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"Heizungshammer"-Kampagne: Will die CDU so Daten von Bürgern sammeln?


"Heizungshammer"
Wird die CDU-Kampagne zum Datendesaster?

Von t-online, law

Aktualisiert am 14.05.2023Lesedauer: 5 Min.
Heizungs-Kampagne: CDU-Generalsekretär Mario Czaja sprach bei der Vorstellung nicht vom Datensammeln für Wählerprofile.Vergrößern des Bildes
Heizungs-Kampagne: CDU-Generalsekretär Mario Czaja sprach bei der Vorstellung nicht vom Datensammeln für Wählerprofile. (Quelle: Michael Kappeler/dpa)
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Eine Kampagne der CDU zum Thema Heizungen verfolgt offenbar noch einen ganz anderen Zweck: Die Partei nutzt das Reizthema, um von Bürgern Daten zu sammeln.

Die CDU setzt im Moment große Hoffnungen in eine Mail-Kampagne. Sie will Unmut bei den Menschen zum Thema Heizungen offenbar nutzen, um an Daten zu kommen. Unklar ist, ob sie bereits personalisierte Profile von möglichen Wählern damit erstellt oder das nur Ziel einer neuen Zusammenarbeit ist. Berlins Datenschutzbeauftragte prüft den Sachverhalt bereits.

Und rund läuft das neue Projekt auch noch nicht: Bei der Recherche für diesen Text bekam der t-online-Reporter gleich 907-mal die Nachricht "Bitte bestätigen Sie Ihre E-Mail-Adresse" vom Absender mitmachen@cdu.de. Dafür hat der technische Dienstleister keine so rechte Erklärung: "Sollte sich jemand mit Ihrer E-Mail-Adresse einen Scherz erlaubt haben und diese ohne Ihr Wissen – manuell oder technisch gestützt – mehrfach eingetragen haben, bedauern wir dies natürlich", schreibt Christoph Schleifer, Geschäftsführer von CamBuildr in Wien.

Die Agentur in Wien soll mit ihren Werkzeugen zur gezielten Wähleransprache maßgeblich daran beteiligt gewesen sein, dass Sebastian Kurz Kanzler in Österreich wurde, CamBuildr-Gründer Philipp Maderthaner war sein Kampagnenleiter. In Deutschland hat Michael Kretschmer mit der sächsischen CDU schon die Dienste der Österreicher genutzt und nun laut CamBuildr "eine mächtige Datenbank mit Unterstützern, auf die man in Zukunft aufbauen kann". Jetzt setzt die Bundes-CDU offenbar Hoffnungen in die Fähigkeiten der Datenspezialisten und legt mit der Kampagne zum Heizen los.

Individuelle Ansprache kann Wahlen entscheiden

Weil seit Wochen von "Habecks Heizungs-Hammer" die Rede ist, sind Wut und Verunsicherung groß. Das Thema taugt dazu, Menschen zu mobilisieren, ob die Sorgen im Einzelfall berechtigt sind oder nicht. Mit einer am Donnerstag gestarteten Mail-Kampagne fair-heizen.de will die CDU den Wählern ihren Kampf für Betroffene demonstrieren, sie nennt es "Kampagne für eine Wärmewende ohne soziale Kälte". Hinter der Heiz-Attacke steckt aber offenbar auch kühles Kalkül: Das Thema taugt, um Daten über Wähler zu gewinnen und sie dann viel gezielter ansprechen zu können.

Dennoch erklärt eine CDU-Sprecherin auf Anfrage: "Es geht in der Kampagne nicht um Profilbildung, sondern darum zu zeigen, dass sehr viele Menschen im ganzen Land gegen die Heizungspläne der Ampelkoalition ihre Stimme erheben." Dazu passt aber auch nicht, dass auf der Kampagnen-Seite auch ungewöhnlich viele sogenannte Cookies aus verschiedenen Bereichen genutzt werden, die beim Nutzer gespeichert werden und Nachverfolgung ermöglichen sollen.

Seit dem Trump-Wahlkampf mit dem Datenanalyse-Unternehmen Cambridge Analytica ist klar, wie wertvoll es ist, mögliche wankelmütige Wähler in besonders knappen Wahlbezirken zu identifizieren und gezielt anzusprechen. Um über Wähler möglichst viel zu erfahren, würde es der CDU nun sehr helfen, wenn die Mail-Kampagne auf viele Mitmacher stößt und CamBuildr seine Technik einsetzt.

Wer die CDU-Mail bestätigt, kann laut Datenschutzbestimmungen dann als Unterstützer geführt werden und gibt auch sein Einverständnis, dass die CDU ein personalisiertes Profil erstellt und fortan Surfverhalten und Umgang der Person mit CDU-Mails verfolgt und diese Daten zusammenträgt: Sie lernt immer mehr über die jeweilige Person. Besonders klimabewusste Menschen könnten dann ganz andere Botschaften bekommen als solche, die beispielsweise strikt gegen ein Tempolimit sind. Daten zu politischer Meinung, religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen sind noch einmal besonders vor Speicherung geschützt.

