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Deutschland und Donald Trump: Ein heftiger Streit droht


Streit zwischen Trump und Deutschland
Die Wut ist groß


09.01.2025 - 17:00 UhrLesedauer: 6 Min.
Donald Trump: Der künftige US-Präsident sorgt schon vor seiner Amtseinführung für Unruhe im westlichen Bündnis.Vergrößern des Bildes
Donald Trump: Der künftige US-Präsident stiftet schon vor seiner Amtseinführung Unruhe im westlichen Bündnis. (Quelle: Bloomberg/getty-images-bilder)
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Donald Trump droht mit der Übernahme von Kanada und Grönland, das löst bei den Nato-Partnern Besorgnis aus. Besonders Deutschland kann sich schon jetzt auf diverse Konflikte mit der künftigen US-Regierung einstellen. Ein Überblick.

Er ist noch nicht einmal im Amt und stiftet schon mächtig Unruhe in der internationalen Politik. Der künftige US-Präsident Donald Trump sitzt noch an der politischen Seitenlinie, aber er kann es sichtlich kaum abwarten, am 20. Januar erneut ins Weiße Haus einzuziehen.

So sorgte er am Montag in seinem Anwesen Mar-a-Lago in Florida für ein wahres außenpolitisches Trommelfeuer: Trump brachte ein mögliches Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin ins Gespräch, forderte von seinen Nato-Partnern Verteidigungsausgaben von fünf Prozent ihres Bruttoinlandprodukts und droht mit der Übernahme des Panamakanals, Kanadas und Grönlands – teilweise wollte er sogar militärische Gewalt nicht ausschließen.

Empörung und Wut über Trump in Europa sind dementsprechend groß. Einerseits ist der künftige US-Präsident eine Gefahr für die Souveränität von gleich zwei Nato-Staaten – Kanada und Dänemark. Grönland ist ein autonomer Teil Dänemarks. Andererseits erinnern Trumps neokoloniale Ansichten mehr an Putins Imperialismus als an das kollektive Wertefundament im westlichen Bündnis. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) legte sich auch deshalb am Mittwoch mit Trump an: "Grenzen dürfen nicht mit Gewalt verschoben werden", sagte er. "Daran kann und daran darf es kein Rütteln geben."

Es ist nicht der einzige Konflikt zwischen Deutschland und der künftigen US-Regierung, auf den beide Länder zusteuern. Im Gegenteil: Die Luft brennt schon jetzt. Den USA und Deutschland droht in den kommenden Jahren heftiger Streit über Zölle und Verteidigungsausgaben. Trump sieht die Bundesrepublik als ideologischen Rivalen, und diese Differenzen werden durch persönliche Animositäten verstärkt – eine immense Herausforderung für die transatlantischen Beziehungen.

Politische Gegner mit unterschiedlicher Weltanschauung

Wenn Scholz wie am Mittwoch nach einem Treffen mit anderen Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union vor die Presse tritt und versucht, Trump in die Schranken zu weisen, hat das eine besondere Bedeutung. Denn dieser Schlagabtausch erinnert an Trumps erste Amtszeit und seinen stetigen Konflikt mit der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Denn auch Merkel musste sich damals schützend vor ihre europäischen Partner stellen, und Deutschland fand in dieser Zeit außenpolitisch eine neue Rolle.

Eine wichtige Anekdote in diesem Zusammenhang geht auf den November 2016 zurück. Trump hatte gerade die US-Präsidentschaftswahl gegen Hillary Clinton gewonnen, und der scheidende US-Präsident Barack Obama kam noch einmal nach Berlin, um mit der damaligen Bundeskanzlerin im schicken Hotel Adlon zu essen. Die Situation war ähnlich wie heute: Der Republikaner hatte überraschend die Wahl gewonnen und die Partner der USA waren unsicher, was sie vom künftigen US-Präsidenten zu erwarten hatten.

