Angriffskampagne der Trump-Regierung US-Richter in Angst: "Leben stehen auf dem Spiel"

Donald Trumps Sprecherin wettert gegen einen unliebsamen Bundesrichter. Unterdessen spendet Elon Musk für Klagen gegen andere Richter.
Das Weiße Haus hat kritischen Richtern vorgeworfen, die Regierungsgewalt an sich reißen zu wollen. Es gebe "konzertierte Bemühungen der radikalen Linken", um Richter auszuwählen, die "offensichtlich als parteiische Aktivisten agieren", sagte Trumps Sprecherin Karoline Leavitt am Mittwoch vor Journalisten. Die Richter würden damit nicht nur versuchen, Trumps Regierungsgewalt an sich zu reißen, fuhr die Sprecherin fort, sondern auch "den Willen der amerikanischen Öffentlichkeit untergraben". Elon Musk unterstützt derweil offenbar US-Abgeordnete, die unliebsame Richter entfernen wollen.
Hintergrund der Anschuldigungen sind mehrere Urteile gegen Entscheidungen der US-Regierung von Präsident Donald Trump. Die Trump-Sprecherin nahm insbesondere den Bundesrichter James Boasberg aus der Hauptstadt Washington ins Visier. Dieser hatte am Wochenende angeordnet, die Abschiebung mutmaßlicher Mitglieder einer venezolanischen Drogenbande auf Grundlage eines im Jahr 1798 verabschiedeten Gesetzes gegen "ausländische Feinde" auszusetzen.
Richterin fürchtet um ihr Leben
Er hatte die Trump-Regierung aufgefordert, weitere Informationen zu liefern, doch diese ist der Forderung bislang nicht nachgekommen. Stattdessen wird der Bundesrichter, der einst von Präsident Barack Obama ernannt wurde, unter Druck gesetzt.
Damit ist er aber nicht alleine. Die Stimmung gegen vermeintlich Trump-kritische Richter wird durch Aussagen wie die von Leavitt und Trump angeheizt. Immer mehr Richter beklagen Drohungen gegen sich. Die Richterin Esther Salas vom US-Bezirksgericht für den Bezirk New Jersey fasst die Situation zusammen: "Man spielt russisches Roulette mit unseren Leben."
Ihr damals 20-jähriger Sohn wurde 2020 in ihrem Haus von einem selbsterklärten "antifeministischen" Anwalt angeschossen und getötet. "Das ist keine Übertreibung", sagte sie im Gespräch mit der "New York Times" und richtete einen Appell an die Trump-Administration: "Ich flehe die Regierung an, sich bewusst zu machen, dass hier Leben auf dem Spiel stehen." Unterdessen ging bei einem anderen Richter eine Bombendrohung ein – die sich aber später als gegenstandslos herausstellte.
Ähnliche Erfahrungen machen gerade viele Richter, die mit Verfahren zur Trump-Regierung befasst sind. "Sie wissen, wo Sie und Ihre Familienmitglieder wohnen", sagte ein Richter, der einen Rechtsstreit gegen die Trump-Administration verhandelt, der "New York Times". Er bekam eine Pizza geliefert, obwohl er keine bestellt hatte. Auch andere Richter sollen Ziel solcher anonymer Bestellungen geworden sein.
Anonyme Pizzalieferungen und gefälschte Notrufe
Auch Richter John C. Coughenour vom Bundesbezirksgericht für den westlichen Bezirk von Washington hat Drohungen erlebt. Er hatte eine Verfügung erlassen, die den Versuch der Trump-Administration blockierte, das Recht auf Staatsangehörigkeit durch Geburt für in den USA geborene Kinder von Nicht-Staatsbürgern abzuschaffen. Kurz darauf berichtete er, dass er das Ziel eines sogenannten Swatting-Angriffs gewesen sei. Dabei wird der Polizei gemeldet, dass an einer bestimmten Adresse eine Straftat im Gange sei, sodass diese mit den Sondereinsatzkräften vom Swat-Team anrückt. Kurz darauf erhielt Coughenour eine Bombendrohung, die vom FBI untersucht wurde, sich aber als Schwindel herausstellte.
Musk spricht von juruistischem Putsch
Auch Trump-Berater Elon Musk beteiligt sich an der öffentlichen Kritik und den Kampagnen gegen unliebsame Richter. Er habe die maximal zulässige Spende an die republikanischen Kongressmitglieder geleistet, die sich für ein Amtsenthebungsverfahren gegen kritische Bundesrichter einsetzen, berichtet die "New York Times". In seinem Netzwerk X unterstellte Musk den Richtern sogar pauschal einen juristischen Putsch.
Trump hatte jüngst eine Warnung vom Obersten Gericht erhalten: In einem ungewöhnlichen Schritt schaltete sich am Dienstag der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs der USA, John Roberts, ein und rief Trump zur Ordnung. Es sei "seit mehr als zwei Jahrhunderten gängige Praxis, dass ein Amtsenthebungsverfahren keine angemessene Reaktion auf Meinungsverschiedenheiten bezüglich einer gerichtlichen Entscheidung ist", erklärte der konservative Richter.
Trump teilte am Mittwoch dennoch erneut in seinem Onlinedienst Truth Social gegen Boasberg aus: "Wenn ein Präsident nicht das Recht hat, Mörder und andere Kriminelle aus unserem Land zu schmeißen, weil ein radikaler, linker, verrückter Richter die Rolle des Präsidenten übernehmen will, dann hat unser Land richtig große Probleme und ist zum Scheitern verurteilt!"
- nytimes.com: "Elon Musk’s Donations to Congress and Judges Raise Ethical Questions" (englisch, kostenpflichtig)
- nytimes.com: "Trump’s Attacks on Judges Stir Concerns About Safety and Legitimacy" (englisch, kostenpflichtig)
- x.com: Tweet von Elon Musk
- Mit Material der Nachrichtenagentur AFP