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Trump und Musk demontieren Behörde USAID: Auswirkungen auch auf die Ukraine


US-Regierung streicht Behörde
"Es droht der Zusammenbruch des gesamten Ökosystems"

Von t-online, jaf

07.02.2025 - 11:31 UhrLesedauer: 4 Min.
Elon Musk und Donald Trump (Archivfoto): Der Tech-Millionär gilt als einflussreicher Unterstützer des neuen US-Präsidenten.Vergrößern des Bildes
Elon Musk und Donald Trump (Archivfoto): Der Tech-Milliardär gilt als einflussreicher Unterstützer des neuen US-Präsidenten. (Quelle: Alex Brandon/AP/dpa)
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Die US-Entwicklungsbehörde wurde in kürzester Zeit handlungsunfähig gemacht, fast alle Mitarbeiter müssen gehen. Das hat drastische Folgen.

Es ist ein Kahlschlag, der weltweite Folgen haben dürfte: Die US-Regierung hat kurzfristig nahezu sämtliche Mitarbeiter der Entwicklungsbehörde USAID entlassen oder beurlaubt. Von mehr als 10.000 Stellen bleiben vorerst offenbar nur 611 übrig. Von jetzt auf gleich ist die Behörde mit einem Budget von 40 Milliarden US-Dollar handlungsunfähig. Mehr dazu lesen Sie hier.

Elon Musk hatte mit seinem "Department of Government Efficiency" die Behörde in den Blick genommen, um den Staatsapparat zu verschlanken. Sein Team habe USAID "am Wochenende in den Schredder eingespeist", verkündete Musk am Montag. "Wir müssen das ganze Ding entsorgen. Es ist nicht mehr zu retten."

Auch die Regierung wählte drastische Worte. Laut einer offiziellen Mitteilung des Weißen Hauses habe die Behörde "praktisch ohne jegliche Kontrolle enorme Geldsummen in die lächerlichen – und in vielen Fällen böswilligen – Lieblingsprojekte etablierter Bürokraten" gepumpt. Bereits kurz nach Amtsantritt hatte Präsident Donald Trump per Dekret alle Auslandshilfen für 90 Tage eingefroren.

Mitarbeiter wissen nicht weiter: Hauptquartier geschlossen

Die Folgen der jetzigen Attacke auf USAID waren umgehend bemerkbar. Das Hauptquartier in Washington ist bereits geschlossen, die Webseite offline, viele Mitarbeiter können nicht einmal mehr auf ihre E-Mails zugreifen.

Das stellt viele Angestellte vor große Probleme. Diese arbeiten in Hilfsmissionen auf der ganzen Welt und müssen nun innerhalb von 30 Tagen in die USA zurückkehren – aufgrund der Kurzfristigkeit ein herausforderndes Unterfangen. Die "Washington Post" berichtet von zahlreichen Mitarbeitern, die verzweifelt nach Unterkünften sowie Schul- und Kindergartenplätzen für ihren Nachwuchs in den USA suchen.

Manche waren erst vor Kurzem zu mehrjährigen Missionen aufgebrochen. Das alles ist nun gestoppt. Eine große Schwierigkeit: Kommunikation innerhalb der Behörde ist kaum mehr möglich. Die Kommunikationskanäle wurden abgeschaltet und wer dennoch Zugriff auf seine Mails hat, erreicht im Hauptquartier niemanden mehr.

Die Ukraine wird darunter leiden

Doch noch schlimmer sind die Auswirkungen bei den unterstützten Projekten direkt vor Ort. USAID war schließlich einer der größten Geldgeber der internationalen Entwicklungshilfe. 2023 etwa gab die Behörde rund 40 Milliarden Dollar in mehr als 100 Ländern aus – etwas weniger als ein Prozent des US-Haushalts. Davon profitierten insbesondere der Gesundheitsbereich: Impfprogramme, Hilfe nach Naturkatastrophen, Aufbau von Flüchtlingslagern und die Verteilung von HIV-Medikamenten sowie Moskitonetzen gegen die Ausbreitung von Malaria.

