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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Debatte um Talkshow-Pause Sender reagieren auf Kritik an Maischberger & Co.
Brauchen die Talkshows von ARD und ZDF eine Auszeit, um ihre Konzepte aufzufrischen? Darüber ist eine lebhafte Debatte entbrannt. Nun schalten sich die kritisierten Sender ein.
In ihren Sendungen greifen sie allwöchentlich kontroverse Themen auf. Nun stehen die Talkmaster von ARD und ZDF selbst im Zentrum einer intensiven Debatte. Ausgelöst hat sie der Deutsche Kulturrat, der die Themensetzung der Talkshows kritisiert und eine einjährige Pause anregt, wie t-online.de berichtete. Die Sender verteidigen ihre Formate.
Der Chefredakteur des Ersten Deutschen Fernsehens, Rainald Becker, sagte zu t-online.de: "Die drei Talkrunden im Ersten stehen gegenwärtig nicht zur Disposition." Die Kritik an Themen und Gästen sei so alt wie das Format, ergänzte er. "Die AfD beklagt sich, dass sie bei uns zu selten vorkommt. Andere Politiker sehen sie überrepräsentiert."
ZDF: Vorwurf noch aus letztem Jahr
Auch das ZDF wies die Kritik zurück. "Der Vorwurf, die Medien hätten die AfD groß gemacht, war ja bereits im vergangenen Wahljahr häufig zu vernehmen", sagte ein Sprecher zu t-online.de. "Schon damals haben wir darauf verwiesen: Die AfD wurde im ZDF nicht nur zur Flüchtlingsfrage befragt, sie musste zum Beispiel auch zum Thema Rente Stellung nehmen."
Am Donnerstag hatte der Deutsche Kulturrat eine thematische Schieflage in den Talkshows zugunsten der Alternative für Deutschland moniert und eine einjährige Auszeit angeregt. "Mehr als 100 Talkshows im Ersten und im ZDF haben uns seit 2015 über die Themen Flüchtlinge und Islam informiert und dabei geholfen, die AfD bundestagsfähig zu machen", erklärte der Geschäftsführer des Verbandes, Olaf Zimmermann.
Seine Empfehlung deshalb: "Ich finde die Talkshows im Ersten und im ZDF sollten sich eine einjährige Auszeit nehmen und ihre Konzeptionen überarbeiten. Vielleicht wird die talkshowfreie Zeit der Integration in unserem Land nützlich sein?"
Becker weist die Kritik an der Themensetzung zugunsten der AfD zurück. "In acht von 79 Sendungen von 'Anne Will', 'hart aber fair' und 'Maischberger' seit der Bundestagswahl am 24. September 2017 waren AfD-Abgeordnete zu Gast. Das sind 10,1 Prozent der Sendungen – also weniger als die AfD bei der Wahl erreicht hat", so der Chefredakteur zu t-online.de. Man müsse als politisch Denkender zur Kenntnis nehmen, dass die Partei die größte im Bundestag vertretende Oppositionspartei sei. Die ARD habe eine staatsvertraglich festgeschriebene Pflicht zu einer Berichterstattung, die alle gesellschaftlichen Kräfte angemessen berücksichtigt.
Auf die Kritik an der angeblichen Fokussierung auf die Themen Islam und Flüchtlinge ging Becker nicht ein. Das ZDF erklärte, in der Sendung von Maybrit Illner seien zuletzt vorrangig außenpolitische Konflikte Gesprächsthema gewesen – vom Syrien-Dilemma bis zu Trumps Kündigung des Atomabkommens mit dem Iran, von Erdogans umstrittener Politik bis zu Europas Zukunft.
Zimmermanns Kritik entzündete sich an der Talksendung "Maischberger" am Mittwochabend, die im Anschluss an den Spielfilm "Unterwerfung" ausgestrahlt wurde. Die Romanverfilmung beschreibt das fiktive Szenario einer schleichenden Islamisierung Frankreichs. Sandra Maischberger fragte anschließend ihre Gäste: "Die Islamdebatte: Wo endet die Toleranz?" Und erst am Montag setzte Frank Plasberg in der ARD das Thema: "Flüchtlinge und Kriminalität – Die Diskussion!"
Zuspruch und Kritik für Forderung des Kulturrates
Zuspruch für die Talkshow-Auszeit kam von der SPD. "Beste Idee! Machen!", schrieb der Bundestagsabgeordnete und Sprecher des Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs, auf Twitter. Gleich die komplette Abschaffung der Talksendungen fordert der AfD-Landtagsabgeordnete Christian Blex aus NRW. "Das braucht kein Mensch, außer denen, die davon leben", twitterte er.
Unverständnis für Zimmermanns Forderung kam unter anderem von ZDF-Hauptstadt-Korrespondent Florian Neuhann. "Macht der Deutsche Kulturrat eigentlich in Satire oder meint er das tatsächlich ernst?", schrieb Neuhann. "Selten absurde Idee."
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"Bild"-Reporter Peter Rossberg kommentierte bissig: "Meine Güte, schicken sie endlich mal eine Liste mit Themen und Gästen, die genehm und erlaubt sind und die der Kulturrat dann öffentlich fordern kann. Bin gespannt wieviel Diversität, Meinungspluralismus oder unbequemes auf der Liste stehen würde."
- Pressemitteilung des Kulturrates
- Eigene Recherchen