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Ivanka Trump und die Politik: Lehnt sie sich gegen Donald Trump auf?


Trumps Tochter und die Politik
Wohin will Ivanka?

Ein Porträt von Fabian Reinbold, Washington

Aktualisiert am 03.08.2018Lesedauer: 6 Min.
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Ivanka Trump (auf der Militärbasis Andrews im Januar 2018) will sich auf die Politik konzentrierenVergrößern des Bildes
Ivanka Trump (auf der Militärbasis Andrews im Januar 2018) will sich auf die Politik konzentrieren (Quelle: Kevin Lamarque/reuters)

Erst enttäuschte sie Hoffnungen, dann tauchte sie ab. Jetzt drängt Ivanka Trump im Weißen Haus wieder

Ivanka Trump versteht die Frage nicht. "Entschuldigung?", sagt sie. Der Interviewer muss sie ein zweites Mal stellen: "Denken Sie, dass die Medien der Feind des Volkes sind?"

Ivanka verzieht die Miene. "Nein", sagt sie, "muss ich das etwa noch ausführen?"

Sie sagt das so, als sei es völlig abwegig, sie nach der berühmt-berüchtigten Aussage ihres Vaters zu befragen, der bekanntlich mit seiner Verachtung für die Presse Politik macht.

Ihre Antwort wird für Stress im Weißen Haus sorgen und einen Tweet des Vaters nach sich ziehen. Und das liegt auch daran, dass sie sich selten so öffentlich äußert.

Eines der größten Rätsel in Washington

Ivanka Trump ist eines der größten Rätsel in Washington. Die 36-Jährige ist die vielleicht engste Vertraute und eine der wichtigsten Beraterinnen des Präsidenten, liegt mit ihm aber bei vielen Themen über Kreuz.

Und nachdem sie sich monatelang zurückgezogen hatte, hat sie nun Entscheidungen für die Politik getroffen. Sie gab vor zwei Wochen abrupt das Ende ihrer Modemarke bekannt, seit Anfang August gibt es keine neuen "Ivanka Trump"-Blazer und -Handtaschen mehr zu kaufen

Sie wolle sich jetzt ganz ihrer Rolle als Beraterin des US-Präsidenten widmen, sagt sie. Aber warum? Und was will sie erreichen?

Diese Fragen und das seltsame Verhältnis zu ihrem Vater hängen in der Luft, als sie sich am Donnerstag auf ein Podium des Washingtoner Insiderportals "Axios" setzt. Gekommen sind Fans, Presse und auch viele Mitzwanzigerinnen, die in Washington Karriere machen wollen, so wie Ivanka.

Sie erleben eine aufgekratzte "First Daughter", die so etwas sonst nicht macht. Zum Ende ihrer Modemarke sagt sie, sie habe ihre Mitarbeiter nicht weiter im Unklaren über die Zukunft lassen wollen. Kein Wort zu schlechten Verkaufszahlen, kein Wort zu möglichen Komplikationen, weil sie mitten im Handelsstreit in China fertigen ließ. Sie sagt also: nichts. Fragende Blicke im Publikum.

Nicht zum ersten Mal: Nach der Wahl 2016 war Ivanka, die sich in ihrem früheren Leben in New York liberal gab und den Demokraten nahestand, in Washington die große Hoffnung der Gemäßigten: Sie würde ihren Vater schon vom Gröbsten abbringen.

Ivanka und Ehemann tauchen ab

Das war, muss man nach den Erfahrungen der letzten Monate sagen, Quatsch. Donald Trump lässt sich nicht bändigen, auch nicht von seiner Tochter. Und Ivankas Schweigen zu zahlreichen Entgleisungen hat viele Hoffnungen enttäuscht.

Womöglich auch die von Angela Merkel, die die Präsidententochter anfangs versuchte einzuspannen, und sie nach Berlin einlud. Das ist vorbei.

Viele Monate lang waren Ivanka Trump und ihr Mann Jared Kushner, der ebenfalls als Berater im Weißen Haus wirkt, abgetaucht. Die Monate des Personalchaos haben "Javanka", wie das Duo in Washington genannt wird, die wichtigsten Verbündeten geraubt. Kushner selbst geriet ins Zwielicht, wegen seiner Rolle in der Russland-Affäre und der Frage, ob seine geschäftlichen Verbindungen ins Ausland ihn für den Zugang zu Staatsgeheimnissen disqualifizieren.

Abgesänge auf "Javanka"

Im Frühjahr gab es die ersten Abgesänge auf Javanka zu lesen. Im schicken Diplomatenviertel Kalorama, wo die Kushners eine Villa in direkter Nachbarschaft zu den Obamas und zum EU-Botschafter angemietet hatten, erzählte man sich: Die wollen schon wieder weg.

Doch weit gefehlt. Ivanka lud zuletzt wieder häufiger politische Gäste ins Haus: Abgeordnete beider Parteien, denen sie bei Cocktails gut Wetter machen wollte. Und im Weißen Haus zieht Trump senior nach seiner Entfremdung von Stabschef John Kelly die engste Familie wieder ins Vertrauen. Auch unmittelbar vor dem Singapur-Gipfel mit Kim Jong Un, der harsch kritisiert wurde, besprach sich Trump mit Tochter und Schwiegersohn, auch wenn die bislang nicht als Nordkorea-Experten aufgefallen waren.

Auch in der Öffentlichkeit übernahm Ivanka zuletzt eine stärkere Rolle: Sie weihte etwa den umstrittenen Neubau der US-Botschaft in Jerusalem ein. In den vergangenen Wochen reiste sie oft mit dem Präsidenten, um Initiativen aus ihrem Bereich Arbeitsmarkt voranzubringen: einen "nationalen Rat für den amerikanischen Arbeiter" und Initiativen für Aus- und Fortbildung.