Ein wesentlicher Profiteur von den Hilfen bisher: die Ukraine. Sieben Milliarden Dollar sollen seit Kriegsbeginn 2022 dorthin geflossen sein, um zerstörte Häuser wieder aufzubauen, Generatoren für die Stromversorgung zu kaufen und Veteranen und Geflüchtete zu unterstützen.

Auch im Sudan hat sich die Lage schnell drastisch verschlechtert. Über 25 Millionen Menschen leiden dort seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs unter Hunger und rund elf Millionen sind auf der Flucht. Lebensmittelprogramme wurden nach der Trump-Entscheidung gestrichen, Hunderte Gemeinschaftsküchen mussten schließen. In Vietnam geht unterdessen den Kampfmittelräumdiensten das Geld aus.

"Zusammenbruch droht"

Die Folgen könnten sich weltweit zeigen. Gelder von USAID fließen nämlich ebenso an die Weltbank und das Welternährungsprogramm. Jeremy Konyndyk, Leiter der NGO "Refugees International" und früher verantwortlich für das Coronaprogramm von USAID, warnt: "Es droht der Zusammenbruch des gesamten Ökosystems von Hilfs- und Entwicklungsorganisationen, die weltweit Gutes tun."

Bisher ist unklar, wie es nun genau weitergeht und ob Gelder womöglich doch wieder fließen könnten. Das kündigte zumindest Außenminister Marco Rubio an, der zudem als kommissarischer Leiter der Behörde eingesetzt wurde: "Wir werden eine Entwicklungshilfe haben, die den nationalen Interessen entspricht."

Thomas Carothers vom Thinktank Carnegie Endowment for International Peace in den USA wendet allerdings ein: "Die Vorstellung, amerikanische Entwicklungshilfe sei reine Wohltätigkeit ohne Bezug zu amerikanischen Interessen, ist lächerlich." So seien die Hilfen während des Kalten Krieges entstanden, um mit Wohltätigkeit dem Einfluss des Kommunismus in armen Ländern vorzubeugen.

USAID ermittelte gegen Musk

Zudem unterstützte USAID Wahlbeobachter in Russland, die bei den Parlamentswahlen 2011 Unregelmäßigkeiten feststellten, was zu massiven Protesten führte. Die Einstellung der USAID-Hilfen findet im Kreml daher großen Anklang. Der ehemalige Präsident und Putin-Vertraute Dmitri Medwedew nannte die Entscheidung einen "klugen Schritt".

Pikant ist derweil: USAID hatte in der Vergangenheit gegen Elon Musks Unternehmen SpaceX ermittelt, weil es im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft Starlink-Satelliteninternet in der Ukraine bereitgestellt hatte. Nach Informationen des Nachrichtenportals "The Lever" untersuchte der Generalinspekteur der Behörde die Aufsicht über die an die ukrainische Regierung gelieferten Satellitenterminals.

Genauere Hintergründe der Untersuchung sowie der aktuelle Stand des Verfahrens sind bislang unklar. Auffällig ist aber: Nachdem Musks Team die Kontrolle über USAID übernommen hatte, verschwanden mehrere Hinweise auf Starlink von der offiziellen Webseite der Behörde.

Für Afrika bleiben zwölf Mitarbeiter

Fraglich ist nun, wie leistungsfähig USAID künftig noch sein kann – selbst wenn wieder Gelder genehmigt werden. Atul Gawande, der während der Biden-Regierung stellvertretender Leiter des Büros für globale Gesundheit war, postete einen Screenshot einer E-Mail des Stabschefs Joel Borkert, in der er die geplante Personalstärke der einzelnen Büros nach den Kürzungen aufschlüsselte. Aus der E-Mail ging hervor, dass die Regierung plant, zwölf Mitarbeiter für Afrika, acht für Lateinamerika und die Karibik, 21 für den Nahen Osten und acht für Asien zu behalten.

Doch die beurlaubten Mitarbeiter hoffen, dass dies nicht so bleibt, und wehren sich. Zwei Gewerkschaften, die USAID-Angestellte vertreten, haben am Donnerstag gegen die Kürzungen Klage eingereicht. Darin wird argumentiert, dass der Personalabbau und die Kündigung globaler Hilfsverträge verfassungswidrig seien und gegen die Gewaltenteilung verstießen.

Verwendete Quellen

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