Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Leserstimmen zur Bayernwahl "Ilse Aigner! Was ist mit Ihnen?"
Die CSU steht in Bayern für Tradition und Altbewährtes. Söder und Seehofer frustrieren aber ihre Wähler. Viele Leser wünschen sich deutlichere Aussagen, wo es mit der Politik in Bayern hingehen soll.
Um herauszufinden, was unsere Leser vor der Landtagswahl in Bayern beschäftigt, haben wir sie gebeten, uns ihre Gedanken zur Wahl mitzuteilen. Die Frage haben wir offen formuliert: Welche Partei würden Sie warum wählen, worüber ärgern Sie sich und was erhoffen Sie sich von der Wahl?
- Die Bayern-Wahl: Alle Infos im Newsblog
- Die Kandidaten in Bayern: Landesvater gegen Anti-Söder und Flexi-Grüne
- Bayerns Ministerpräsident Markus Söder: Am Ziel machte er einen großen Fehler
250 Zuschriften, die wir per Mail erhalten haben, und über 800 Beiträge im Kommentarbereich unter dem Artikel, zeigen: Diese Wahl bewegt unsere Leser – und zwar nicht nur die aus Bayern, sondern Leser aus ganz Deutschland. Leider können wir bei der großen Menge an Zusendungen nicht alle zu Wort kommen lassen, aber wir wollen einen umfassenden Überblick geben.
Die Auswertung der Zuschriften ergibt: Viele Leser ...
Söder und Seehofer sind das Problem
Viele Leser haben uns geschrieben, warum sie die CSU bei der anstehenden Wahl nicht mehr wählen werden. Große Unzufriedenheit herrscht mit den Führungspersonen der CSU. Besonders Ministerpräsident Söder und Innenminister Seehofer, aber auch der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Alexander Dobrindt, und Verkehrsminister Scheuer stehen stark in der Kritik unserer Leser. Arizona1980 bringt ihren Frust zum Ausdruck. Es handle sich hier um einen "geschlossenen Männerbund", der Bayern "nach 'Gutsherrenart' – allerdings auf peinlichem Kindergartenniveau" regiere.
Wolfgang Rühl hat uns das Schreiben zur Kündigung seiner CSU-Parteimitgliedschaft aus dem Sommer zukommen lassen. Ausführlich berichtet er darin, wie sehr ihn stört, dass die Parteipolitik der CSU von der Privatfeindschaft Horst Seehofers zu Angela Merkel überschattet wird. Dieser Streit hat viele andere Leser dazu bewogen, sich von der CSU abzuwenden. Zudem haben die Annäherungsversuche der CSU an die AfD die Partei in der Gunst unserer Leser sinken lassen. Theodorus schreibt dazu: "Liebe CSU, dieses Debakel müsst ihr euch selber ankreiden. Ein schlechte Alternative zu kopieren, hat noch nie geholfen."
Einige Leser würden die CSU wiederwählen, sofern es einen Führungswechsel gäbe. Günter Übelacker fragt: "Ilse Aigner! Was ist mit Ihnen? Werfen Sie Ihren Trachtenhut in den Parteiring." Tatsächlich liegt Aigner als Alternative zu Söder hoch im Kurs. Albrecht Mayer schreibt diesbezüglich: "So wie einst Seehofer aus den Beckstein’schen Ruinen auferstanden ist, sollte es Aigner aus den Söder’schen tun!"
Bayern geht es gut. Das ist der Verdienst der CSU
Trotz verhältnismäßig schlechter Umfragewerte glauben noch immer viele Wähler in Bayern an ihre CSU. Die CSU habe das "Bayern-Gen", schreibt uns Monika Schöneberger – und drückt damit etwas aus, was für unsere Leser, die am kommenden Sonntag ihr Kreuz für die Partei machen wollen, sehr relevant ist: Die lange Tradition der CSU in einem Bundesland, das, wie Leser Willi Weber hervorhebt, vielen Menschen eine "hervorragende Lebensqualität" bietet.
Peter Kovas konkretisiert diesen Gedanken: "Bayern hat seit einer Ewigkeit die stärkste Wirtschaft und die niedrigsten Arbeitslosenquoten in Deutschland. Hier kann man sicher und gut leben. Das ist ein ganz klares Ergebnis von CSU-Politik. Von Strauß bis Söder." Daher bleibt er trotz einiger Fehler, die er in Merkels Flüchtlingspolitik sieht, der CSU treu. Auch Walter 10 vertritt diese Meinung. Im Kommentarbereich schreibt er: "Ich persönlich kann keinen Menschen verstehen, der aus Protest in Bayern eine andere Partei wählt. Bayern ist nicht Deutschland und Landtagswahlen sind keine Bundestagswahlen!"
