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"Hart aber fair": "Da wurden Merz' Pläne mit den Nazis verglichen"


Wehrhaftigkeit Deutschlands
"Da wurden die Pläne von Friedrich Merz mit den Nazis verglichen"


18.03.2025 - 00:40 UhrLesedauer: 5 Min.
Die langjährige ARD-Korrespondentin Ina Ruck.Vergrößern des Bildes
Die langjährige ARD-Korrespondentin Ina Ruck. (Quelle: imago stock&people)
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Bei "Hart aber Fair" war die kontroverseste Frage des Abends: Ist Deutschland es für junge Menschen wert, verteidigt zu werden?

"Milliarden für die Bundeswehr: Ist Aufrüsten alternativlos?" – So lautete der Titel der Sendung, bei der Politiker, Sicherheitsexperten und Journalisten über die militärische Situation Deutschlands und die europaweite Aufrüstung diskutierten. Dabei kam es zu leidenschaftlichen Plädoyers für mehr Verteidigungsfähigkeit, aber auch für Diplomatie und Abrüstung.

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Gäste:

  • Roderich Kiesewetter, Obmann der Unions-Bundestagsfraktion im Auswärtigen Ausschuss und Oberst a.D. (CDU)
  • Julian Nida-Rümelin, Philosoph und Staatsminister a.D. (SPD)
  • Andrea Rotter, Leiterin Außen- und Sicherheitspolitik an der Akademie für Politik und Zeitgeschehen der Hanns-Seidel-Stiftung
  • Ole Nymoen, Podcaster und Autor
  • David Matei, Influencer für Verteidigungsthemen und Jugendoffizier
  • Bascha Mika, Podcasterin und langjährige Chefredakteurin von "taz" und "Frankfurter Rundschau"
  • Jeff Rathke, Präsident des American-German Institute an der Johns-Hopkins-Universität und ehemaliger US-Diplomat und Nato-Beamter, zugeschaltet
  • Ina Ruck, langjährige ARD-Auslandskorrespondentin, zugeschaltet

Bascha Mika: "Dann sind wir längst tot"

Während Roderich Kiesewetter betonte, dass nukleare Abschreckung "seit 70 Jahren Frieden in Europa" sichere, widersprach Bascha Mika entschieden. Sie hielt dagegen, dass nukleare Abschreckung eine gefährliche Illusion sei und forderte stattdessen Abrüstung und diplomatische Lösungen. "Wir waren über viele Jahre auf dem richtigen Weg, was die Ächtung von Atomwaffen angeht – und jetzt reden wir wieder darüber, als wäre es ganz selbstverständlich." Den Begriff des nuklearen Schutzschirms kritisierte sie eindringlich. Dieser sei ein Euphemismus: "Wenn es darum geht, dass wir unter einen Schutzschirm müssen, sind wir längst tot."

Kiesewetter widersprach dem wiederum, warnte davor, Abrüstung als Strategie zu sehen, während Russland genau das Gegenteil macht und die USA als transatlantischer Partner immer unberechenbarer werden. Besonders mit Blick auf einen möglichen Rückzug der USA aus der Nato sei es unverzichtbar, dass Europa verteidigungsfähig werde.

Andrea Rotter betonte, dass die Nato sich grundsätzlich der Abrüstung verschrieben habe – allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sie auf allen Seiten erfolgt. "Die Nato verschreibt sich der Abrüstung und der Nonproliferation (Anm.d.Red.: Begrenzung und Nichtverbreitung von Atomwaffen). Aber sie sagt auch ganz klar: Solange es Atomwaffen gibt, bleibt sie ein nukleares Bündnis."

Matei: "Deutschland ist es wert"

Die emotionalste Diskussion des Abends drehte sich aber weniger um militärstrategische Fragen, sondern um eine Generationenfrage. Ole Nymoen stellte in seinem Buch "Warum ich niemals für mein Land kämpfen würde" bereits klar, dass er keinen Grund sehe, sich für Deutschland in einem Krieg zu engagieren. Das unterstrich er in der Sendung erneut.

„Für Sie ist das also abwegig, fast absurd, Soldat zu werden?", wollte Moderator Louis Klamroth wissen. Nymoend darauf: "Ich bin relativ klassischer Internationalist, und ich muss sagen, einerseits ist da erst mal das Eigeninteresse: Ich möchte nicht sterben, ich möchte nicht versehrt werden. Selbst wenn man nicht stirbt, selbst wenn man nicht körperlich versehrt wird, lässt einen das nie mehr unverändert zurück."

Außerdem sehe er keinen persönlichen Feind in den Soldaten auf der anderen Seite: "Ich würde im Krieg auf Menschen treffen, die ich nicht kenne. Und es hat mir keine Probleme bereitet, neben denen friedlich zu leben. Und ich wäre nie auf die Idee gekommen, auf die zu schießen – und umgekehrt auch nicht."

