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Bundestagswahl: Internes FDP-Papier über Zusammenarbeit mit Grünen


Internes FDP-Papier
"So kann man nicht miteinander arbeiten"


Aktualisiert am 19.02.2025Lesedauer: 4 Min.
Einst waren sie Partner, jetzt will der eine vom anderen nichts mehr wissen: Christian Lindner (l.) schließt für die FDP eine Koalition mit den Grünen und deren Spitzenmann Robert Habeck (r.) aus.Vergrößern des Bildes
Einst waren sie Partner, jetzt will der eine vom anderen nichts mehr wissen: Christian Lindner (l.) schließt für die FDP eine Koalition mit den Grünen und deren Spitzenmann Robert Habeck (r.) aus. (Quelle: Kay Nietfeld)
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Am Ampel-Anfang stand die gelb-grüne Zitrus-Koalition. Jetzt will die FDP von den Grünen nichts mehr wissen. Warum?

Es ist eine Ansage, die den politischen Spielraum verengt – und die auch deshalb mancher Wahlkämpfer in den eigenen Reihen kritisch sieht: Per Parteitagsbeschluss hat die FDP ausgeschlossen, nach der Wahl in eine Koalition mit den Grünen einzutreten.

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Realistischerweise reduziert sich für die Liberalen die Zahl der möglichen Koalitionsoptionen damit auf eins, nämlich auf ein schwarz-rot-gelbes "Deutschland"-Bündnis, wobei auch das alles andere als ein Automatismus ist. Denn zum einen ist trotz jüngstem Aufwärtstrend in den Umfragen nicht einmal gesagt, dass es die FDP überhaupt ins Parlament schafft. Zum anderen kann es sein, dass sie, selbst wenn es mit dem Wiedereinzug klappt, zur Regierungsbildung gar nicht gebraucht wird.

Wie sinnvoll also ist ein solcher Schritt, fragen sich viele nicht nur innerhalb der FDP: Warum eine Koalition ausschließen mit einer Partei der demokratischen Mitte, noch dazu mit einer, die zuletzt als Partner gut genug war?

Bessere Migrationspolitik sei mit den Grünen unmöglich

Schließlich nahm die Ampel ja erst durch die grün-gelbe Zitrus-Koalition ihren Anfang. Ein Selfie der Liberalen Christian Lindner und Volker Wissing sowie der Grünen Annalena Baerbock und Robert Habeck markierte ihren Beginn. "Auf der Suche nach einer neuen Regierung loten wir Gemeinsamkeiten und Brücken über Trennendes aus. Und finden sogar welche. Spannende Zeiten", schrieben die vier damals unisono unter das Bild.

Aufschluss darüber, warum inzwischen, dreieinhalb Jahre später, das Trennende größer ist als die Gemeinsamkeiten, gibt jetzt ein internes Papier aus der FDP-Fraktion, das t-online vorliegt. Demnach sehen die Liberalen die Grünen (ähnlich wie auch die SPD) nicht nur wirtschaftspolitisch auf einem völlig anderen, mit ihnen schwer vereinbaren Weg, sondern vor allem auch in der Einwanderungs- und Asylpolitik.

Nüchtern umreißen die Fachreferenten der Fraktion in dem sechsseitigen Vermerk vom 16. Februar, "weshalb eine neue Realpolitik in der Migration mit den Grünen ausgeschlossen ist" – und führen als Belege zahlreiche Streitpunkte aus der gemeinsamen Regierungszeit während der Ampelkoalition an.

Wörtlich heißt es gleich zu Beginn des Papiers: "Eine Koalition, an der die Grünen beteiligt sind, kann keine Migrationswende bringen." Die jüngsten Erfahrungen der vergangenen Tage belegten erneut, was sich auch in drei gemeinsamen Ampeljahren immer wieder gezeigt habe: "Die Grünen wollen keine neue Realpolitik in der Migration. Sie wollen keinen aktiven Beitrag zur Begrenzung der irregulären Migration und zur Rückführung ausreisepflichtiger Personen leisten."

