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Ramsan Kadyrow: Gerüchte um Erkrankung – verliert Putin den Verbündeten?


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Tschetschenen-Führer Kadyrow wohl krank
Ohne ihn droht Chaos


Aktualisiert am 23.04.2024Lesedauer: 5 Min.
Ziemlich beste Freunde: Putin und sein tschetschenischer Statthalter Kadyrow beim Händeschütteln.Vergrößern des Bildes
Ziemlich beste Freunde: Putin und sein tschetschenischer Statthalter Kadyrow beim Händeschütteln. (Quelle: Alexei Druzhinin/Kreml-Poolbilder/leer)
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Tschetschenen-Führer Ramsan Kadyrow soll schwer krank sein. Damit wackelt für Putin eine wichtige Stütze im Ukraine-Krieg. So könnte es nun weitergehen.

Ein Medienbericht hat in Russland die Spekulationen um den Gesundheitszustand von Tschetschenen-Führer und Putin-Vertrauten, Ramsan Kadyrow, befeuert. Der kremltreue und für seinen brutalen Umgang mit Andersdenkenden bekannte Politiker leide unter einer unheilbaren Erkrankung der Bauchspeicheldrüse, schrieb die im Exil herausgegebene Zeitung "Nowaja Gaseta. Europa" am Montag. Mehr dazu lesen Sie hier.

Sollte es um Kadyrow tatsächlich so schlecht stehen, könnte das auch ein Problem für den russischen Präsidenten Wladimir Putin werden. Denn die beiden blicken nicht nur auf eine lange gemeinsame Geschichte zurück, Putin setzt auch im andauernden Angriffskrieg gegen die Ukraine auf die Unterstützungen des Tschetschenen-Führers.

Lange Verbundenheit zu Putin

Kadyrow und Putin verbindet eine lange gemeinsame Geschichte. Kadyrow ist Präsident der russischen Teilrepublik Tschetschenien. Schon sein Vater Achmat wurde von Putin zum Oberhaupt Tschetscheniens ernannt – als Belohnung dafür, dass er seiner Armee im zweiten Tschetschenienkrieg 1999 den Rücken kehrte und stattdessen auf russischer Seite kämpfte. In dem zehnjährigen Krieg, der viele Opfer unter der Zivilbevölkerung forderte, eroberte er die bis dahin als unabhängig geltende Region.

Achmats Amt war somit ein Dankeschön für dessen Verdienste im Krieg. 2004 wurde er dann von islamistischen Rebellen ermordet. Offiziell übernahm Aly Alchanow die Geschäfte in Tschetschenien, doch inoffiziell war Ramsan Kadyrow bereits damals an der Spitze. 2007, im Alter von 30 Jahren, übernahm er dann auch ganz offiziell den Posten. Bei der Wahl 2021 wurde er angeblich mit 99,6 Prozent im Amt bestätigt. Menschenrechtler kritisieren jedoch, dass es in Tschetschenien schon lange keine legitimen und freien Wahlen mehr gibt.

Furchtlos und korrupt

Doch nicht nur Wahlmanipulation wird Kadyrow vorgeworfen. So soll er seinen exklusiven Lebensstil durch Korruption finanzieren. Der 45-Jährige ist Vater von insgesamt zwölf Kindern und Mann von zwei Frauen. Jeder von ihnen soll er einen Palast in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny gebaut haben, ein dritter dient ihm laut Medienberichten als Regierungssitz. Auch eine Villa in Dubai soll er besitzen.

Mit Kritikern geht Kadyrow wenig zimperlich um. Die Mutter eines Regimekritikers wurde gewaltsam entführt. Der Moderator eines regimekritischen Telegram-Kanals "verschwindet". Kurz darauf tauchte ein Video von ihm auf, in dem er sich selbst Gewalt antat. Mehr zu den Vorwürfen lesen Sie hier.

Auch im Krieg gegen die Ukraine tritt Kadyrow als furchtloser und erbitterter Kämpfer auf – und spielt so eine unverzichtbare Rolle für Putin. Denn Kadyrow verdankt seine Macht zwar Putin, doch die Abhängigkeit ist längst beidseitig.

Auf seinem Telegram-Kanal sicherte Kadyrow seinem "Oberbefehlshaber" Wladimir Putin im Ukraine-Krieg stets uneingeschränkte Unterstützung zu. Im Jahr 2022 wollte er sogar Kiew einnehmen. "Damit inszeniert er sich erfolgreich als 'Bluthund' Putins, der, sobald sein 'Herrchen' den Befehl gibt, zum Angriff bereit ist", sagte Politikwissenschaftlerin Miriam Katharina Heß von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.

