei" nicht teilen. "Von jemandem, der Hartz IV bezieht, muss ich auch etwas erwarten können im Rahmen von Förderung und Fordern", so Zimmer zu t-online.de.


Ziel von Sanktionen sei nicht, Angst zu erzeugen, sondern zu zeigen, dass mit der Leistung auch Verpflichtungen verbunden seien, sagte der CDU-Politiker und betonte: "Ein bedingungsloses Einkommen wird es mit uns nicht geben. Sonst werden die, die nicht arbeiten wollen, belohnt." Kober unterstrich, jedes Mitglied der Gesellschaft habe Pflichten und müsse sein Tun vor anderen verantworten. "Es gibt keinen Grund, Grundsicherungsempfänger davon auszunehmen“, so der FDP-Politiker.

Politiker der AfD reagierten nicht auf unsere Anfragen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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