"Nicht wegen der Grünen, sondern trotz der Grünen"

So habe die Ampel zwar einzelne wichtige Maßnahmen für eine bessere Migrationspolitik auf den Weg gebracht, allerdings "nicht wegen der Grünen, sondern trotz der Grünen auf Druck der FDP". Als Beispiel ruft das Papier mehrere Gesetzesvorhaben und Verschärfungen in der Migrationspolitik aus Ampelzeiten in Erinnerung, bei denen die Grünen gebremst haben, etwa die Einführung der Bezahlkarte für Flüchtlinge: Fünf Monate lang hätten die Grünen die Umsetzung verzögert, "sowohl innerhalb der Bundesregierung als auch im Parlament".

Bei der Einstufung Georgiens sowie der Republik Moldau als sichere Herkunftsstaaten, in die abgeschoben werden darf, "blockierten" die Grünen "mehrfach", ebenfalls sowohl in der Regierung als auch im parlamentarischen Verfahren. "Es hat über ein halbes Jahr gedauert, bis der Gesetzentwurf final beschlossen werden konnte", heißt es in dem Papier.

Und im Falle der geplanten Zurückweisungen sogenannter Dublin-Flüchtlinge an der deutschen Grenze, die die Ampel nach dem Anschlag von Solingen vergangenen Sommer zunächst diskutierte, hätten die Grünen die Idee zwar zunächst mitgetragen. Dann aber hätten die "grünen Ministerien blockiert, sodass der Gesetzentwurf im Kabinett ohne diese Regelung beschlossen wurde".

"Nur folgerichtig, dass wir Koalition ausgeschlossen haben"

Bei all diesen Darstellungen gilt wie immer: Es gibt zwei Seiten. Naturgemäß dürften die Grünen einige der getroffenen Aussagen anders sehen. Im Zuge der jüngsten Migrationsdebatte hat Grünen-Spitzenkandidat Robert Habeck unlängst zudem einen Zehn-Punkte-Plan für mehr Sicherheit vorgestellt, in dem er sich auch für mehr Migrationsabkommen sowie schnellere Asylverfahren ausspricht.

Für FDP-Fraktionschef Christian Dürr sind die Erfahrungen aus der Ampel dennoch Grund genug, um den Koalitionsausschluss zu rechtfertigen. Auf t-online-Anfrage sagte er zu dem Papier: "Man schließt nicht grundlos Koalitionen aus, das ist doch klar." Aber, so Dürr weiter: "Mit den Grünen ist es nicht möglich, die Themen anzupacken, die die Menschen am meisten beschäftigen. Das ist zum einen die Wirtschaftspolitik, zum anderen die Migration. Solange wir zusammen regiert haben, haben die Grünen wirklich alles dafür getan, wichtige migrationspolitische Maßnahmen zu blockieren oder zu verwässern."

Und da, wo Dinge von der FDP durchgesetzt worden seien, hätten die Grünen in Ländern und Kommunen erneut gebremst: "Bei der Bezahlkarte etwa haben grüne Kommunalpolitiker in Bayern geholfen, das System auszuhebeln, damit Geflüchtete Bargeld bekommen. So kann man nicht miteinander arbeiten. Deshalb ist es nur folgerichtig, dass wir eine Koalition mit den Grünen ausgeschlossen haben."

Jüngste Umfragen sehen Liberale im Parlament

Jenseits dessen – daraus macht auch Parteichef Lindner keinen Hehl – spielen auch polittaktische Gründe eine Rolle für die Anti-Grünen-Ansage. So geht es der FDP mit dem Ausschluss auch darum, Wähler im bürgerlichen Lager in ihrem Sinne zu mobilisieren. Hier lautet das Kalkül der Liberalen: FDP wählen, um rechnerisch ein Bündnis von CDU/CSU und den Grünen weniger wahrscheinlich zu machen.

Am Montag sagte Lindner dazu: "Die FDP würde auf Friedrich Merz aufpassen, dass er nicht in Richtung der Grünen kippt." Die FDP nehme der Union die Entscheidung ab, ob sie mit den Grünen koalieren wolle oder nicht.

Ob diese Taktik aufgeht, wird sich am Sonntag zeigen. Zuletzt kletterten die Liberalen von vier Prozent in den Umfragen erstmals seit Monaten wieder auf einen Wert von fünf Prozent. Damit würden sie den Einzug ins Parlament gerade so schaffen.

Verwendete Quellen
  • Internes Papier der FDP-Fraktion
  • Statement Christian Dürr
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