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G20-Gipfel: Trump, Putin & Co. − Das wollen die Akteure


Darum geht's beim G20-Gipfel
Treffen mit Putin,Trump & Co – Droht in Hamburg ein Eklat?

reuters, t-online, afp, dpa-afx, Patrick Diekmann

Aktualisiert am 07.07.2017Lesedauer: 7 Min.
Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßt in Hamburg vor Beginn des G20-Gipfels US-Präsident Donald Trump.Vergrößern des BildesBundeskanzlerin Angela Merkel begrüßt in Hamburg vor Beginn des G20-Gipfels US-Präsident Donald Trump. (Quelle: dpa)

Endlich geht es los. Hamburg ist Gastgeber für die wichtigsten Akteure der Weltpolitik. Doch wer sind die wichtigsten Akteure und worum geht es beim Treffen der 20 Regierungschefs eigentlich? Wir beantworten die wichtigsten Fragen vor dem G20-Gipfel.

Die Gruppe der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) ist das wichtigste Abstimmungsforum in der internationalen Finanz- und Wirtschaftspolitik. Die G20 führte in den ersten Jahren gegenüber der G7/G8 zunächst eher ein Schattendasein. Ihr gehörten neben den G7-Ländern und Russland Argentinien, Brasilien, China, Indien, Indonesien, Mexiko, Südafrika, Südkorea, die Türkei, Australien und Saudi-Arabien an. Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika bildeten zusätzlich noch einen eigenen "Ableger", den sogenannten BRICS-Klub der wichtigsten Schwellenländer. Darüber hinaus zählt die Europäische Union als eigenständiges G20-Mitglied. Den Status eines ständigen Gastmitgliedes genießt seit Jahren Spanien. Darüber hinaus kann das jeweilige Präsidentschaftsland weitere Länder einladen. Deutschland bat für dieses Jahr die Niederlande und Norwegen hinzu.

Was wollen die Akteure?

Donald Trump (USA):

Der US-Präsident gilt als große Wundertüte - niemand weiß so richtig, was er mitbringt. Er hat die Kraft, die Veranstaltung zu sprengen. Seine Sherpas - die Gipfelstrategen - wollen das nicht. Es gehe ihnen um fairen Handel und gleiches Recht für alle beim Klimaschutz, heißt es. Ferner wolle Trump eine gemeinsame westliche Position für einen konstruktiven Umgang mit Russland erarbeiten und China stärker bei der Lösung der Nordkorea-Problematik in die Pflicht nehmen.

Dass er vor Hamburg auf seiner zweiten Reise nach Europa noch einmal in Polen stoppt, ist ein Fingerzeig. Warschau gilt mit seinen Einschränkungen von Freiheitsrechten nicht gerade als Musterknabe der Europäischen Union. Das Weiße Haus lobt Polen aber als engen Verbündeten - und als ersten Kunden für US-Gaslieferungen.

Vor allem ist es aber die Person Trump, die Fragezeichen aufwirft. Für das Treffen mit Putin sind die Themen nicht klar. Gesprochen werde über alles, worüber Trump sprechen wolle, heißt es. Ein US-Präsident ohne Agenda, losgelassen auf den Taktierer Putin? Trumps Feinde frohlocken schon. Und: Wird sich der Hitzkopf Trump an die Vorarbeit seiner Fachleute halten? Bleibt er beim Manuskript? Oder macht er Politik nach Tagesform? In einem Telefonat mit Merkel gelobte Trump, er wolle, dass der Gipfel ein Erfolg wird. Beim Klimaschutz wird das schon mal nichts. Da macht sich Merkel keine Illusionen. Aber vielleicht beim Anti-Terror-Kampf. Da stehen die Chancen besser.

Wladimir Putin (Russland):

Für ihn wird die erste Begegnung mit Trump das Hauptereignis in Hamburg sein. Termin und Format hatten beide Seiten lange Zeit offengelassen. Dabei tat der Kreml bis zuletzt so, als sei das Treffen gar nicht so wichtig. Nun wollen die beiden wohl mächtigsten Männer der Welt ihren Gipfel im Gipfel am Freitagmorgen abhalten. Aber werden sie das Verhältnis der zwei Atommächte verbessern können, das so schlecht ist wie seit Jahrzehnten nicht?

Putin hofft immer noch darauf, dass Trump die Annäherung an Russland wahr macht, die dieser im Wahlkampf versprochen hatte. Andererseits werden in den USA immer mehr Details zur russischen Einmischung in den Wahlkampf und zu dubiosen Kontakten des Trump-Teams nach Moskau bekannt. Trump scheinen die Hände weitgehend gebunden.

Putins Trumpfkarte auf dem Gipfel ist die starke militärische Stellung Russlands in Syrien. Es wäre ein Punktsieg für ihn, wenn Trump den Vorrang der Russen bei einer Neuordnung des kriegszerstörten Landes anerkennen würde. Putins Schwachpunkt wird der Ukraine-Konflikt sein. In diese Wunde wird Merkel den Finger legen.

