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Gnadenfrist für Strafzölle: Trump will von Europa einen guten Deal


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Gnadenfrist im Handelsstreit
Trump will von Europa einen guten Deal

Von Fabian Reinbold, Washington

Aktualisiert am 01.05.2018Lesedauer: 3 Min.
Angela Merkel und Donald Trump im Weißen Haus: Der US-Präsident gibt Europa eine zusätzliche 30-Tage-Frist.Vergrößern des Bildes
Angela Merkel und Donald Trump im Weißen Haus: Der US-Präsident gibt Europa eine zusätzliche 30-Tage-Frist. (Quelle: Evan Vucci/ap)
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Donald Trump gibt der EU einen letzten Aufschub: Erst im Juni will er Zölle auf Stahl und Aluminium erheben. Was kann ihm Europa bis dahin anbieten?

Es waren nur noch vier Stunden bis zur Deadline um Mitternacht. Donald Trump speiste gerade in seinem Washingtoner Hotel, da sickerten die ersten Meldungen durch: Der US-Präsident werde die Europäische Union doch noch in letzter Minute von den angedrohten Strafzöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte ausnehmen.

Es ist eine einmalige Fristverlängerung vom 1. Mai bis zum 1. Juni – und eine letztmalige, das machte die von Trump unterzeichnete Proklamation deutlich, die das Weiße Haus kurz darauf veröffentlichte.

Die Last-Minute-Entscheidung war mit Spannung erwartet worden. Sie gilt als wichtige Wegmarke in Trumps außen- und handelspolitischer Offensive. Dabei nutzt der US-Präsident die Zölle nicht nur zum Schutz der heimischen Industrie, sondern als Druckmittel, um Zugeständnisse in anderen Handelsfragen zu erreichen.

Bis zuletzt belässt Trump Freund und Feind gern im Unklaren, so war es auch dieses Mal. Kurz vor dem Ende der Deadline hatten sich sowohl mehrere Berater Trumps als auch die Betroffenen im Unklaren darüber gezeigt, ob die US-Regierung die engeren Verbündeten doch noch längerfristig von den Strafmaßnahmen befreien würde.

Einknicken oder beharren?

Unternehmer und Analysten befürchten einen Handelskrieg zwischen der EU und den USA, falls die Zölle erhoben werden. Brüssel hat längst einen Katalog von Vergeltungsmaßnahmen ausgearbeitet. Nun hat die EU einen Monat mehr Zeit zum Verhandeln, um diesen Ernstfall zu verhindern. Dies trifft auch auf Mexiko und Kanada zu.

Mit Argentinien, Australien und Brasilien sind solche Verhandlungen laut dem Weißen Haus bereits weit fortgeschritten. Auch sie erhalten Aufschub. Zu diesen Abmachungen sind allerdings noch keine Details bekannt.

Verbündete haben auf Donald Trumps Zoll-Offensive auf sehr unterschiedliche Weise reagiert. Südkorea etwa ist eingeknickt und hat sich bereiterklärt, 30 Prozent weniger Stahl und Aluminium nach Amerika zu exportieren. Japan hingegen hat sich widersetzt und bezahlt bereits seit Ende März Strafzölle für Stahl und Aluminium.

Die Option TTIP light

Auch die EU stürzte der US-Präsident mit seinen Drohungen in hektische Beratungen. Zuletzt hatten die Europäer versucht, Trump ein Verhandlungsangebot über niedrige Zölle vorzulegen, eine Art "TTIP light" – dabei war es doch Trump selbst, der dem Freihandelsabkommen TTIP einst den Todesstoß versetzte. Verhandeln könne man darüber aber nur mit einer dauerhaften Befreiung von den Stahl- und Aluminiumzöllen. Das war das Ziel der EU, das sie bisher nicht erreicht hat.

Nun also ein weiterer Aufschub, der zweite schon. Trump hatte am 1. März weltweite Importzölle von 25 Prozent auf Stahl sowie von 10 Prozent auf Aluminium verkündet. Kurz bevor die Zölle am 23. März in Kraft traten, wurden nach intensiven Lobbybemühungen engste Verbündete wie die EU, Kanada, Mexiko und Australien bis zum 1. Mai ausgenommen.

Schnell wurde allen Beteiligten klar, dass es Donald Trump um viel mehr geht als um Stahl und Aluminium. Trump stört sich an den Handelsdefiziten, die die USA mit manchen Ländern aufweisen und die seinen Äußerungen zufolge auf "unfairen Handelspraktiken" beruhten.

Deutschland im Mittelpunkt von Trumps Kritik

Das exportstarke Deutschland steht im Mittelpunkt von Trumps Kritik. Zuletzt wiesen die USA ein Handelsdefizit von 50 Milliarden Euro mit der Bundesrepublik auf, ein Drittel der Handelsbilanz mit der gesamten EU. Trump brachte daher wiederholt Strafzölle auf deutsche Autos ins Spiel.

Der US-Präsident hält nichts von der EU, er will lieber mit einzelnen Staaten "dealen". Als Emmanuel Macron vorige Woche zu Besuch in Washington war, sagte Trump es ganz offen heraus: "Ich würde lieber mit Frankreich verhandeln", die Europäische Union sei so hart zu den USA.

Die Forderungen, die sein Wirtschaftsminister Ross übermittelt hat, lauten: Obergrenzen bei den EU-Stahlexporten, wie sie Südkorea zugesagt hat. Oder generelle Handelserleichterungen für US-Firmen, etwa dadurch dass die EU die Importzölle auf amerikanische Autos senkt und damit zur Senkung des Handelsdefizits beiträgt.

Mit TTIP wäre der Streit unnötig

Ob darin eine Lösung liegt, bezweifeln viele auf EU-Seite. Brüssel lehnt Obergrenzen ab. Außerdem ist dieser Schritt heikel, weil die EU dann für alle Autoimporte die Zölle senken müsste, also auch für solche aus China. Zahlreichen Politikern in Europa ist auch nicht entgangen, dass vieles von dem, was Trump nun fordert, Gegenstand des von ihm selbst abgelehnten Freihandelsabkommens TTIP gewesen wäre.

So dominiert bei den europäischen Politikern noch immer das Motto: Wir wollen nicht unter dem Druck Trumps Regeln aufkündigen, nach denen der Welthandel seit langem läuft – und von denen wir profitiert haben. Doch aus dem Zeitdruck will der US-Präsident die Europäer nicht entlassen. Sie haben nun 30 Tage, um Trump etwas anzubieten, das er daheim als "guten Deal" verkaufen kann.

Verwendete Quellen
  • eigene Recherchen
  • dpa, Reuters
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