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Ganz anders argumentierte David Matei, ein Jugendoffizier der Bundeswehr, der ein Plädoyer für den Wehrdienst hielt. "Deutschland ist es wert", erklärte er. Matei betonte, dass das Land eine der erfolgreichsten Demokratien der Welt sei, dass es soziale Sicherheit biete und ein freies Leben ermögliche. "Mein Vater hat sein Leben aufs Spiel gesetzt, um nach Deutschland zu fliehen und hier in Freiheit zu sein. Ja, wir haben Macken und wir haben Herausforderungen und wir haben Probleme, die wir angehen müssen. Aber für mich ist Deutschland eine der erfolgreichsten Demokratien unserer Zeit. Deutschland ist es wert."

Bascha Mika forderte, dass Deutschland sich nicht aus der Debatte um den Ukraine-Krieg heraushalten dürfe. Sie erklärte, dass europäische Staaten, die Waffen geliefert haben, jetzt auch politische Verantwortung tragen: "Dann haben Sie die verdammte Verpflichtung, sogar mitzureden und zu versuchen, eine möglichst menschliche Friedenslösung für die Ukraine rauszuholen. Und das heißt natürlich nicht einfach Putin nachzugeben."

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Julian Nida-Rümelin stellte die Frage, ob es in Deutschland überhaupt noch ein gesamtgesellschaftliches Bewusstsein für Landesverteidigung gebe – oder ob der Wunsch nach Sicherheit vor allem auf Diplomatie und wirtschaftliche Kooperation setze. "Die Wehrhaftigkeit einer Gesellschaft bemisst sich nicht nur an ihrer Armee, sondern auch an der Widerstandskraft ihrer Institutionen und ihrer Bürger."

Mika erklärte, dass die Debatte anders geführt werden müsse – und definierte den Rahmen der Verteidigungsbereitschaft weiter als nur im militärischen Sinn. "Verteidigungsbereitschaft ist etwas mehr, als sich nur mit Waffen auszurüsten. Wenn wir überhaupt eine Form von Resilienz entwickeln wollen, dann müssen wir auch eine Resilienz nach innen haben." Man müsse massiv in Diplomatie investieren.

Jeff Rathke: "Trump will keinen gerechten Frieden herbeischaffen"

Der ehemalige US-Diplomat und Nato-Beamte Jeff Rathke analysierte die außenpolitischen Ziele der USA unter Präsident Donald Trump. Die Prioritäten haben sich verschoben, besonders im Ukraine-Krieg werde dies sichtbar. "Trump will einen Frieden herbeischaffen – aber keinen gerechten", erklärte Rathke.

Rathke betonte, dass Trump eine schnelle Lösung des Krieges anstrebe, aber unter Ausschluss europäischer Stimmen: "Ich glaube, es geht in erster Linie darum, dass er mit möglichst wenigen Personen reden möchte. Er will, wie ich die Lage einschätze, eine schnelle Lösung dieses Krieges. Und wenn die Europäer am Tisch sitzen, dann gibt es Forderungen und Erwartungen. Und damit will Präsident Trump sich nicht auseinandersetzen." Trump, so Rathke, versuche "Druck auf Selenskyj und die Ukrainer auszuüben, damit sie ein schnelles Ende des Krieges herbeiführen können – egal, was es kostet".

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Ina Ruck: "Pläne von Merz mit den Nazis verglichen"

Zuvor war Ina Ruck, langjährige Auslandskorrespondentin der ARD, aus Moskau zugeschaltet und gab Einblicke in die russische Wahrnehmung der westlichen Verteidigungsdebatte. Sie berichtete, dass Deutschland in der russischen Propaganda zunehmend als Bedrohung dargestellt werde. "Heute Morgen gab es einen Artikel in der von der Regierung herausgegebenen "Rossiskaja Gazeta". Da wurden die Pläne von Friedrich Merz mit den Nazis verglichen, mit Hitlers Ausgabenerhöhungen von Staatsausgaben. Also, da werden ganz wilde Vergleiche gezogen."

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Gleichzeitig nehme die Kriegsmüdigkeit in der russischen Bevölkerung zu, allerdings ohne echte Kompromissbereitschaft. "Mehr Menschen als noch vor einiger Zeit sind für Verhandlungen, sogar mehr als die Hälfte. Aber wenn man fragt, zu welchen Bedingungen, dann hört man immer wieder: Die Gebiete sind unsere."

Am Ende der Sendung sprach der ehemalige Soldat Robert Müller, ein Afghanistan-Veteran, über seine posttraumatische Belastungsstörung und die Herausforderungen nach dem Einsatz. Der Kriegseinsatz lasse Soldaten nie los, was er mit dem eindrücklichen Satz "Der Krieg geht für uns weiter" beschrieb.

Verwendete Quellen
  • ARD: Sendung "Hart aber Fair" vom 17.3.2025
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