Trump in Großbritannien Der Oberlehrer aus Washington
Trump ist für viele Briten eine Reizfigur, nun kommt er zum Staatsbesuch. Bei den Brexit-Hardlinern hat er viele Fans – doch Massenproteste gegen ihn sind vorprogrammiert.
Inmitten des zuletzt nochmals verschärften Brexit- und Regierungschaos in London kommt Donald Trump am Montag zum Staatsbesuch nach Großbritannien. Der Besuch des US-Präsidenten ist alles andere als dazu geeignet, die aufgewühlten britischen Gemüter zu beruhigen.
Zwar hat Trump auf der Insel durchaus seine Fangemeinde – vor allem unter den Brexit-Hardlinern. Doch für viele Briten ist der US-Präsident wegen seiner Unterstützung für einen harten Bruch mit der EU, seiner fremdenfeindlichen Rhetorik und restriktiven Einwanderungspolitik sowie seines ungehobelten Auftretens ein unerwünschter Gast: Wie schon bei Trumps vorherigem Besuch im vergangenen Juli werden wieder Massenproteste erwartet.
Essen mit der Queen, Kaffee mit Charles, Bye-Bye mit May
Zum Auftakt des dreitägigen Besuchs werden Trump und Ehefrau Melania im Buckingham Palace von Queen Elizabeth II. empfangen. Später legen die Trumps einen Kranz am Grabmal des unbekannten Soldaten in der Westminister Abbey nieder, bevor sie Thronfolger Charles und dessen Frau Camilla zum Nachmittagstee besuchen. Am Abend steht ein Staatsbankett im Buckingham Palace auf dem Programm.
Am zweiten Besuchstag wird Trump vor allem mit der Premierministerin Theresa May zusammentreffen. Es ist ein Abschiedsbesuch. May wird wegen des Scheiterns ihres Brexit-Kurses bis Ende Juli abtreten.
Am letzten Besuchstag wird Trump an einer großen Militärfeier in Portsmouth zum 75. Jahrestag der Landung der Alliierten in der Normandie teilnehmen. Von der südenglischen Stadt waren am sogenannten D-Day am 6. Juni 1944 Kriegsschiffe nach Frankreich gestartet. Der US-Präsident reist von Großbritannien nach Irland und dann zu den Hauptfeierlichkeiten zum Jahrestag des D-Days in die Normandie weiter.
Trumps Fehltritte, Trumps Mitleid
Großes Augenmerk wird die britische Öffentlichkeit auf Trumps Verhalten gegenüber der Queen richten. Bei seiner Visite im Juli – damals noch ein Arbeits- und kein Staatsbesuch – hatte er sich gleich mehrere Fehltritte geleistet.
So verbeugte sich Trump bei der Begrüßung nicht vor dem Staatsoberhaupt. Und beim Abschreiten der Ehrengarde ging er einige Schritte vor der Queen. Später plauderte der Präsident sogar noch Inhalte seines Gesprächs mit der Monarchin aus – das Protokoll des Königshauses gebietet Vertraulichkeit.
Auch gegenüber der Premierministerin benahm sich Trump im Juli daneben. Im Boulevardblatt "The Sun" fuhr er damals kurz vor ihrem Treffen eine Frontalattacke gegen May und ihren relativ moderaten Brexit-Kurs: Er habe der Regierungschefin "gesagt, wie sie es machen soll", aber "sie hat nicht auf mich gehört".
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Es war damals nicht das erste Mal, dass Trump die Premierministerin oberlehrerhaft abkanzelte. Und Trump ging sogar noch weiter, indem er im selben Interview dem May-Rivalen und Brexit-Hardliner Boris Johnson ein Einser-Zeugnis ausstellte: Der Ex-Außenminister wäre ein "großartiger Premierminister". Inzwischen hat Johnson wohl tatsächlich gute Chancen, May zu beerben.
Allzu viel Herzlichkeit kann Trump beim Besuch der scheidenden Regierungschefin also nicht erwarten – auch wenn er nach eigenem Bekunden viel Mitgefühl mitbringt. "Theresa tut mir leid. Ich mag sie sehr", sagte er neulich.
Die berühmte Trump-Puppe in Gestalt eines heulenden Babys in Windeln soll wieder aufsteigen in den Himmel über London. Dies haben die Organisatoren der Proteste bereits angekündigt. Auch ansonsten wollen sie nahtlos anknüpfen an die Großdemos vom vergangenen Jahr. Angeprangert werden soll neben Trumps Einwanderungspolitik, seinen aufstachelnden Reden über Migranten und Minderheiten etwa auch sein Boykottkurs gegen den globalen Klimaschutz.
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Von den Protesten solle eine "starke Botschaft" ausgehen, dass Bürger im Vereinigten Königreich "die spalterische rechtsgerichtete Politik, für die Trump steht, nicht akzeptieren" und seine Einladung zu einem Staatsbesuch "völlig unangemessen" sei, kündigte die Stop Trump Coalition an.
- Nachrichtenagentur AFP