Bei Baerbock-Besuch China versichert: "Wir liefern keine Waffen an Konfliktparteien"
Außenministerin Baerbock gilt in Peking als besonders China-kritisch. Womöglich bekommt sie gerade deswegen einen großen Bahnhof. Doch in der Sache bleibt Außenminister Qin Gang knallhart.
Nach einem mehrstündigen Gespräch zwischen den Außenministern Baerbock und Qin Gang in Peking versichert China, Russland im Krieg gegen die Ukraine aktuell und auch künftig nicht mit Waffen zu beliefern.
Auch der Export sogenannter Dual-Use-Güter, die zivil als auch militärisch verwendet werden können, solle kontrolliert werden. Baerbock hatte die chinesische Regierung zuvor eindringlich aufgefordert, sich stärker als bisher in Moskau für ein Ende des Krieges einzusetzen.
Bei ihrem Antrittsbesuch hatten Baerbock und ihr chinesischer Kollege Qin Gang etwa zwei Stunden und damit fast doppelt so lange wie geplant im Format des deutsch-chinesischen strategischen Dialogs miteinander beraten. Einigung in Fragen der Menschenrechte oder in der Haltung gegenüber Taiwan konnte allerdings nicht erzielt werden. Vor den Journalisten traten sie höflich, aber direkt ins Gespräch.
Baerbock fordert von Peking mehr Einsatz für Kriegsende
Qin Gang betonte Chinas deeskalierende Rolle im Ukraine-Krieg und die Absicht, Friedensverhandlungen voranzubringen. Baerbock jedoch plädierte für einen stärkeren Druck Chinas gegenüber Russland, den Krieg zu beenden. Wie der Besuch von Präsident Xi Jinping in Moskau zeige, habe kein anderes Land mehr Einfluss auf Russland.
Chinas Lösungsansätze für den Konflikt seien zwar ein Schritt in die richtige Richtung, im Hinblick auf ein im Westen kritisiertes Positionspapier Pekings zum Ukraine-Krieg würde allerdings deutlich, dass die Regierung um Xi Jinping deutlich direktere Aufforderungen, den Krieg zu stoppen, an den Aggressor Russland stellen könnte. Als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat trage China eine besondere Verantwortung, die auch Europas Kerninteressen maßgeblich beeinflusse.
Taiwan-Konflikt: "Horrorszenario" für Weltwirtschaft
Baerbock warnte vor einer militärischen Eskalation um die demokratische und von China beanspruchte Inselrepublik Taiwan. Qin Gang hingegen bezeichnete die Unabhängigkeitsbestrebungen des Inselstaats als "ursprüngliche Wurzel der Probleme".
Da durch die Meerenge der Taiwanstraße 50 Prozent des globalen Handelsverkehrs verlaufen, müssten Konflikte mit Taiwan friedlich gelöst werden, um eine globale Wirtschaftskrise – von der auch China betroffen wäre – zu vermeiden. Die Insel, auf der 23 Millionen Menschen leben, hat seit mehr als 70 Jahren eine eigene Regierung, wird von der Volksrepublik China jedoch als Teil des eigenen Staatsgebiets betrachtet. Baerbock bekräftigte die deutsche Ein-China-Politik, wonach Peking als einzig legitime Regierung Chinas anerkannt wird und keine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan unterhalten werden.
Nach der Invasion Russlands in der Ukraine werden Befürchtungen lauter, China könnte im Falle Taiwan ähnliche Absichten hegen. Dies würde zu einer Auseinandersetzung mit den USA führen und auch Baerbock betont, Deutschland werde eine Annexion Taiwans durch China nicht hinnehmen.
Qin Gang über Menschenrechte: "Keine einheitlichen Standards in der Welt"
Auch bei dem Thema Menschenrechte driften die Ansichten weit auseinander: Als Antwort auf Baerbocks Kritik an der Einschränkung der Freiräume für die Zivilgesellschaft und die Menschenrechte in China entgegnete Qin Gang, China brauche keinen "Lehrmeister aus dem Westen". Aufgrund von kulturellen und historischen Unterschieden wäre eine international gültige Auffassung der Menschenrechte nicht möglich.
Baerbock verwies dem entgegnend auf die UN-Charta und die UN-Menschenrechtskonvention, an deren universelle Menschenrechte alle UN-Mitglieder gebunden seien.
Auf die Vorwürfe über Verfolgung besonders der muslimischen Uiguren in der Nordwestregion Xinjiang entgegnete Chinas Außenminister, es gehe dabei nicht um Menschenrechte, sondern um den Kampf gegen Radikalismus und Separatismus. Es gebe anti-chinesische Kräfte im Ausland, die die Xinjiang-Frage benutzten, um Chinas Aufstieg eindämmen zu wollen.
Mit 350 km/ h nach Peking
Die chinesische Führung bereitete Baerbock, die in Peking als besonders chinakritisch innerhalb der deutschen Bundesregierung gilt, insgesamt einen freundlichen Empfang.
In der Hafenstadt Tianjin traf sie einige hochrangige chinesische Politiker – darunter neben dem Außenminister auch den Vizepräsidenten Han Zheng.
Gemeinsam mit ihrem chinesischen Amtskollegen besuchte Baerbock am Freitagmorgen ein deutsches Unternehmen für Elektromobilität. Der Minister stammt selbst aus der Wirtschaftsmetropole. Das Unternehmen Vitesco mit Sitz im bayerischen Regensburg produziert in Tianjin seit 2019 vollintegrierte elektrische Achsantriebe. Seit November 2021 betreibt die Gruppe dort ein Forschungs- und Entwicklungszentrum.
Anschließend fuhren sie gemeinsam im Hochgeschwindigkeitszug mit einem Tempo von bis zu 350 Kilometern in der Stunde nach Peking. Sie konnte dabei mit ihrer Delegation direkt auf den Bahnsteig zu dem Schnellzug vorfahren. Auch bei der Ankunft am Bahnhof Peking Süd wartete schon die Kolonne am Bahnsteig.
- Nachrichtenagentur dpa