Cosco-Einstieg in Hamburger Hafen Lindner will Einflussnahme Chinas in Deutschland begrenzen
Die chinesische Reederei Cosco steigt mit Erlaubnis der Bundesregierung im Hamburger Hafen ein. Lindner will daher das Außenwirtschaftsrecht zu ändern.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) will gesetzliche Vorkehrungen treffen, um die chinesische Einflussnahme in Deutschland zu begrenzen. Peking wolle "Abhängigkeiten schaffen und Einfluss nehmen", sagte der FDP-Vorsitzende den Funke-Zeitungen. "Deshalb muss das Außenwirtschaftsrecht verändert werden." Das Finanzministerium habe dazu "aus Anlass des Falls Cosco eine Initiative ergriffen". SPD-Chef Lars Klingbeil sagte am Sonntag, es müsse dringend festgelegt werden, "in welchen strategischen Bereichen wir China draußen halten".
Lindner hält die Entscheidung der Regierung zum Hamburger Hafen gleichwohl für "verantwortbar". Der chinesische Staatskonzern Cosco beteilige sich an einer Gesellschaft, die kein Eigentum am Hafen habe, sondern lediglich einen befristeten Pachtvertrag für eines von mehreren Terminals. Es gebe somit keinen strategischen Einfluss auf die Infrastruktur. "Außerdem ist die Beteiligung unterhalb der Schwelle von 25 Prozent, so dass es nicht zu einer beherrschenden Rolle innerhalb dieses Unternehmens kommt."
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Das Bundeskabinett hatte am vergangenen Mittwoch trotz breiter politischer Bedenken grünes Licht für einen Einstieg der staatlichen chinesischen Reederei Cosco beim Hamburger Hafen gegeben. Auf Druck mehrerer Ministerien, allen voran des Bundeswirtschaftsministeriums von Robert Habeck (Grüne), wurde dem Staatskonzern nur eine Beteiligung von weniger als 25 Prozent erlaubt. Am kommenden Freitag ist Scholz zu seinem Antrittsbesuch als Bundeskanzler in China.
Baerbock warnt vor Abhängigkeit von China
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) kritisierte die Entscheidung des Bundeskabinetts für den Einstieg der chinesischen Reederei Cosco in einen Terminal-Betreiber im Hamburger Hafen. Zwar sei erreicht worden, dass Cosco mit einer Beteiligung von unter 25 Prozent keine Dinge mehr blockieren und nicht alle Geschäftsunterlagen der Betreibergesellschaft einsehen könne, sagte sie am Sonntag in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin". Die Grünen-Politikerin bekräftigte aber: "Ich hätte es bekanntermaßen richtig gefunden, wenn sie gar nicht daran beteiligt wären."
Zur Begründung verwies sie auf Erfahrungen, nach denen Chinas Beteiligungen an wichtigen Teilen der Infrastruktur zu Abhängigkeiten führten, aus denen man nicht so schnell wieder herauskomme. Die Bundesregierung hatte das Terminal Tollerort in Hamburg allerdings nicht als kritische Infrastruktur eingestuft. "China verbietet es, dass ausländische Unternehmen in deren Infrastruktur investieren können, verbietet Unternehmen, in China (...) aktiv zu sein. Und wir erlauben dann all das in unserem Land?", sagte Baerbock. "Auch das ist doch eine absolute Wettbewerbsverzerrung."
Die Grünen-Politikerin erinnerte daran, dass im Koalitionsvertrag ein neuer Kurs gegenüber China verabredet worden sei. China verändere sich und werde immer autoritärer, schotte sich immer mehr ab und setze immer mehr seine eigenen Regeln und halte sich nicht an internationales Recht. Trotzdem könne man sich von dem Land nicht einfach abkoppeln, weil man versuchen müsse, globale Fragen wie Klimaschutz auch mit Peking zu besprechen.
Chip-Hersteller Elmos: Regierung prüft Übernahme
Zum Fall des Dortmunder Chip-Herstellers Elmos wollte sich Finanzminister Lindner nicht äußern: "Dazu kann ich noch keine Auskunft geben." Das liege noch im Bundeswirtschaftsministerium. Die Bundesregierung überprüft eine Übernahme der Chip-Fertigung von Elmos durch den schwedischen Konkurrenten Silex, der eine Tochter des chinesischen Konzerns Sai Microelectronics ist.
Lindner verwies in dem Zusammenhang darauf, dass der Staat sechs Milliarden Euro investiere, damit in Magdeburg ein hochmodernes Chip-Werk des amerikanischen Herstellers Intel entstehen könne. "Das stärkt unsere Unabhängigkeit", betonte der Bundesfinanzminister.
Klingbeil: Menschenrechtslage in China deutlich zugespitzt
SPD-Chef Klingbeil sagte auf dem Juso-Bundeskongress in Oberhausen, die Menschenrechtslage in China habe sich in den vergangenen Jahren noch einmal deutlich zugespitzt. Das müsse "klar benannt werden". Mit einem Land wie China müsse es immer auch politischen Dialog und Austausch geben. Er betonte zugleich: "China muss draußen bleiben, wenn es um die Sicherheit, um die Souveränität unseres Kontinents geht."
Als Beispiele nannte Klingbeil die Bereiche Digitalisierung, kritische Infrastrukturen oder die Frage von Daten und künstlicher Intelligenz. Bei all dem habe "China in Europa nichts verloren", betonte der SPD-Vorsitzende.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Parteilinke Sebastian Roloff sagte dem "Handelsblatt", er stehe Lindners Vorstoß für eine Überarbeitung des Außenwirtschaftsrechts "grundsätzlich offen" gegenüber. "Unsere kritische Infrastruktur muss geschützt werden, und wenn gesetzliche Veränderungen dies erleichtern, sollte dieser Weg gegangen werden."
Nouripour fordert grundsätzliche Neuausrichtung
Grünen-Chef Omid Nouripour forderte vor der China-Reise des Kanzlers eine grundsätzliche Neuausrichtung. "Das letzte dreiviertel Jahr hat deutlich gemacht, wie verwundbar wir sind, wenn wir uns abhängig machen von Autokraten", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Entsprechend kann es kein "Weiter so" in den Handelsbeziehungen mit China geben." Es müssten vor allem gleiche Wettbewerbsbedingungen gelten.
Deutschland brauche eine Außenwirtschaftspolitik, "die vorausschauend und verantwortungsvoll ist, die unsere Verwundbarkeit reduziert und unsere kritische Infrastruktur schützt", betonte Nouripour.
- Nachrichtenagentur AFP