Demonstranten im Kapitol Kongresssitzung nach Trump-Aufruf abgebrochen
Die Verkündung des Wahlergebnisses im US-Kongress ist eigentlich eine Formalie. Doch die Republikaner versuchen sie zu torpedieren. Vor dem Kapitol gerät die Lage außer Kontrolle.
Im US-Kongress in Washington ist am Nachmittag (Ortszeit) die Verlesung der Ergebnisse der Präsidentenwahl, mit der der Sieg von Joe Biden durch die Volksvertreter formal anerkannt wird, unterbrochen worden. Vor der Sitzung rief der abgewählte Amtsinhaber Donald Trump bei einer Kundgebung seinen Stellvertreter Mike Pence dazu auf, das Ergebnis noch zu kippen. Der Vizepräsident solle bei der Sitzung des Parlaments einschreiten, forderte Trump am Mittwoch in Washington.
"Wenn Mike Pence tut, was richtig ist, werden wir die Wahl gewinnen", sagte Trump vor Tausenden Anhängern. Pence solle die Ergebnisse ablehnen und an die Bundesstaaten zurücksenden, sagte er. Das Gesetz sieht für Pence bei der Sitzung im Kongress jedoch nur eine zeremonielle Rolle vor.
- Meinung: Trump verlangt Unmögliches
Trump hatte Pence bereits zuvor über Twitter aufgefordert, sich bei der Sitzung des Kongresses für den von ihm gewünschten Wahlsieg einzusetzen. Der Vize aber wies Medienberichten zufolge die Forderung deutlich zurück. Er habe dazu schlicht nicht die Befugnis, soll Pence gegenüber Trump klar gemacht haben, berichtet der Sender CNN. Zuvor hatte dies auch die "New York Times" vermeldet. US-Präsident Trump bezeichnete die Informationen als falsch. Er und Pence stimmten darin überein, dass er gegen das Ergebnis vorgehen könne.
Nach Trumps Rede zogen Tausende Demonstranten vor das Kapitol. Es kam zu Rangeleien zwischen Trump-Anhängern und der Polizei. Einigen Dutzend Demonstranten gelang es, in das Parlamentsgebäude einzudringen. Die Lage war zunächst unübersichtlich. Mehr dazu lesen Sie hier.
Störfeuer der Republikaner beginnen
Am frühen Nachmittag (Ortszeit) begann die gemeinsame Sitzung der Kongresskammern mit der Verlesung der Ergebnisse aus den einzelnen Bundesstaaten. Im Fall von Arizona, wo Biden knapp gegen Trump gewonnen hatte, erhob der Republikaner Paul Gosar Einspruch gegen die Auszählung. Die Sitzung wurde daraufhin unterbrochen, die Mitglieder von Senat und Repräsentantenhaus zogen sich zur Beratung des Einspruchs in ihre jeweiligen Kammern zurück.
Der Demokrat Joe Biden hat sich bei der Wahl im November klar gegen Trump durchgesetzt und soll am 20. Januar als neuer US-Präsident vereidigt werden. Trump jedoch nährt bei seinen Unterstützern seit Wochen ohne Beweise die Legende, er sei durch massiven Wahlbetrug um eine zweite Amtszeit gebracht worden. Dutzende entsprechende Klagen Trumps wurden von US-Gerichten abgeschmettert.
Pence wird der gemeinsamen Sitzung der beiden Kammern im Kongress als Präsident des Senats vorstehen. Bei der Bestätigung der Ergebnisse – üblicherweise eine reine Formalität – planen mehrere republikanische Senatoren und Abgeordnete eine Störaktion. Sie haben angekündigt, Wahlergebnissen einzelner Bundesstaaten zu widersprechen und damit eine Debatte und Abstimmungen in den beiden Kammern zu erzwingen.
Das Prozedere dürfte die Bestätigung um Stunden verzögern, kann das Ergebnis jedoch letztlich nicht ändern. Dafür wäre eine Mehrheit in beiden Parlamentskammern nötig – im Repräsentantenhaus haben aber Bidens Demokraten die Mehrheit.
- Nachrichtenagentur dpa