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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Merz attackiert Scholz bei Ukrainehilfe "In diese Falle tappen wir nicht"
Seit Tagen bleibt die geschäftsführende Bundesregierung die zugesagten weiteren Militärhilfen für die Ukraine schuldig. Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz erhebt schwere Vorwürfe.
Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz wirft Kanzler Olaf Scholz (SPD) vor, die rund drei Milliarden Euro an Militärhilfen für die Ukraine für innenpolitische Zwecke im Wahlkampf zu missbrauchen. "Ich finde es verantwortungslos, dass hier offensichtlich mit den Menschen in der Ukraine ein innenpolitisches Spiel getrieben wird, und zwar sowohl innerhalb der Rest-Koalition als auch der Union gegenüber", sagte Merz dem Nachrichtenportal t-online. Nach einem Treffen mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sei für ihn klar: "Pistorius will es, Baerbock will es. Der Bundeskanzler will es offensichtlich nicht, also gibt es wieder Streit."
Einer Forderung nach einer Aufweichung der Schuldenbremse für diese Summe erteilte der Oppositionschef in diesem Zusammenhang eine klare Absage – das sei "überhaupt nicht nötig". "Die Bundesregierung kann ohne Weiteres nach der Bundeshaushaltsordnung eine außerplanmäßige Ausgabe beschließen, kann sie vollziehen und dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages davon Kenntnis geben. Das ist der Weg", so Merz.
Schuldenbremse lockern? – "Auf gar keinen Fall!"
Wenn es auf der Basis einen entsprechenden Vorschlag der Restregierung gebe, würde die Union nicht widersprechen. "Aber deswegen die Schuldenbremse zu lockern, aufzuheben, das Grundgesetz zu ändern für drei Milliarden Euro? Auf gar keinen Fall!". Das sei "der durchsichtige Versuch des Bundeskanzlers, uns eine Falle zu stellen", so Merz weiter. "Da tappen wir nicht rein."
Er erkenne darin "ein Muster, das wir bei den Sozialdemokraten immer wieder gesehen haben": "In dem Augenblick, in dem die Alternativen lauten: staatspolitische Verantwortung oder innenpolitischer Geländegewinn, entscheiden sich diese SPD und dieser Bundeskanzler in der Regel für die zweite."
- Wie Robert Habeck zur Schuldenbremse steht, wenn er nach der Wahl mit der CDU koalieren würde, hören Sie hier exklusiv im Podcast:
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Zuletzt war der deutsche Verteidigungsminister nach Kiew gereist, ohne dort die drei weiteren Milliarden Euro verkünden zu können. Im Kabinett gab es am Mittwoch eine Szene zwischen Außenministerin Baerbock und Kanzler Scholz, die die Vermutung eines offenen Streits in der geschäftsführenden Bundesregierung nahelegt. Scholz wollte mit Baerbock reden, diese wandte sich aber ostentativ ab.
Miersch: Merz "nicht verlässlich"
Der Generalsekretär der SPD, Matthias Miersch, verteidigte dagegen die Linie des Bundeskanzlers. "Wir fahren einen klaren Kurs", sagte Miersch t-online. "Staatspolitische Verantwortung heißt, den Zusammenhalt hier zu wahren und gleichzeitig die Ukraine zu unterstützen. Kein Entweder-oder. Auf unsere Haltung können sich alle verlassen."
Gleichzeitig kritisierte Miersch die CDU, da sie in ihrem Wahlprogramm nicht erläutert, wie sie ihre Versprechen finanziert. "Friedrich Merz sagt nicht, wo das Geld herkommen soll. Das passt zu seinem Programm und seiner gewaltigen 100-Milliarden-Lücke." Miersch warf darüber hinaus Merz einen Schlingerkurs bei der Frage vor, ob Deutschland der Ukraine Taurus-Marschflugkörper liefern solle. Merz sei "nicht verlässlich" und rudere in der Diskussion ständig zurück. "So kann man auf internationaler Bühne nicht agieren." Scholz hat bislang die Lieferung der Marschflugkörper an die Ukraine grundsätzlich ausgeschlossen.
- Interview mit Friedrich Merz
- Statement von Matthias Miersch