Recep Tayyip Erdoğan (Türkei):

Der türkische Staatspräsident betritt das erste Mal deutschen Boden, seit er Merkel im Frühjahr nach Auftrittsverboten für türkische Regierungsvertreter in Deutschland "Nazi-Methoden" vorgeworfen hat. Ihn wird deswegen kein schlechtes Gewissen plagen, wenn er Merkel die Hand schüttelt. Schließlich untersagte die Bundesregierung ihm gerade erst noch einen Auftritt vor Anhängern in Hamburg. Erdogan dürfte sich in seiner Kritik bestärkt sehen. Das deutsch-türkische Verhältnis ist miserabel, ein Tiefpunkt nach dem anderen.

Für Erdogan dürfte beim G20-Gipfel allerdings nicht das Verhältnis zu Deutschland im Mittelpunkt stehen. Ihn beschäftigen derzeit vor allem andere Dinge: Der Vormarsch der Kurden-Milizen in Syrien etwa, und ein Marsch der unbeugsamen Opposition von Ankara nach Istanbul. Und dann wäre da die Krise um das mit der Türkei verbündete Golf-Emirat Katar, in die Ankara immer weiter hineingezogen zu werden droht. Die von Saudi-Arabien angeführte Allianz gegen Katar fordert unter anderem den Abzug aller türkischen Soldaten aus dem Golf-Emirat.

Erdogan hat mehrfach an den saudi-arabischen König Salman appelliert, die Sanktionen gegen das Emirat zu beenden. Darüber wollte der Staatschef mit dem Monarchen auch beim G20-Gipfel sprechen. Daraus wird nun nichts: König Salman hat seine Teilnahme abgesagt - offiziell wegen der aktuellen Entwicklungen in der Katar-Krise.

Xi Jinping (China):

Innerhalb der G20-Gruppe der Top-Wirtschaftsmächte beschäftigen sich Staats- und Regierungschefs schon mit der Frage der "neuen Führungsrolle", die sich China durch Trumps Abschottungskurs bietet. Aber kann China die Welt überhaupt "führen"? Xi hatte die Abkehr Trumps vom Freihandel zunächst geschickt nutzen können, sich der Welt als Vorkämpfer gegen Protektionismus zu präsentieren, obwohl er genauso einen "ökonomischen Nationalismus" verfolgt. Die Beschwerden deutscher und anderer Unternehmen nehmen aber zu, in China an den Rand gedrängt zu werden. So "führt" China die Globalisierung auch nur, indem es der größte Konsumentenmarkt der Welt ist.

Auch im Klimaschutz blicken jetzt alle nach China, nachdem Trump das Pariser Klimaabkommen aufgekündigt hat. China der "neue Klimaführer"? Keineswegs. Kein anderes Land produziert so viele Treibhausgase. Der für die Klimawende weltweit nötige Ausstieg aus der Kohlewirtschaft bleibt Wunschdenken, da das "schwarze Gold" noch lange Hauptenergieträger des größten Kohleverbrauchers bleiben wird. Heute exportiert China sogar noch Kohlekraftwerke, wie Kritiker beklagen.

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China übernimmt nur dort Verantwortung, wo es für sich von Nutzen ist - und dann zu seinen Bedingungen, sind sich Diplomaten einig. Eine "Weltordnung chinesischer Prägung" werde von bilateralen Beziehungen geprägt sein, in denen China mit seiner Wirtschaftsmacht am längeren Hebel sitzt. Auch dürfte diese "Ordnung" intransparent, wenig regelbasiert und ohne Institutionalisierung sein - höchstens in kleinen Clubs, in denen China am Steuer sitzt.

Angela Merkel (Deutschland):

Bundeskanzlerin Angela Merkel suchte intensiv Kontakte vor dem G20-Treffen, um Einigungsmöglichkeiten auszuloten. So wurde nach Xi auch der neue südkoreanische Präsident Moon Jae In in Berlin erwartet, bevor beide nach Hamburg weiterreisten. Am Donnerstag hat die Kanzlerin unmittelbar vor Beginn des Gipfels Trump und den australischen Ministerpräsidenten Malcolm Turnbull in Hamburg getroffen. Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigte zudem, dass Merkel am Rande auch mit den Präsidenten Russlands und Frankreichs über die Ukraine-Krise sprechen will. Während der brasilianische Präsident Michel Temer nun doch nach Hamburg kommt, wird der saudische König Salman beim G20-Treffen fehlen. Saudi-Arabien spielt eine Schlüsselrolle in der Katar-Krise.

