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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Sänger wussten von nichts Schweizer Fernsehen lässt Pfälzer über "Umweltsau-Enkel" singen
Jetzt ist der Enkel eine "junge Umweltsau" und eine "blöde Onlinesau". Das Schweizer Fernsehen antwortet dem WDR-Kinderchor – mit nichts ahnenden Pfälzer Sängern.
Die Late-Night-Show "Deville" im öffentlich-rechtlichen Schweizer Sender SRF hat ein Video produziert, das die "Reaktion der Rentner" auf das "Meine Oma ist 'ne alte Umweltsau"-Lied zeigen soll. Es gibt Lob für das Stück, aber auch vereinzelt Kritik, der Generationenkonflikt würde durch das Liedchen weiter angeheizt. Zu sehen sind Bilder zweier Gesangvereine, die eigentlich etwas ganz anderes gesungen haben und nicht gefragt wurden.
Im Text der neuen Version heißt es:
Mein Enkel, der fliegt jedes Jahr
nach Bali, nach Bali, nach Bali.
Mein Enkel, der fliegt jedes Jahr nach Bali.
Mein Enkel ist ne junge Umweltsau.
Mein Enkel, der kauft nur noch bei
Zalando, Zalando, Zalando.
Mein Enkel, der kauft nur noch bei Zalando.
Mein Enkel ist ne blöde Umweltsau.
Mein Enkel postet jeden Tag nur
Blödsinn, nur Blödsinn, nur Blödsinn.
Mein Enkel postet jeden Tag nur Blödsinn.
Mein Enkel ist ne blöde Onlinesau.
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Der Beitrag im Schweizer Fernsehen war in der 35-minütigen Sendung eingebettet in einen satirischen Beitrag zur "Umweltsau"-Debatte. Gezeigt wurde auch ein Ausschnitt aus dem Beitrag des WDR-Kinderchors. Moderator Dominic Deville, so etwas wie ein Schweizer Böhmermann, kommentiert danach: Großeltern seien viel cooler, als man glaube, "und zu cool, um sich über so was aufzuregen".
"Böse Enkels", die Oma sitzen lassen
Den Generationenkonflikt gebe es aber wirklich, wenn die Oma im Altersheim vergebens auf den Besuch warte, weil die Enkel stattdessen lieber demonstrierten. Das seien also "böse Enkels", eine Anspielung auf die Musikgruppe "Böse Onkelz." Der Beitrag zeigt dazu auch eine Gruppe der ersten Demonstranten vor dem WDR-Gebäude: Mitglieder der als neonazistisch geltenden "Bruderschaft Deutschland".
Die nicht besuchten Großeltern würden dann wirklich sauer. "Dann sitzen Oma und Opa beim Eierlikör und singen auch ein Lied." Das ist das Stichwort, nun beginnt der "Mein Enkel, der fliegt jedes Jahr nach Bali"-Song.
BASF-Chor: Nicht mit unserem Einverständnis
Der Gesang stammt von Devilles Sidekick Patrick Karpicneko und ist nach Recherchen von t-online.de ohne Einwilligung über Bilder gelegt, die Mitglieder eines Männergesangvereins aus der Pfalz mit Mitgliedern des BASF-Gesangvereins zeigen. Bei der 2011 auf YouTube hochgeladenen Aufnahme sangen die Chöre schunkelnd das Trinklied "Im Weinparadies". Der Vorsitzende des Dorfvereins, der mit Kinder- und Jugendchor auch intensiv Nachwuchsarbeit betreibt, wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Der Vorsitzende des BASF-Chores reagierte verwundert. "Wir haben keine Erlaubnis erteilt."
Der SRF erklärte auf Anfrage, es sei erkennbar, dass das Material bearbeitet wurde und der Chor im Bild gar nicht singe. Der Sender findet offenbar nichts in der ungefragten Verwendung. Bei Satire sei die Verwendung vom Urheberrecht geschützt.
Das vom SRF bearbeitete Lied ist mit abgeschnittenen Hinweisen auf den Sender inzwischen unter anderem auch von einem sogenannten Reichsbürger neu hochgeladen worden. In seinem YouTube-Account findet es sich zwischen etlichen Videos der Demonstrationen "gegen den WDR".
Das Lied des WDR-Kinderchors hatte zu einer großen Debatte geführt. Befeuert worden war sie auch durch die Reaktion des WDR. Intendant Tom Buhrow berichtete von Hunderten von Anrufen beim Sender. Er rief in einer Sondersendung an und entschuldigte sich. Sein Einknicken in der von vielen rechten Accounts befeuerten Debatte hatte zu heftiger Kritik über den Umgang mit Satire geführt.
"Umweltsau"-Original sollte Denunzieren vorführen
Was weitgehend unterging: Bei der ersten Aufführung war das "Umweltsau"-Lied im Kontext der "Satire Deluxe"-Show zu hören und richtete sich satirisch gegen angebliche Auswüchse der Klimaschutzbewegung und das "Denunzieren" von Angehörigen. Anmoderiert wurde das Lied als die Aufzeichnungen einer "Meldehotline".
Diese Absicht war bei der später verbreiteten Version des Kinderchors für viele Zuschauer nicht erkennbar. Sie wurde auch vom WDR kaum erklärt. Das Blog Übermedien berichtete schließlich über die Entstehung, als die Aufregungswelle schon lange abgeebbt war. Am Dienstag ist beim WDR aus diesem Grund eine Aussprache zwischen dem Intendanten und der Redaktionsvereinigung angesetzt.
Eine Gruppe von TV-Autoren hat parallel in einem Gastbeitrag für zeit.de den Rücktritt des Intendanten gefordert. Das Medienmagazin dwdl.de schreibt anlässlich der Aussprache vom "Showdown". Satiriker Martin Sonneborn hatte es im Gespräch mit t-online.de "empörend" genannt, dass Buhrow nicht "mal so einen kleinen Shitstorm aushält und dagegenhält und erklärt, dass man in einer Demokratie auch so einen kleinen Klamauk senden kann".
Der Artikel wurde mit einer Stellungnahme von SRF aktualisiert.
- Eigene Recherchen
- Längerer Ausschnitt aus der Sendung mit dem Lied (Ab ca. Min. 28)
- uebermedien.de: Redakteure kritisieren Buhrow
- wdr.de: Satire Deluxe - Die Bühnenshow zur Kultsendung (ab Min 35)
- zeit.de: Warum wir TV-Autorinnen und -Autoren Tom Buhrows Rücktritt fordern
- dwdl.de: Ist der Ruf erst ruiniert, der Intendant den Halt verliert