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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Historischer Medienskandal in den USA Ein Netzwerk voller Lügen
Die millionenfache politische Manipulation in den USA hat einen Namen: Rupert Murdoch. Er ließ seinen Sender Fox News wissentlich die Lügen von Donald Trump verbreiten.
Rupert Murdoch, das ist der Name eines Mannes von inzwischen über 90 Jahren. Er ist der mächtigste Medienmogul der USA, unter anderem Gründer und Besitzer von Fox News, einem der reichweitenstärksten Fernsehsender des Landes. Was jetzt über ihn bekannt wurde, bedeutet nicht weniger als die planmäßige Manipulation von Millionen Amerikanern. Es ist ein Medienskandal der Propaganda und Gehirnwäsche von historischem Ausmaß, der sich immer weiter ausweitet.
Auslöser des aktuellen Skandals ist ein milliardenschwerer Prozess, den der kanadische Wahlmaschinenhersteller Dominion Voting Systems gegen Fox News führt – wegen vorsätzlicher Verbreitung falscher Behauptungen. Neben dem rechtsextremen Sender Newsmax soll auch Fox News nach der Wahl 2020 die Lüge von Donald Trump und seinen Helfern verbreitet haben, die Wahlmaschinen seien zugunsten von Joe Biden und den Demokraten manipuliert worden.
Lügen wider besseres Wissen?
Auch Fox-News-Mogul Rupert Murdoch musste in dem Prozess aussagen und sprach gemäß der jetzt einsehbaren Protokolle von Trumps Wahllügen. In dem Prozess gab er zu: "Ja, einige unserer Kommentatoren haben sich dem angeschlossen." Er selbst habe die Vorwürfe des massiven Wahlbetrugs aber von Anfang an bezweifelt. Dafür spreche unter anderem, dass sein Sender als erster den damals entscheidenden Bundesstaat Arizona als Sieg für Joe Biden gemeldet habe, verteidigte sich Murdoch vor Gericht.
Seine Aussage nährt den Verdacht, dass Fox News die Wahlbetrugs-Lüge millionenfach wiederholte, obwohl die Verantwortlichen es besser wussten. Eine Erzählung, die schließlich in der Erstürmung des Kapitols am 6. Januar mündete.
Zumindest ließ Rupert Murdoch die Verbreitung der Lüge zu, ohne einzuschreiten. Oder der 91-Jährige kann bei Fox News seinen Einfluss gar nicht mehr geltend machen. Einflussreich scheinen vielmehr die Moderatoren des Senders zu sein. Landesweit bekannte Medienstars, wie etwa der rechtsextreme Verschwörungsideologe Tucker Carlson, machten auf eigene Rechnung weiter und setzten eine Lügen-Maschinerie zugunsten Trumps in Gang. Ihre größte Sorge dabei offenbar: ein Rückgang der Einschaltquoten bei den Trump-Anhängern.
Trumps Sprachrohr Tucker Carlson
Das geht etwa aus einem bereits zuvor veröffentlichten Schriftverkehr von Tucker Carlson mit seinem Produzenten kurz nach der Wahl im November 2020 hervor. "Wir haben wirklich hart gearbeitet, um das aufzubauen, was wir haben", schrieb er und beschimpfte die Kollegen, die den turbulenten Wahlabend managten, als "those fuckers". Denn "diese Scheißkerle" würden die Glaubwürdigkeit von Fox News zerstören. "Das macht mich wütend", so Carlson.
Offenbar fürchtete der Moderator auch Trumps Zorn. Denn der sei sehr gut darin, "Dinge zu zerstören", schrieb er. "Er könnte uns leicht zerstören, wenn wir etwas falsch machen." Als Fox News wenig später Joe Biden auch offiziell zum Gewinner der gesamten Präsidentschaftswahlen ausrief, schrieb Tucker Carlson erneut an seinen Produzenten: "Verstehen die Führungskräfte, wie viel Glaubwürdigkeit und Vertrauen wir bei unserem Publikum verloren haben? Wir spielen wirklich mit dem Feuer." Carlson war und ist bis heute die Speerspitze derjenigen bei Fox News, die Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wahl von Joe Biden säen. Ohne sein Echo wären Trumps Rufe wohl längst verhallt.
Fox News will nicht verantwortlich sein
Was aus den Prozessakten hervorgeht, war also allem Anschein nach nicht weniger als ein perfider Plan: Für den verfassungswidrigen Machterhalt Donald Trumps, für Einschaltquoten und Milliardengewinne durch ein seit Jahren radikalisiertes Publikum und für den eigenen Ruhm wurden Amerikanerinnen und Amerikaner millionenfach getäuscht. Nicht nur Tucker Carlson war daran beteiligt, sondern auch andere bekannte Moderatoren waren mit dabei: Maria Bartiromo, Jeanine Pirro, Sean Hannity und Lou Dobbs. Und eben: Rupert Murdoch.
Vertreten durch seine Anwälte argumentiert Fox News vor Gericht, in keiner Weise eine rechtliche Verantwortung für die Verbreitung dieser immer wieder vorgetragenen Falschaussagen durch die eigenen Kommentatoren zu tragen. Tucker Carlson und viele andere produzieren ihre Sendung meist selbst und haben Abnahmeverträge. Ob diese Geschäftskonstrukte ausreichen, um den Sender und damit den Medienmogul zu entlasten, ist fraglich.
Es steht viel auf dem Spiel
Der Sender setzt mit diesem Skandal nicht nur seine journalistische Glaubwürdigkeit aufs Spiel. Je nach Ausgang des Verfahrens könnte ein immenser finanzieller Schaden hinzukommen. Der Streitwert beläuft sich auf umgerechnet rund 1,5 Milliarden Euro. Das sind immerhin knapp 10 Prozent des aktuellen Jahresumsatzes des Mutterkonzerns Fox.
Der Schaden für die amerikanische Demokratie ist jedoch kaum zu beziffern. Dass jetzt viele Zuschauer aus den Vorgängen ihre Konsequenzen ziehen und abwandern werden, dafür könnte es längst zu spät sein. Für ihren Massenbetrug werden Tucker Carlson und die anderen vermutlich erneut erfinderische Lügengeschichten erzählen. Und Rupert Murdoch wird sie wohl wieder einmal gewähren lassen.
- Eigene Recherchen
- vox.com: A juicy new legal filing reveals who really controls Fox News (englisch)
- bloomberg.com: Murdoch Testified Fox Commentators ‘Endorsed’ Trump’s 2020 Election Lie (englisch)
- mediamatters.org: Fox News is Republican propaganda, according to Rupert Murdoch (englisch)