Wenn es sein muss, vertritt sie auch die First Lady. Ende Mai spaziert Ivanka mit dem Präsidenten über den Südrasen des Weißen Hauses. Man hat reichlich Kinder und Mentoren zum "Sports and Fitness Day" geladen. Trump ist Trump und sagt, Sport sei gut für die Sozialkompetenz, aber er wisse nicht, ob er selbst so etwas besitze. Ivanka steht daneben, das Lächeln verrutscht nicht. Später schickt das Weißes Haus ein kleines PR-Video mit ihr in der Hauptrolle hinaus in die Welt.

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Sie spielt die gute Tochter. Zeigt in Peking Präsident Xi Jinping ein Video ihrer eigenen Tochter, die ein Lied auf Mandarin singt. Vertritt den Vater beim G20-Gipfel in Hamburg, als der Plausch des Vaters mit Wladimir Putin länger dauerte. Für "Washington Post"-Koluminstin Anne Applebaum ein Zeichen des Verkümmerns der US-Demokratie zur Vetternwirtschaft.

Auch daheim: Trump senior holzt gegen Einwanderer, Andersdenkende, Frauen, und Ivanka schweigt in der Regel.

Wenn sie eine Meinung äußert, dann sorgfältig austariert. Am Donnerstag wird sie gefragt, ob die Familientrennungen an der Grenze für sie der Tiefpunkt im Weißen Haus waren. Sie sagt, ja. Sie sei vehement dagegen, Familien zu trennen. Aber: Die Gesetze müssten befolgt werden. Ihre Mutter sei ja auch legal ins Land gekommen. Das Ganze sei ein schwieriges Thema.

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Als die Debatte vor wenigen Wochen in der Öffentlichkeit tobte, hatte sie geschwiegen. Auch als sie selbst zum Thema wurde, weil sie parallel zu den Trennungen an der Grenze ein inniges Foto mit ihrem Sohn bei Instagram gepostet hatte – was angesichts der grausamen Nachrichten von der Grenze makaber wirken konnte. Doch während die Krise tobte, kam von der Beraterin kein Wort zur Politik des Weißen Hauses.

"Nicht ohne meinen Vater"

Das ist die feine Linie, die Ivanka Trump ihr Leben lang entlang schleicht: Sie hat eine Meinung, äußert sie, solange es geht, aber lieber nicht. Wenn sie doch einmal muss, wie an diesem Donnerstag in Washington, dann tut sie es so vorsichtig, dass sie dabei nicht vom Präsidenten abrückt. "Nicht ohne meinen Vater", scheint ihr Motto zu lauten. Schließlich ist sie ihm schon auf dieselbe Wirtschaftsuni und in seine Firma gefolgt.

Schwieriger fällt ihr die Frage nach dem Höhepunkt im Weißen Haus zu beantworten. Sie sagt zunächst einmal, wie sehr sie es liebe, jeden Morgen in den Präsidentensitz in Washington zu gehen. "Es ist immerhin das Weiße Haus!"

Nur was will Ivanka Trump mit dieser Bedeutsamkeit anfangen? Mehr als nur an der Seite des Vaters zu sein?

Ihr Thema

Ihr Thema ist jetzt die Arbeitswelt: Sie schiebt Gesprächsrunden an, die sich um eine bessere Qualifizierung der Arbeitnehmer drehen, sowie um die Rolle von Frauen. Zu letzterem Thema hat sie schon vor der Zeit im Weißen Haus Bücher veröffentlicht und Webseiten befüllt.

Ihr größtes Projekt ist eine gesetzliche Regelung zur bezahlten Elternzeit. So gut wie jedes entwickelte Land hat Gesetze dazu, nur in den USA werden viele Firmen nicht darauf verpflichtet.

Ivanka Trump hat dafür gesorgt, dass ihr Vater das Thema in seine Wahlkampf- und Amtsreden hat einfließen lassen. Auch wenn er es oft so vorträgt, als komme die Elternzeit nun seiner Tochter zuliebe vor. Der Präsident ist nun einmal kein Kämpfer für Frau und Familie.

Für Ivanka könnte das Projekt ein erster wirklicher Erfolg werden. Wenn ihr Engagement dafür in einem Gesetz gipfelt, wäre es sogar ein historischer.

Kämpferin? Oder Komplizin?

Doch das wird schwer: Republikaner konnten sich bislang nicht groß dafür erwärmen – viele sähen es als Eingriff in die freie Wirtschaft. Und ein paar Demokraten bräuchte es auch für die Mehrheit im Senat. Doch da werkelt Ivanka auf verlorenem Posten. Ihr Vater fährt derart harte Attacken auf die Oppositionspartei, dass den Demokraten die letzte Lust an Kooperation längst vergangen ist.

Die gemäßigten Abgeordneten lassen sich zwar gern in die Villa der Kushners einladen. Manchen Besuchern winkt dabei auch ein Telefonat mit dem Papa. Doch sie sehen Ivanka Trump weniger als Kämpferin für ein überparteiliches Projekt, das dem Land gut täte. Sondern eher als Komplizin eines Präsidenten, der das Land spaltet.

Bei ihrem seltenen Auftritt am Donnerstag räumte Ivanka Trump ein, vor der Wahl im November werde es nichts mehr mit ihrem Elternzeitgesetz. Sie hoffe, sagte sie, auf eine Regelung im kommenden Jahr.

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