Kritik an WDR-Intendant "Umweltsau"-Lied stand in völlig anderem Kontext
"Wir sind fassungslos": Redakteure des Westdeutschen Rundfunks wenden sich in einem internen Schreiben gegen Chef Tom Buhrow. Stein des Anstoßes ist immer noch das "Umweltsau"-Lied.
Im Westdeutschen Rundfunk wird um den richtigen Umgang mit der offenbar orchestrierten Empörungswelle nach dem "Umweltsau"-Lied gestritten. Am Dienstag werde es dazu eine Redakteursversammlung geben, bestätigte eine WDR-Sprecherin. Einlader sei die Redakteursvertretung. Intendant Tom Buhrow werde an der Veranstaltung teilnehmen. Er sieht sich mit heftigen Vorwürfen seiner Mitarbeiter konfrontiert. Zuerst hatte das Onlinemagazin "Übermedien" berichtet.
Schreiben: Innere Rundfunkfreiheit verletzt
Zuvor hatte die Redakteursvertretung in einem internen Schreiben heftige Kritik an Buhrow geäußert, der sich von dem Lied des WDR-Kinderchors distanziert hatte. "Wir sind – wie sicher viele von Euch – fassungslos", schrieben die Redakteure in dem Text, aus dem "uebermedien.de" zuerst zitiert hatte. "Natürlich nicht über eine Satire, die Geschmackssache sein darf; nein, wir sind fassungslos, dass der Programmchef von WDR2 ein Video mit einem satirischen Kinderlied löschen lässt, und vor allem auch darüber, dass Intendant Tom Buhrow einem offenbar von Rechtsextremen orchestrierten Shitstorm so leicht nachgibt, sich vorschnell redaktionell distanziert und sich nicht nur persönlich entschuldigt, sondern dabei mehrfach öffentlich (u. a. live bei WDR2) Redakteurinnen und Redakteuren in den Rücken fällt, statt ihnen in Zeiten inszenierter Empörungswellen gegen den WDR und den ÖRR (öffentlich-rechtlichen Rundfunk) den Rücken zu stärken." Damit sei die innere Rundfunkfreiheit verletzt worden.
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In dem Lied hatte es unter anderem geheißen: "Meine Oma ist 'ne alte Umweltsau". Rechte Netzwerke befeuerten laut Analysten daraufhin in sozialen Medien gezielt eine künstliche Empörungswelle, die in Beleidigungen und Drohungen gegen WDR-Mitarbeiter mündete. Demnach instrumentalisiere der WDR Kinder zur Indoktrination seiner Zuschauer, eine ganze Generation werde beleidigt. Buhrow hatte daraufhin für das Lied um Entschuldigung gebeten. Deshalb wurde ihm vorgehalten, er spiele rechten Aktivisten in die Hand. Denn offenbar stand das Lied in einem völlig anderen Kontext, als es in der Empörungswelle dargestellt wurde.
"Übermedien" berichtet nun, dass das Lied im November bereits in einer Sendung "Satire deluxe" des WDR 5 vorgetragen worden sei – allerdings als überspitzte Kritik an der Klimabewegung. Die Satiriker trugen demnach damals vor, dass Thunberg junge Menschen ja sozusagen zur "Bespitzelung" ihrer Eltern aufgerufen habe. Und wie das dann künftig aussehen könne, das sei in dem Lied zu hören.
Buhrow verteidigt sein Vorgehen im aktuellen "Spiegel". Die "Umweltsau"-Satire sei missglückt, sagte er in einem Interview des Magazins. "In diesem Fall hat in einem Familienprogramm ein nicht als Satire direkt erkennbares Video pauschal eine ganze Gruppe mit Umweltverschmutzung in den Zusammenhang gestellt. Und dadurch haben sich einfach viele Seniorinnen und Senioren verletzt gefühlt." Er wies den Vorwurf zurück, vor rechten Kreisen eingeknickt zu sein.
- Übermedien: "WDR-Redakteure kritisieren Buhrow"
- Nachrichtenagentur dpa