International Experten bemängeln neue Regeln zum Familiennachzug
Berlin (dpa) - Die neuen Regeln zum Familiennachzug weisen aus Sicht von Rechtsexperten schwere Mängel auf. "Das ist im Ergebnis ein völlig justizfreier Raum", sagte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Migrationsrecht im Deutschen Anwaltverein, Thomas Oberhäuser, der Deutschen Presse-Agentur.
"Wer dieses Gesetz erarbeitet hat, der wusste ganz genau, wie man die Rechte von Betroffenen klein hält." Ab dem 1. August sollen auch Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus wieder enge Angehörige zu sich nach Deutschland holen dürfen. In diese Kategorie fallen viele Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien.
Allerdings soll davon nur ein Kontingent von bis zu 1000 Menschen pro Monat profitieren. Bei der Auswahl sollen unter anderem die Dauer der Trennung, das Kindeswohl, Gefahr für Leib und Leben und Krankheit berücksichtigt werden. Die Auswahl soll das beim Innenministerium angesiedelte Bundesverwaltungsamt treffen.
"Welches Gewicht die Kriterien haben, die das Bundesverwaltungsamt seiner Entscheidung zugrunde legt, kann im Einzelfall nicht nachvollzogen werden", moniert Oberhäuser. "Selbst wenn sich die genaue Gewichtung der Kriterien im Einzelfall nachvollziehen ließe, müsste man ja genau wissen, wie die Kriterien bei allen anderen Bewerbern auf Familiennachzug gewichtet wurden - was unmöglich ist."
"Es geht nur um eine Ermessensentscheidung. Damit hat ein Gericht keine klaren Kriterien zur Beurteilung einer Entscheidung", sagt auch Bellinda Bartolucci, Rechtsexpertin bei Pro Asyl. Dennoch hofft sie auf Klagen: "Wir sind der Meinung, dass man genau wegen der unzureichenden Gestaltung des Gesetzes klagen sollte." Bartolucci setzt darauf, dass Gerichte das Gesetz als grundrechtswidrig einstufen, etwa weil der Schutz der Familie nicht gewährleistet sei.
Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Stephan Thomae erklärte, das Gesetz tauge nichts. "Die Familiennachzugsregelung ist dilettantisch, weil sie unter anderem zu erheblichen Unsicherheiten im Vollzug führt. Anstatt klar formulierter Kriterien für Härtefälle enthält es eine starre Obergrenze, die nicht praxistauglich ist."