Ikone der US-Rechten Was wurde eigentlich aus Sarah Palin?

Sie war der Superstar der Rechten. Doch seit der Wahlniederlage von 2008 ist Sarah Palins Stern tief gesunken. Heute hält sich die Ex-Vizepräsidentschaftskandidatin mit Dokusoaps und Skandalen in den Schlagzeilen.
Es begann als doppelte Geburtstagsparty. Mit einem Straßenfest feierten die Zwillinge Matt und Marc McKenna ihren Vierzigsten, Dutzende beteiligten sich an der feuchtfröhlichen Runde in Anchorage, der größten Stadt Alaskas. Viele Gäste waren Veteranen des legendär-harten Iron-Dog-Schneemobilrennens, das Marc schon viermal gewonnen hatte.
"Wisst ihr nicht, wer ich bin?"
Das wollten sich auch die Palins nicht entgehen lassen. In einer Großraumlimousine fuhren sie vor: Sarah und Gatte Todd - seinerseits vierfacher Iron-Dog-Champion - nebst Sohn Track, Tochter Bristol und Enkel Tripp. Die frühere Kandidatin für das zweithöchste US-Amt trug patriotische Turnschuhe, mit aufgesticktem Sternenbanner.
Kurz darauf war der Teufel los: Eine blutige Schlägerei brach aus, zwischen den Palins und einer anderen Gruppe. Auslöser war Zeugen zufolge eine Konfrontation zwischen Track Palin und einem Ex-Freund seiner Schwester Willow. Selbst die Ex-Gouverneurin habe sich handgreiflich beteiligt: "Wisst ihr nicht, wer ich bin?"
Sarah Palin ist sich für nichts mehr zu schade, Hauptsache Schlagzeilen. Sechs Jahre nach ihrem desaströsen Wahlkampf an der Seite des Republikaners John McCain ist sie zwar aus dem Bewusstsein vieler Amerikaner - und dem ihrer Partei - verschwunden. Politisch irrelevant, sucht sie trotzdem weiter das Rampenlicht - auf immer schrillere Weise, mit Dokusoaps, Facebook-Pöbeleien und, nun ja, der Open-Air-Rauferei Anfang September.
Ein tiefer Sturz. Als die vormalige Beauty Queen 2008 als McCains Vize-Kandidatin antrat, mit einer fulminanten Rede auf dem Parteitag von St. Paul, wurde sie über Nacht zur Polit-Sensation - und Superstar der Partei. "Pitbull mit Lippenstift" wurde sie genannt.
Doch schon im Wahlkampf entpuppte sich Palin als Luftnummer. Nach der Niederlage konnte sie ihre Infamie anfangs noch gut vermarkten, mit den Bestseller-Memoiren "Going Rogue" und, für eine Million Dollar pro Jahr, als giftsprühender Talking Head beim konservativen TV-Sender Fox News.
Dann aber wurde es langsam still um Palin. Ihr Stil war zu kontrovers, Schnee von gestern. Im Januar 2013 kündigte Fox News ihren Vertrag: "Wir wünschen ihr alles Gute für ihre künftigen Unterfangen."
Kochrezepte und Schießanleitungen
Wie ein Königslachs an Land, der nach Luft schnappt, sucht Palin seither immer würdelosere Wege, sich im Gespräch zu halten. Sie moderierte die kurzlebigen Dokusoaps "Sarah Palin's Alaska" und "Amazing America". Sie feuerte Tochter Bristol in der Tanzshow "Dancing With The Stars" an. Sie gründete ihren eigenen Internetkanal, auf dem sie Kochrezepte und Schießanleitungen teilt und immer wieder für Obamas Impeachment, also ein Amtsenthebungsverfahren, wirbt.
"Man erwartet fast", amüsiert sich die "Washington Post", "dass die Familie als nächstes in einem Mayonnaise-Werbespot erscheint."
Tea-Party-Konsorten schätzen Palin weiter. Auf Twitter hat sie noch 1,1 Millionen Fans, auf Facebook sogar 4,4 Millionen. Doch der große Rest der Republikaner gruselt sich vor ihr. Vorbei die Zeiten, da ihr Flankenschutz automatisch einen Wahlsieg garantierte - im Gegenteil. Die neuen Stars der Rechten wollen nichts zu tun haben mit Palins verbrannter Erde.
Selbst in Alaska ist ihr Stern erloschen. Lange war sie dessen populärste Gouverneurin, bis sie es sich 2009 mit ihrem vorzeitigen Abtritt verscherzte. In einer jüngst veröffentlichten Alaska-Umfrage verlor sie in einem hypothetischen Rennen mit 40 zu 46 Prozent gegen Hillary Clinton. 55 Prozent der Bürger Alaskas hatten eine negative Meinung von ihr.
Ihre Wahlorganisation SarahPAC ist nur noch ein müdes Vehikel für Eigenwerbung. Von den 2,3 Millionen Dollar Spenden, die die Gruppe im laufenden Wahlzyklus bisher ausgab, gingen nach Recherchen des Centers for Responsive Politics gerade mal 105.000 Dollar an republikanische Kandidaten. Der Rest floss in die eigene Beraterkasse.
Was sie nicht abhält, weiter ihre Meinung kundzutun. Etwa zum Krieg gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS): Deren Aufstieg sei "ein Resultat der schwachen Außenpolitik Obamas", zeterte sie auf Facebook - obwohl deren Ursprung im Irak-Krieg seines Vorgängers George W. Bush liegt.
Und dann war da eben die Schlägerei. Palin selbst äußerte sich dazu nicht. Stattdessen ließ sich sich von Paparazzi beim Shoppen in Anchorage ablichten - ohne Make-up und Ehering. Hauptsache Schlagzeilen.