Comeback einer Eisernen Lady Nancy Pelosi ist jetzt Trumps mächtigste Gegenspielerin
In den eigenen Reihen gab es viel Widerstand gegen Pelosis Kandidatur für den Vorsitz des US-Repräsentantenhauses. Doch erneut hat sich die Demokratin durchgesetzt. Nun ist sie die Nummer drei im Staat.
Es ist eines der beachtlichsten Comebacks in der US-Politik seit Jahren: Die Demokratin Nancy Pelosi ist erneut zur Vorsitzenden des Repräsentantenhauses gewählt worden. Die 78-jährige langjährige Fraktionschefin der Demokraten ist damit die politisch mächtigste Frau im Land – und stärkste Gegenspielerin von Präsident Donald Trump. Sie stand der Kongresskammer bereits von 2007 bis 2011 vor.
Demokraten dominieren das Repräsentantenhaus
Der als "Speaker" bezeichnete Posten ist das nach Präsident und Vizepräsident dritthöchste Amt im Staat. Es fällt dem Chef der Mehrheitsfraktion zu. Die oppositionellen Demokraten hatten bei den Kongresswahlen im November rund 40 Sitze im Repräsentantenhaus hinzugewonnen und damit Trumps Republikanern die Mehrheit abgerungen.
Dennoch war Pelosi danach die Rückkehr an die Parlamentsspitze keineswegs sicher. Eine Gruppe von Abgeordneten wollte einen Führungswechsel durchsetzen. Im internen Machtringen wurde Pelosi aber ihrem Ruf als "Eiserner Lady" der US-Politik gerecht. Sie setzte sich mit der für sie typischen Mischung aus starkem Willen und taktischer Finesse durch.
Mal kühl, mal scharf
Dabei half ihr auch ein souveräner Auftritt, den sie im Dezember bei einem Wortgefecht mit dem Präsidenten im Oval Office hinlegte. Die 17-minütige Konfrontation vor Live-Kameras drehte sich um die von Trump gewünschten Milliardensummen für seine Grenzmauer – und lieferte einen Ausblick darauf, wie Pelosi mit dem Präsidenten in dessen zweiter Amtshälfte umzugehen gedenkt.
Pelosi blieb ruhig und kontrolliert, während Trump wie üblich polterte und provozierte. Als der Präsident ihr unterstellte, wegen ihres internen Machtkampfes im Handlungsspielraum eingeschränkt zu sein, entgegnete sie kühl: "Bitte beschreiben Sie nicht die Stärke, die ich in dieses Treffen mitbringe."
In der Sache bleibt Pelosi hart
Schärfer wurde Pelosi erst anschließend bei einem Treffen mit Parteikollegen: Das Treffen mit Trump beschrieb sie als "Pinkelwettbewerb mit einem Stinktier", das Mauerprojekt als Auswuchs seines Macho-Gehabes: "Als ob Männlichkeit jemals mit ihm in Verbindung gebracht werden konnte."
Auch diese Lästereien setzte Pelosi womöglich ein, um Punkte für ihre Bewerbung um den "Speaker"-Job zu sammeln. In der Sache blieb sie aber hart: Kurz vor Weihnachten führte der Streit um die Milliarden für Trumps Grenzmauer zu einem Stillstand der Regierung, weil keine Einigung gelang und deshalb eine Haushaltssperre in Kraft trat.
Den internen Widerstand gegen ihre Rückkehr an die Parlamentsspitze überwand Pelosi auch mittels der Zusage, den Posten nur bis zum Jahr 2022 ausüben zu wollen. Doch auch wenn sie sich nochmal durchgesetzt hat – alle Kritiker in den eigenen Reihen komplett überzeugt hat die Politveteranin sicherlich nicht.
Herausragendes politisches Talent
Die Pelosi-Skepsis in Teilen der eigenen Partei hat mit ihrer relativ geringen Beliebtheit in der Bevölkerung zu tun. Zumindest teilweise ist dies wiederum das Ergebnis jahrelanger Stimmungsmache von Rechts. Konservative porträtieren die Ehefrau eines millionenschweren Finanz- und Immobilieninvestors, die seit mehr als 30 Jahren den Wahlkreis von San Francisco vertritt, als Inkarnation einer abgehobenen linken Elite.
Dass sich die fünffache Mutter und neunfache Großmutter seit inzwischen mehr als anderthalb Jahrzehnten als Fraktionschefin hält, zeugt jedoch von ihrem herausragenden politischen Talent. Die Politik hat sie im Blut: Pelosi entstammt einer italo-amerikanischen Familie aus Baltimore, wo ihr Vater und ihr Bruder Bürgermeister waren.
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Pelosi machte die Politik aber erst im Alter von 47 Jahren zu ihrer Hauptbeschäftigung, nachdem sie ihre Kinder großgezogen hatte. Nach ihrem Einzug ins Repräsentantenhaus 1987 arbeitete sie sich beharrlich hoch. Als Fraktionschefin sorgte sie über die Jahre für weitgehende Geschlossenheit in den eigenen Reihen – ein Kunststück, das ihr nun auf dem Weg zurück auf den "Speaker"-Posten erneut gelungen ist.
- Nachrichtenagentur AFP