Konkrete Ideen fehlen
"Sie hat keine zukunftsweisenden Ideen für die brennenden Themen", bemängelt Wolfgang Balzke in Bezug auf die CSU: Das wirklich brennende Thema sieht er, wie auch viele andere Leser, in den steigenden Mieten in den Ballungsräumen. Nicht nur, aber ganz besonders in München. Auch Werner Zauser sieht das so. Außerdem wünscht er sich von der Politik wirksame Maßnahmen im Ausbau von schnellem Internet. Die CSU hätte sich auf die wirklich wichtigen Themen konzentrieren sollen.
Als besonders absurd empfindet Zauser Söders Ankündigung des Raumfahrtprogramms "Bavaria One". Es sei der Versuch, "den irdischen Problemen zu entfliehen." Wie genau diese Flucht dann in der Praxis aussehen könnte, zeigt uns Klaus Stocke: "Ich meine, wenn das Wahlergebnis schlecht ist, sollte auch Herr Söder zu seiner Verantwortung stehen und die Konsequenzen ziehen: Die Gelegenheit wäre günstig, sich mit seiner 'Bayern-One-Kapsel' auf Weltraummission zu begeben."
Rainer Brendle bringt den Wunsch vieler Leser auf den Punkt. Er fordert von der Politik, Probleme zu lösen, statt nur darüber zu sprechen.
Alternativen statt Alternative
Wer sich in Bayern doch nicht mit dem Altbewährten zufriedengeben will, sondern Veränderungen ersehnt, setzt auf neue Regierungskonstellationen. Richard Kurzawa bemängelt, die CSU habe die Zeichen der Zeit nicht erkannt und darauf vertraut, dass es so weitergehe wie bisher. "Andere Parteien haben auch gute Wahlprogramme, sind auch noch hungrig."
Hungrig mag sie sein, aber was die Frage eines guten Wahlprogramms angeht, sehen unsere Leser die AfD skeptisch. Sie ist nur für wenige eine wirkliche Alternative. Es besteht vielmehr die Sorge, dass die AfD von den innerparteilichen Konflikten der Union und der nicht mehr überzeugenden Politik der CSU profitieren werde. Beispielhaft hierfür steht die Aussage von Ueli Zweifel, der in Bezug zu Seehofer schreibt: "Aus persönlicher Eitelkeit, vielleicht auch Machtgier oder gekränktem Stolz hat er nichts anderes zu tun, als die Kanzlerin zu schikanieren und Wähler reihenweise in die Arme der AfD zu treiben." Die Leser, die angeben, die AfD wählen zu wollen, begründen das eher mit Protest und Abgrenzung von der aktuellen Politik als programmatisch-inhaltlich. Klaus Klingler bringt das auf den Punkt: "Ich wähle AfD, weil alle momentanen Probleme wurden von den Altparteien verursacht und nicht gelöst."
Dafür gibt es andere Hoffnungsträger. Arizona1980 schreibt: "Es gibt mittlerweile wunderbare bürgerlich-grüne oder (gelbe) Politiker*innen. Gut für die Heimat, gut für Bayern, gut für unsere wunderbare Landschaft. Vor allem gut für die Demokratie."
Leser s.wilhelmau schlägt die Wahl der Bayernpartei vor. "Ausrichtung wie die SPD, Zukunftsideen wie die FDP, umweltbewusst wie die Grünen und Liebe zur Heimat wie die CSU." Die Forderung der Partei nach der Eigenständigkeit Bayerns solle man einfach vergessen. Das sei ohnehin nicht umsetzbar. Während das sicherlich ein Nischenvorschlag ist, können die Grünen laut aktueller Umfragen tatsächlich auf ein äußerst erfreuliches Wahlergebnis hoffen. Dabei polarisieren sie stark. Einige Leser meinen, in den Grünen den Untergang Bayerns zu erblicken, andere sehen sie als große Hoffnung.
Noch nicht endgültig vergessen ist auch die SPD. Rahel Kuepper jedenfalls ist sich ihrer Existenz vollkommen bewusst und hält ein glühendes Plädoyer für deren Spitzenkandidatin Natascha Kohnen. "Es gibt derzeit kaum eine engagiertere, authentischere und kämpferische Politikerin mit klarer Haltung und der Fähigkeit zum fairen Streit." Einige Optionen für eine Wahlentscheidung abseits der CSU gibt es also.
Inge Rannersberger wünscht sich mehr Zukunft, mehr Visionen, mehr Neues, Mutiges. Sie erhofft sich eine Regierung, die aus mehr als zwei Parteien besteht. Möglichst viele Wähler sollen vertreten werden. "Das macht das Regieren nicht einfacher. Aber Vielfalt ist einer der Grundgedanken von Demokratie."