Gleichzeitig bediene Kadyrow auf seinem Kanal das Narrativ des "unerschrockenen, religiösen und warmherzigen Kriegshelden": Mit Propagandavideos, die Aufmärsche seiner Armee in Tschetschenien und angebliche Kriegshandlungen in der Ukraine zeigen, unterhält er seine Follower. Mit der Inszenierung seines islamischen Glaubens versucht er zudem, die überwiegend muslimisch geprägte tschetschenische Bevölkerung zu erreichen.

Machtapparat droht zu bröckeln

Dass Kadyrow tatsächlich gesundheitlich angeschlagen ist, ist nicht erst nach den neuesten Berichten wahrscheinlich. Bereits im vergangenen Jahr gab es Gerüchte über eine schwerwiegende Erkrankung. Zeitweise war davon die Rede, dass Kadyrow im Koma liege.

Aktuelle Videos auf seinem Telegram-Kanal, die eigentlich zeigen sollen, dass Kadyrow nicht beeinträchtigt ist, können diese brodelnde Gerüchteküche kaum beruhigen. Denn sie zeigen den tschetschenischen Machthaber, wie er beinahe reglos am Tisch sitzt und nur langsam und offenbar mit Mühe spricht.

Sollte Kadyrow wirklich schwer krank und vielleicht sogar bald tot oder regierungsunfähig sein, könnte dies die Machtverhältnisse in Tschetschenien ins Wanken bringen. Kadyrow hatte seinen Machtapparat stark auf sich persönlich zugeschnitten, etablierte einen regelrechten Personenkult. Sollte er nicht mehr an der Spitze der Regierung stehen, droht auch das komplette Macht- und Kontrollsystem zu bröckeln. Und seine präferierte Lösung ist derzeit noch unwahrscheinlich.

Kadyrow baute Söhne als Nachfolger auf

Denn eigentlich hätte Kadyrow am liebsten jemanden aus der eigenen Familie als Nachfolger. Immerhin hatte auch er einst die Geschäfte von seinem Vater übernommen. So versuchte Kadyrow in den vergangenen Jahren, seine Söhne in Stellung zu bringen.

Zwölf Kinder von zwei Frauen soll Ramsan Kadyrow haben, seine Söhne Achmat, Eli und Adam hat der Herrscher über die russische Teilrepublik immer wieder öffentlich auftreten lassen, zum Beispiel bei "Mixed Martial Arts"-Turnieren. Bei dieser Kampfsportart treten die Kontrahenten in einem Käfig gegeneinander an und bearbeiten sich gegenseitig mit Hieben und Tritten – für einen brutalen Diktator wohl eine angemessene Form der Herrschaftsinszenierung.

Video | Kadyrow-Sohn verprügelt Gefangenen
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Quelle: t-online

Ganz fair ging es bei diesen Kämpfen aber wohl nicht zu, wie das unabhängige russische Portal "meduza.io" berichtet. Die Gegner der Kadyrow-Kinder hätten alle auffallend passiv gekämpft und es kaum gewagt, ihre Kontrahenten anzugehen, schreibt "meduza.io" über ein MMA-Turnier 2018 in Grosny. Die Kadyrows dagegen hätten alle munter auf ihre Gegner eingedroschen. Für ihre Beteiligung an der Farce – inklusive eines hollywoodreifen K.-o. – seien die "Gegner" der Kadyrows aber stattlich entlohnt worden, heißt es.

"Schwerer Schlag für Putins Regime"

Allerdings hatte Kadyrow wohl darauf gesetzt, noch länger selbst den Führungsposten zu bekleiden. Zwar hatte etwa Adam im vergangenen Jahr einen Posten im Sicherheitsdienst seines Vaters erhalten. Er leitet dort die Sicherheitsabteilung des tschetschenischen Staatschefs. Doch ob sein Vater ihn oder seine ein und zwei Jahre älteren Brüder schon jetzt als Nachfolger einsetzen wird, ist ungewiss.

Deshalb riefen schon die ersten Gerüchte über einen verschlechterten Gesundheitszustand im vergangenen Jahr große Unsicherheit im Kreml hervor. Die US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) schrieb damals: "Die Destabilisierung von Kadyrows Herrschaft in Tschetschenien wäre ein schwerer Schlag für Putins Regime", da ein durch Gewalt befriedetes Tschetschenien damals Putins Aufstieg zum populären Präsidenten markiert habe. Unruhen in Tschetschenien könnten zudem Putins Position erheblich schwächen.

Eine Option, die Macht in der Familie zu behalten, wäre deshalb auch der 54-jährige Adam Delimchanow. Er ist der Cousin von Kadyrow, wurde in der Vergangenheit bereits als möglicher Nachfolger gehandelt und ist Mitglied der Staatsduma und der Putin nahestehenden Partei "Einiges Russland".

Verwendete Quellen
  • meduza.io: Ramzan Kadyrov’s 15-year-old son, who beat a prisoner on camera, given top position in Chechen leader’s security service (englisch)
  • Mit Material der Nachrichtenagenturen dpa und Reuters
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