US-Wahlkampf in Fahrt Umfrage: Bidens Vorsprung vor Trump geschrumpft

Trotz seiner neuen Vize-Kandidatin Kamala Harris verliert Joe Biden in einer neuen Umfrage leicht an Zustimmung. Harris bereitet sich derweil auf "schmutzige Taktiken" vom Trump-Lager vor.
Weniger als drei Monate vor der US-Wahl hat Präsident Donald Trump laut einer neuen Umfrage aufgeholt. Der Vorsprung seines Rivalen von den Demokraten, Joe Biden, sei seit Juni deutlich geschrumpft, berichtete der TV-Sender CNN am Sonntag (Ortszeit). Das Meinungsforschungsinstitut SSRS befragte dafür zwischen dem 12. und 15. August 1.108 Wähler.
Die Umfrage wurde durchgeführt, nachdem Biden am vergangenen Dienstag bekanntgegeben hatte, sich für die Senatorin Kamala Harris als Vize-Kandidatin entschieden zu haben. 50 Prozent der befragten Wähler gaben an, Biden und Harris unterstützen zu wollen. 46 Prozent sprachen sich für Trump und seinen Vize Mike Pence aus. Zum Vergleich: Anfang Juni hatten in der Umfrage noch 55 Prozent angegeben, Biden zu unterstützen. Trump lag bei lediglich 41 Prozent.
In 15 sogenannten Swing States, in denen die Wählermehrheiten immer wieder wechseln, sieht die Umfrage Biden und Trump Kopf an Kopf (49 zu 48 Prozent).
Kompliziertes Wahlsystem in den USA
Die Webseite "FiveThirtyEight", die zahlreiche Umfragen auswertet und daraus einen Durchschnitt bildet, sieht Biden derzeit landesweit bei 51 Prozent der Stimmen, Trump bei 43 Prozent.
Landesweite Befragungen haben wegen des komplizierten Wahlsystems in den USA begrenzte Aussagekraft. Für einen Sieg ist nicht die Mehrheit der Wählerstimmen, sondern eine Mehrheit von 270 Wahlleuten aus den Bundesstaaten ausschlaggebend. Trump war es 2016 überraschend gelungen, die drei Swing States Pennsylvania, Michigan und Wisconsin zu gewinnen. Selbst wenn er zwei davon in diesem Jahr verlöre, käme er auf ausreichend Wahlleute – vorausgesetzt, er kann alle anderen Bundesstaaten halten, in denen er sich 2016 durchgesetzt hatte.
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Harris erwartet "schmutzige Taktiken" von Trump-Lager
Harris verkündete derweil in einem am Sonntag veröffentlichten Interview der Online-Plattform "The Grio", dass sie sich auf "schmutzige Taktiken" des Wahlkampfteams von Trump einstelle. "Sie werden Lügen benutzen, sie werden Täuschung benutzen", sagte Harris "Sie werden den Versuch unternehmen, von den wirklichen Problemen abzulenken, die das amerikanische Volk betreffen." Sie und Joe Biden, der designierte Präsidentschaftskandidat der Demokraten, seien darauf vorbereitet.
Die mögliche Stellvertreterin Bidens war in dem Interview darauf angesprochen worden, dass Trump vergangene Woche einer als rassistisch kritisierten Verschwörungstheorie neuen Raum verschafft hatte. Der konservative Jurist John Eastman hatte im Magazin "Newsweek" in einem Gastbeitrag bezweifelt, dass Harris Vizepräsidentin werden dürfe, weil ihre Eltern bei ihrer Geburt noch keine US-Bürger gewesen seien. Die Senatorin aus Kalifornien kam 1964 als Tochter von Einwanderern aus Jamaika und Indien in den USA zur Welt. Falls Trump im November gegen Biden verliert, würde sie erste schwarze Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten.
Trump distanzierte sich nicht von Verschwörungstheorie
Trump war bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus am Donnerstag danach gefragt worden und widersprach den Zweifeln nicht. Am Samstag wurde er erneut darauf angesprochen. Er wisse nichts darüber, er habe lediglich einen "schnellen Artikel" darüber gelesen, sagte Trump. "Das ist nichts, was ich verfolgen werde." Gleichzeitig lobte er – erneut – den Autor des Textes.
Die auch im Internet kursierende Behauptung erinnert an die Bewegung der "Birther", die den Geburtsort von Ex-Präsident Barack Obama und damit seine Qualifikation fürs höchste Staatsamt infrage gestellt hatten. Eine der prominentesten Vertreter der Theorie, wonach Obama in Kenia geboren worden sein soll, war Trump selbst. Obama, erster schwarzer Präsident, kam im US-Bundesstaat Hawaii zur Welt. Harris wurde in Oakland geboren.
Am Montag beginnt der Parteitag der Demokraten, bei dem Biden offiziell zum Präsidentschaftskandidaten gekürt werden soll. Die viertägige Veranstaltung findet wegen der Corona-Pandemie weitgehend online und über Videokonferenzen statt und nicht wie ursprünglich geplant mit Tausenden Delegierten und Zehntausenden Gästen in Milwaukee im US-Bundesstaat Wisconsin. US-Präsident Donald Trump hat für die kommenden Tage ein eigenes Programm mit Auftritten in mehreren Bundesstaaten angekündigt.
- Nachrichtenagenturen dpa und afp