Auch Trumps Wahl soll Merkel dazu bewogen haben, 2017 noch einmal bei der Bundestagswahl anzutreten. Das zumindest schreibt der Obama-Vertraute Ben Rhodes in seinem Buch "Die Welt, wie sie ist". Darin geht es um Obamas Jahre im Weißen Haus und um den Schock, den die Wahl Trumps international auslöste. Laut Rhodes wollte sich Merkel noch einmal im Amt bestätigen lassen, um die liberale internationale Ordnung zu verteidigen. Nachdem die damalige Bundeskanzlerin und Obama sich das letzte Mal im Amt in Berlin gesehen hatten, soll Obama zu seinem Vertrauten gesagt haben: "Sie ist ganz allein."

Ohne Zweifel verstanden Merkel und Obama sich ausgesprochen gut, eine Freundschaft, die bis heute anhält. Und in der Tat wurde Merkel die Aufgabe zuteil, das westliche Bündnis vor Trump zu schützen, die europäischen Staaten politisch zusammenzuhalten und mit demonstrativer Gelassenheit auf Trumps Angriffe auf den Multilateralismus zu reagieren. Es wurde eine ständige Bewährungsprobe. Trump beschimpfte die Kanzlerin laut CNN wegen Deutschlands Beziehungen zu Russland als "dumm", er führte Strafzölle auf Produkte aus der EU ein oder sah Deutschland vor allem als "Schnorrer", der sicherheitspolitisch auf Kosten der USA lebe.

Trump-Lager unterstützt die AfD

Diese Haltung hat Trump eigentlich nicht aufgegeben. Im Wahlkampf behauptete er, dass die Deutschen ihn nicht mögen würden, weil er Merkel gesagt habe, dass sie zahlen müsse. Der Konflikt reicht aber noch viel tiefer: Trump steht ideologisch für eine nationalistisch-protektionistische Politik, die vor allem die Interessen der USA im Blick hat. Deutschland sieht sich dagegen als Verteidiger des Multilateralismus, der internationalen Zusammenarbeit. Der möglichst freie Welthandel war außerdem der Grund für den wirtschaftlichen Erfolg der Bundesrepublik in den vergangenen Jahrzehnten.

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Diese unterschiedlichen Weltanschauungen werden in den kommenden Jahren erneut aufeinanderprallen – unabhängig davon, ob Scholz Bundeskanzler bleibt oder nach der Bundestagswahl im Februar Friedrich Merz (CDU) oder Robert Habeck (Grüne) die nächste Bundesregierung führen wird. Trump sieht Deutschland als einen Hauptgegner für seine ideologische Weltanschauung. Deshalb mischt sich sein Lager um den Milliardär Elon Musk in den deutschen Wahlkampf ein, unterstützt die rechtspopulistische AfD.

Denn eines liegt auf der Hand: Je größer die innenpolitischen Konflikte in Deutschland sind, desto schwächer wird die kommende Bundesregierung außenpolitisch sein. Die amerikanische "Make America Great Again"-Bewegung (MAGA) und die AfD verbinden zwar besonders in der Migrationspolitik gemeinsame Sichtweisen, ihr Schulterschluss hat aber aus der Perspektive des Trump-Lagers vor allem strategische Gründe.

Neue US-Zölle werden kommen

Darüber hinaus wird es in den kommenden Jahren aber auch inhaltlich zu Konflikten im transatlantischen Bündnis kommen – besonders im Bereich der Wirtschaft. Im Umgang mit dem künftigen US-Präsidenten hat Deutschland dabei vor allem aufgrund seiner gegenwärtigen Wirtschaftsschwäche schlechtere Bedingungen als während Trumps erster Amtszeit.

Der deutsche Exportüberschuss in den Handelsbeziehungen zu den USA ist dem künftigen US-Präsidenten traditionell ein Dorn im Auge. Im Jahr 2023 erzielte der deutsche Außenhandel mit den USA einen Rekord-Exportüberschuss von 63,3 Milliarden Euro. Allgemein hat Trump bereits angekündigt, erneut Zölle für Importe einführen zu wollen, und die hätten natürlich besonders harte Konsequenzen für die deutsche Exportwirtschaft.

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Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, sagte dem ZDF: "Sein angekündigter Zollsatz von mindestens zehn Prozent für alle Importe in die USA wäre besonders für das Exportland Deutschland schlecht." Er gehe davon aus, dass der Republikaner seine "aggressiven Zollpläne" zumindest teilweise umsetzt. Die Folge wären wahrscheinlich Gegenzölle der EU.

Trump setzt wirtschaftlich auf De-Globalisierung, und darunter leiden Exportnationen wie Deutschland in einem hohen Maß. Die Prognosen sind dementsprechend düster: Experten rechnen damit, dass die möglichen Zölle zu einem Verlust von bis zu 180 Milliarden Euro für die deutsche Wirtschaft führen könnten.

Suche nach sicherheitspolitischer Souveränität

Ein weiterer Konfliktpunkt ist eben die Sicherheitspolitik. Trump kündigte bereits an, dass er von seinen Nato-Partnern höhere Verteidigungsausgaben fordert – fünf Prozent des jeweiligen Bruttoinlandproduktes. Dabei mussten sich viele Staaten schon finanziell strecken, um überhaupt die in der Nato vereinbarten zwei Prozent zu erreichen. Mehr dazu lesen Sie hier.

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Es ist wahrscheinlich, dass Trumps Fünf-Prozent-Vorstoß eine Maximalforderung ist, aber er wird zumindest den Verbleib der USA in der Nato und die US-Unterstützung für die Ukraine als Druckmittel einsetzen. Interessant wird sein, wie er dabei mit Ländern wie Italien umgeht, die das Zweiprozentziel weiterhin deutlich verfehlen. Italien ist die drittgrößte Volkswirtschaft in der EU, aber in Rom hofft man, dass die guten Beziehungen von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni dazu beitragen, dass der künftige US-Präsident mit Blick auf das Land nachgiebiger sein könnte.

Deutschland kann diese Nachsicht wahrscheinlich nicht erwarten, denn aus Trumps Perspektive konnten vorherige Bundesregierungen sehr viel Geld für ihr Sozialsystem ausgeben, weil die Amerikaner die Verteidigung Europas finanzierten. Dabei treffen Trump und darüber hinaus auch US-Präsidenten wie Obama vor ihm durchaus einen wahren Kern mit ihrer Kritik. Mit dem zentralen Unterschied, dass der künftige Präsident nicht davor zurückschrecken wird, im Ernstfall sogar die transatlantischen Beziehungen oder das Nato-Bündnis zu zerschlagen.

Und eines liegt auf der Hand: Die Erhöhung der europäischen Verteidigungsausgaben bedeutet auch, dass EU-Staaten mehr Geld in den USA ausgeben werden. Trump hofft natürlich auf reichlich neue Aufträge für die US-Waffenindustrie, und sicherheitspolitisch geht es für den Republikaner auch um Deals und Geld für die US-Wirtschaft.

Die Amerikaner werden sich aber wahrscheinlich auch nach Trumps Amtszeit sicherheitspolitisch immer weiter vom europäischen Kontinent zurückziehen. Deswegen werden Deutschland und andere europäische Führungsmächte zwangsläufig mehr Eigenverantwortung und Souveränität im Bereich der eigenen Verteidigung übernehmen müssen – auch in wirtschaftlich angespannten Zeiten. Trump wird sehr wahrscheinlich zum Katalysator dieser Entwicklung werden, und vor allem auch die künftige Bundesregierung muss mit mehr Druck aus Washington rechnen – der aktuelle Schlagabtausch ist wahrscheinlich nur ein Vorgeschmack.

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