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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Historisch schlechtestes Ergebnis Was wird nun aus Olaf Scholz?
Die Kanzlerschaft von Olaf Scholz ist zu Ende, der SPD-Politiker wurde am Sonntag per klarem Wählervotum abgewählt. Doch ganz von der politischen Bühne verschwinden wird Scholz womöglich nicht.
Das war’s: Bundeskanzler Olaf Scholz ist abgewählt. Ersten Hochrechnungen zufolge landet seine SPD auf 16 Prozent, die prognostizierte Wahlsiegerin ist die Union mit rund 29 Prozent. Damit landet die bisherige Kanzlerpartei nur noch auf dem dritten Platz, hinter der AfD (knapp 20 Prozent).
Es ist das schlechteste Ergebnis der Sozialdemokraten bei einer Bundestagswahl seit jeher. Scholz hat es als Spitzenkandidat der Partei maßgeblich zu verantworten. Bis zuletzt hoffte die Parteispitze auf die rund 27 Prozent unentschlossenen Wähler, die sich erst in der Wahlurne für den SPD-Kanzler entscheiden und so die lange erhoffte Stimmungswende bringen würden. Diese blieb aus, Scholz konnte sein Wahlwunder von 2021 nicht wiederholen.
Der SPD-Kampagne fehlte zuletzt der Schwung, nichts schien so richtig zu zünden. Egal, was sich die Parteistrategen überlegten, nichts half aus dem Umfragetief heraus. Selbst das umstrittene Asyl-Manöver von Friedrich Merz, als dieser Ende Januar einen Bundestagsantrag mit AfD-Stimmen beschloss, nützte der SPD nicht in den Umfragen. Das lag vor allem an ihrem Kanzlerkandidaten, der nach drei Jahren Ampelregierung nur noch wenig Sympathien bei den Deutschen genoss. Scholz' persönliche Umfragewerte lagen teils noch unter denen seiner Partei.
Wie geht es mit Scholz weiter?
Als Bundeskanzler abgewählt, bleibt Scholz geschäftsführend im Amt, bis der Bundestag einen neuen Kanzler gewählt hat. Der wird aller Wahrscheinlichkeit nach Friedrich Merz heißen, doch zuvor muss Merz eine Regierungskoalition schmieden. Den ersten Prognosen zufolge könnte es für ein schwarz-rotes Bündnis nicht reichen. Merz bräuchte allerdings für eine Dreierkoalition sehr wahrscheinlich die Sozialdemokraten.
Unabhängig davon, wie die nächste Regierung unter einem Kanzler Friedrich Merz aussehen wird: Scholz wird ihr nicht angehören. Der Kanzler hat stets ausgeschlossen, bei einer Wahlniederlage einen Ministerposten in einer CDU-geführten Regierung zu übernehmen.
Scholz als einfacher Abgeordneter?
Ein Verzicht auf ein Regierungsamt bedeutet nicht automatisch, dass Scholz die deutsche Politik verlässt. Der 66-Jährige hat klargemacht, dass er im Bundestag bleiben werde, sollte er sein Direktmandat in seinem Potsdamer Wahlkreis gewinnen.
"Das steht schon ewig lange fest", hatte Scholz am Samstag bei seinem Wahlkampfabschluss in Potsdam auf eine entsprechende Journalistenfrage gesagt. Sollte er das Direktmandat gewinnen, wolle er die gesamte Legislaturperiode im Bundestag bleiben.
"Das steht schon ewig lange fest"
Tatsächlich stehen die Chancen für Scholz nicht schlecht: Den Vorwahl-Prognosen der Umfrageinstitute von election.de und Yougov zufolge führte Scholz vor wenigen Tagen im Wahlkreis Potsdam – Potsdam-Mittelmark II – Teltow-Fläming II knapp vor Tabea Gutschmidt von der CDU sowie vor der grünen Außenministerin Annalena Baerbock. Eine erste Prognose für Scholz' Wahlkreis liegt zum jetzigen Zeitpunkt nicht vor.
Scholz hatte immer wieder betont, wie wichtig ihm das Direktmandat sei: "Das höchste Amt, in das man in Deutschland direkt gewählt werden kann, ist das des Abgeordneten im Deutschen Bundestag", hatte er im November bei seiner Aufstellung als Direktkandidat in Potsdam gesagt. Allerdings war lange unklar, ob er das Mandat tatsächlich auch antreten würde. Bislang hieß es, Scholz strebe einen Kanzlerabgang in Würde an. Jetzt ist klar, was Scholz damit meint.
Mischt Scholz bei Koalitionsverhandlungen mit?
Unklar ist dagegen, welche Rolle Scholz bei möglichen Koalitionsverhandlungen mit der Union einnehmen würde. Wird er sich aktiv in die Gespräche einbringen oder sich zurückhalten? Klar ist: Bis zur konstituierenden Sitzung des neuen Bundestags – bis zu 30 Tage nach der Wahl – ist Scholz weiter Bundeskanzler, wenn auch nur geschäftsführend.
Scholz könnte sein politisches Restkapital als Kanzler einsetzen, um ein mögliches gutes Verhandlungsergebnis für seine SPD herauszuholen. Andererseits könnte die SPD-Spitze genau das verhindern wollen und nach dieser historischen Wahlniederlage das Kapitel Scholz hinter sich lassen.
- Eigene Recherchen
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa