TV-Duell vor Hessen-Wahl "CDU in die Opposition, sonst ändert sich nichts"
CDU-Regierungschef Bouffier und sein SPD-Herausforderer Schäfer-Gümbel liefern sich ein lebhaftes TV-Duell vor der Hessen-Wahl. Harte Angriffe aber bleiben aus – vielleicht braucht man einander nach der Wahl.
Dass die Landtagswahl in Hessen derart in den Fokus geraten würde, hätten vor einem halben Jahr wohl nur wenige für möglich gehalten. Doch mit dem Wahlbeben in Bayern und dem Debakel für die Berliner Regierungspartner haben sich die Vorzeichen geändert.
Plötzlich wird der Urnengang am 28. Oktober zur Schicksalswahl für Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die angeschlagene SPD-Chefin Andrea Nahles. Eine Pleite für Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und die Debatte über die Zukunft Merkels als Parteichefin dürfte mit voller Wucht ausbrechen. Gleichsam könnte ein Debakel für Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) die Diskussionen über Parteichefin Andrea Nahles und den Verbleib in der Regierung weiter anheizen.
So wunderte es kaum, dass die beiden Spitzenkandidaten im TV-Duell des Hessischen Rundfunks bemüht waren, sich von der Wahl in Bayern abzugrenzen. "Die Niederlage in Bayern ist eine schwere Schlappe", räumte Schäfer-Gümbel zwar ein, "aber Bayern ist Bayern und Hessen ist Hessen".
In die gleiche Kerbe schlug Ministerpräsident Bouffier, als er meinte, dass Hessen anders sei. "Die Menschen hier sind zufrieden mit der Arbeit der Regierung – das war in Bayern nicht der Fall", sagte der Regierungschef. Bouffier zeigte sich optimistisch: "Jetzt geht es um Hessen, da werden wir deutlich zulegen, da bin ich mir sicher."
Schlagabtausch: ja; Persönliche Attacken: nein
Dass für Schäfer-Gümbel wie für Bouffier in elf Tagen dennoch viel auf dem Spiel steht, war der Debatte anzumerken. Die Spitzenkandidaten lieferten sich einen Schlagabtausch um die Themen Bildung, Wohnen und die drohenden Fahrverbote für ältere Diesel-Autos in Städten. Beide waren zugleich bemüht, den Gegner nicht zu vergrätzen. Persönliche Attacken blieben aus.
Denn vielleicht findet man sich nach der Wahl in einer gemeinsamen Regierung wieder. Nach den jüngsten Umfragen reicht es für CDU und Grüne nicht für eine Neuauflage ihrer Koalition. Die CDU hat trotz sich abzeichnender Verluste beste Chancen, erneut stärkste Kraft zu werden. Für eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit den Grünen müsste sie aber wohl einen dritten Partner ins Boot holen – vielleicht die FDP? Oder setzt sie nach dem 28. Oktober auf eine große Koalition?
Schäfer-Gümbel wies diese Option weit von sich. "Die CDU muss in die Opposition, sonst ändert sich hier nichts", sagte er. Bouffier lobte einerseits die Zusammenarbeit mit den Grünen und betonte, das Bündnis sei "einzigartig", weil es eine "gute Arbeit geleistet hat". Zugleich sagte er, er werbe nicht für eine Koalition, er werbe für die CDU.
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Bouffier: Öffentliche Gelder für Diesel-Nachrüstungen
Ein Hauptthema der Debatte war die Frage der Hardware-Nachrüstungen bei älteren Diesel-Autos. Bouffier schlug vor, zur Finanzierung öffentliche Fördertöpfe anzuzapfen. Konkret nannte er die nicht abgerufenen Mittel des Bundes zur Unterstützung der Elektromobilität. "Bevor der Dieselfahrer der Dumme ist, bin ich bereit, auch darüber zu diskutieren", sagte Bouffier. Es bleibe aber auch dabei, dass die Industrie zuerst gefordert sei.
Schäfer-Gümbel sprach sich dafür aus, kommunale Fahrzeuge mit der Hilfe von Steuergeld nachzurüsten: "Es ist die einzige Chance, hier schnellstmöglich Fahrverbote zu verhindern, und deswegen ist es in der Tat eine Notmaßnahme." Die schwarz-grüne Landesregierung habe aber in der Diesel-Krise zu spät angefangen zu handeln.
Im Diesel-Konzept der Bundesregierung sind Hardware-Nachrüstungen für Euro-5-Diesel neben Umtauschaktionen als Möglichkeit vorgesehen, um die Luft in Städten mit hoher Schadstoffbelastung zu verbessern. Bezahlen sollen dies die Autohersteller. Diese lehnen das aber ab.
TSG: Kostenlose Bildung "von der Krippe bis zum Meister"
Eines seiner vorrangigen Ziele sei, dass Zukunftsjobs in Hessen entstehen und nicht in China oder im Silicon Valley, betonte Bouffier. SPD-Chef Schäfer-Gümbel versprach unter anderem, die Bildung "von der Krippe bis zum Meister" kostenlos zu machen und massiv in den Bau neuer Wohnungen zu investieren. Hessen brauche 37.000 neue Wohnungen im Jahr um den Bedarf zu decken, sagte er. Die SPD wolle in den nächsten zehn Jahren 60.000 Wohnungen durch das Land fördern und den Werkswohnungsbau neu beleben.
Bouffier warf er vor, zu wenig gegen den Wohnraummangel in Hessen getan zu haben. Nach Bouffiers Worten sind steigende Mieten aber kein spezifisch hessisches Problem. "Das haben wir überall in den Ballungsräumen, unabhängig wer dort politische Verantwortung trägt."
Der Regierungschef attackierte erneut die AfD scharf. Die Partei sei nicht bereit, eine klare Grenze zum Extremismus zu ziehen, sagte er. In der Politik der hessischen CDU könne er keine Fehler erkennen, die den Erfolg der AfD hätten befördern können. Im Gegenteil: Das Kernthema der AfD, die Integration der Flüchtlinge, habe Hessen gut bewältigt. Hier dankte er seinem Herausforderer Schäfer-Gümbel ausdrücklich dafür, dass die Sozialdemokraten im Land das Asylpaket der Landesregierung mitgetragen hätten.
- dpa, AFPÜbertragung im Hessischen Rundfunk