EU will zusammenhalten:

Die Abstimmung der europäischen G20-Teilnehmer fand bereits am vergangenen Donnerstag in Berlin statt. Merkel hatte die G20-Mitglieder Frankreich, Italien und Großbritannien sowie Spanien, die Niederlande und Norwegen ins Kanzleramt eingeladen. Grund ist vor allem, dass die deutsche G20-Präsidentschaft nur dann eine Chance auf Bekenntnisse gegen Protektionismus oder für Klimaschutz hat, wenn wenigstens die Europäer geschlossen auftreten. Das sicherten ihr Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Italiens Regierungschef Paolo Gentiloni und die britische Premierministerin Theresa May zu - obwohl May längst eigene Interessen hat, wie die angekündigten amerikanisch-britischen Freihandelsgespräche zeigen.

Was können die G20?

Die G20 sind eine informelle Gruppierung von Ländern. Sie können als solche keine global verbindlichen Beschlüsse fassen und Regelsetzungen treffen. Sie können aber aufgrund des Gewichts ihrer Mitgliedsländer weltweit Leitplanken formulieren, wie sie es etwa bei der Finanzmarkt-Regulierung mit härteren Vorgaben für Aufsicht und Risikovorsorge bei den Banken getan haben. Großes Gewicht genossen die in den Kommuniques festgehaltenen G20-Positionen bislang dadurch, dass sie einstimmig beschlossen wurden und damit der Ausdruck des gemeinsamen willens aller Mitglieder darstellten. Mit den aktuellen grundlegenden Differenzen mit US-Präsident Donald Trump bei Klimaschutz und anderen zentralen Fragen könnte diese besondere Wirkung schwinden.

Was wird beschlossen?

Der Gipfel dauert nur 24 Stunden und ist vollgestopft mit Programmpunkten. Sich austauschen, zuhören und streiten - dafür sei gar keine Zeit. Nicht zwei Tage müssten sie sich dafür treffen, sondern zwei Wochen.

Anfang Mai hatte Merkel - damals noch optimistischer als heute - die schwierige Konsenssuche unter den G20-Partnern noch mit dem Satz beschrieben: "Da ist es fast einfacher, einen Sack Flöhe zu hüten, als dass man die Leute hier zusammenhält."

Merkel will einen offenen Streit mit dem Außenpolitik-Novizen und Dauer-Twitterer Trump beim G20-Gipfel aber vermeiden. Schon am Montag hatten beide nach Angaben des US-Präsidialamtes per Telefon über die Streitfragen beraten. Da geht es vor allem um den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen und um drohende Strafmaßnahmen gegen europäische und deutsche Stahlhersteller, denen die USA unfaire Dumpingpreise vorwerfen.

Den Entwurf für eine gemeinsame G20-Abschlusserklärung dürften die Unterhändler ihren Chefs bereits am Donnerstagabend - Stunden vor dem Beginn des Treffens am Freitagvormittag - vorlegen. Allerdings mit zahlreichen eckigen Klammern - das sind in dem Kommuniqué die noch strittigen Punkte. Es ist dann Chefsache, bis Samstagnachmittag ein Papier auszuhandeln, das einstimmig verabschiedet werden kann.

Das könnte angesichts der vielen Differenzen vor allem mit Trump in der Klima-, Handels- und Flüchtlingspolitik am Ende aber völlig verwässert sein. Merkel hofft auf ein Ergebnis, "das zeigt, dass wir uns angemessen mit den globalen Herausforderungen befassen". Aber auch auf ein Ergebnis, das "Dissens nicht übertüncht". Das kann im Grunde nur zweierlei heißen: Eine Gipfel-Erklärung, die den Streit benennt und die Unstimmigkeit deutlich macht - oder der Verzicht auf eine Abschlusskommuniqué. Beides wäre ein Novum.

Bleibt es friedlich?

Gipfelgegner möchten verhindern, dass nur Bilder harmonischer Politiker um die Welt gehen. Wenn die Staatschefs zu ihren Fototerminen zusammenkämen, "wollen wir, dass diese Bilder nie gezeigt werden können ohne Bilder von Zehntausenden Menschen, die auf der Straße gemeinsam sagen: So geht die Politik nicht weiter", sagt etwa Emily Laquer, Mitorganisatorin der Proteste. Bislang sind rund 30 Demonstrationen unterschiedlichster Akteure in der Gipfel-Woche vom 2. bis 9. Juli angekündigt. Die mit Abstand größte Kundgebung mit bis zu 100.000 erwarteten Teilnehmern ist zum Abschluss des G20-Gipfels am 8. Juli unter dem Motto "Grenzenlose Solidarität statt G20" geplant. Merkel wählte Hamburg, weil es Deutschlands "Tor zur Welt" symbolisiert und weil man beweisen wollte, dass ein derartiger Gipfel auch in einer deutschen Großstadt möglich ist. Von Polizeigewerkschaften wurde sie wegen dieser Entscheidung scharf kritisiert.

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