Bisher keine "informierte Einwilligung" für Profile?

In der Antwort-Mail nach einer Registrierung bekommen Nutzer keine Infos, ob das Einverständnis auch dazu führt, dass die CDU ein Profil erstellen kann. Da heißt es nur: "Eine kleine Bitte haben wir noch: Bitte bestätigen Sie Ihre E-Mail-Adresse." Eine "informierte Einwilligung" zur Erstellung von Profilen, wie sie das Gesetz in einem solchen Fall verlangen würde, dürfte damit nicht vorliegen, sagte ein Experte einer Datenschutz-Behörde t-online. "Das geht so nicht."

Zwischenzeitlich fand sich auf der Seite eine Einverständniserklärung zur Speicherung der "Aktivitätsdaten in dieser CDU-Kampagne (...) und Kampagnen zur Unterstützung der CDU Deutschlands", die verschwand aber wieder. Das wurde wieder durch eine andere Formulierung ersetzt, in der von den Aktivitätsdaten keine Rede mehr ist.

Das Büro der für die CDU zuständigen Berliner Datenschutzbeauftragten erhielt bereits einige Eingaben, wie ein Sprecher t-online sagte. "Wir werden den Sachverhalt prüfen." Eine CDU-Sprecherin erklärte, sie sehe keinen Verstoß.

Die CDU hat zur Kampagne ihre Datenschutzbestimmungen völlig neu formuliert und dort das sogenannte Double-Opt-in festgehalten: Nach der Anmeldung und Eintragung auf der Kampagnenseite kommt die Bestätigungsmail an die angegebene E-Mail-Adresse. Darauf zu antworten, gilt dann als Einwilligung. Die Datenschutzbestimmung erklären, dass in den Mails ein Tracking-Pixel ist, der Vor- und Nachname, Postleitzahl und E-Mail-Adresse und die Rechneradresse zu einem Profil in der CDU-Datenbank zusammenfasst.

Es lässt sich dann sagen, wer Mails geöffnet, wie oft CDU-Seiten besucht und an Aktionen teilgenommen hat. Die CDU schreibt in den Datenschutzregeln, sie könne so "Informationen und Angebote menschlich und persönlich" gestalten. Die Datensammlung wächst mit der Nutzung, spezialisierte Unternehmen wie CamBuildr können solche Daten auch mit denen etwa von Facebook zusammenführen. Sebastian Kurz' Datenpapst Maderthaler sagte in einem Interview, es gebe "für Kampagnenzentralen nur eine Lösung: verhaltensorientierte Datenbanksysteme, in der jede Interaktion meiner Unterstützer erfasst und zu Profilen verarbeitet wird".

Die Datenschutzbestimmung wurde bei der CDU noch fieberhaft geändert, als die Kampagne bereits lief. Die CDU erklärt das mit einem externen Hinweis, dass die Bestimmungen zum Besuch der Webseite unterschiedlich interpretierbar gewesen und diese daraufhin angepasst worden seien. Insgesamt sechs Änderungen und ein Hin und Her fielen einem Twitternutzer auf.

Am Donnerstagabend schließlich flog noch ein Absatz raus: "Ohne Ihre weitere ausdrückliche Einwilligung werden wir Ihre Daten nicht dem Ihrer Postleitzahl entsprechenden CDU-Landesverband für weitere Informationen zur Kampagne übermitteln".

Noch keine Entscheidung über frühere CDU-Datenschutzpanne

In einer internen Mail an Funktionsträger hatte die Bundespartei angekündigt, "allen Landesverbänden die Daten der Unterstützer aus ihrem jeweiligen Bundesland zur Verfügung [zu] stellen". Die CDU-Bundesgeschäftsstelle erklärte dazu, damit sei keine tatsächliche Weitergabe der Daten gemeint, sondern nur die Nutzung durch die Bundesgeschäftsstelle für regionale Aktionen und "Mobilisierungselemente".

Für die CDU steht noch die Entscheidung über einen früheren Datenschutzverstoß aus. Bei der Berliner Datenschutzbehörde läuft weiterhin das Prüfverfahren wegen der Wahlkampf-App CDU-Connect. Die ist eine Art Tagebuch für den Straßenwahlkampf, es können die Erfahrungen an Haustüren hinterlegt werden – nicht auf Basis individueller Adressen.

Die Sicherheitsforscherin Lillith Wittmann hatte im Frühjahr 2021 entdeckt, dass die Daten von 18.500 Wahlkampfhelfern mit E-Mail-Adressen und Fotos sowie von 1.350 Unterstützern mit Adresse, Geburtsdatum und Interessen öffentlich abrufbar waren. Die CDU hatte sie zunächst angezeigt, die Anzeige dann aber nach Bekanntwerden zurückgezogen.

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