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Donald Trumps neueste Teufelei: Debakel für die Partei und das ganze System


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Debakel der US-Republikaner
Trumps neueste Teufelei

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns, Washington

Aktualisiert am 04.01.2023Lesedauer: 3 Min.
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USA: Die Wahl zum Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses artete aus.

Der Republikaner Kevin McCarthy kann als neuer Sprecher des US-Repräsentantenhauses keine Mehrheit erreichen. Ein Debakel für die Partei und das ganze System.

Jahrzehnte hat Kevin McCarthy auf diesen Moment hingearbeitet. Endlich wollte der Republikaner neuer Sprecher des US-Repräsentantenhauses werden und damit die drittwichtigste Person Amerikas hinter dem Präsidenten Joe Biden und der Vizepräsidentin Kamala Harris. Er hätte in diesem Amt, das in etwa mit dem des deutschen Bundestagspräsidenten vergleichbar ist, die politische Agenda der USA für mindestens zwei Jahre bestimmen können. Kein Gesetz hätte es ohne ihn durch den Kongress geschafft.

Doch auch nach mehr als fünf Stunden mit drei Wahlgängen konnte der einflussreiche Kalifornier am Dienstag nicht genügend Republikaner von sich überzeugen. Für eine absolute Mehrheit braucht er 218 Stimmen. Dreimal erhielt der demokratische Kandidat Hakeem Jeffries sogar mehr Stimmen, verfehlte aber ebenfalls die erforderliche Anzahl. Die Wahl wurde schließlich auf Mittwoch vertagt. Ein äußerst ungewöhnlicher Vorgang in der Geschichte der USA, wie es ihn seit 100 Jahren nicht gegeben hat. Ein Debakel für die Republikanische Partei, das Parlament und das demokratische System Amerikas.

Der Grund für die drei Niederlagen McCarthys ist eine kleine rechtsradikale Gruppierung innerhalb seiner eigenen Fraktion. Weil die Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus nach den Zwischenwahlen so knapp ausgefallen ist, können sie den kompletten parlamentarischen Betrieb blockieren. Solange es keinen Sprecher gibt, darf das Plenum nicht an die Arbeit gehen. Laut der mehr als 200 Jahre alten Verfassung wird immer weiter gewählt, bis jemand die erforderlichen 218 Stimmen bekommt.

Der sogenannte House Freedom Caucus kann so die eigenen Kandidaten, die eigene Partei und das ganze Parlament mit seinen Forderungen erpressen. Von Kevin McCarthy etwa verlangte die Gruppe, er müsse ihnen für jeden Ausschuss den Posten des Stellvertreters garantieren. Eine Forderung, bei deren Erfüllung McCarthy alle anderen Fraktionsmitglieder gegen sich aufgebracht hätte. Das Verhalten der "Freiheits-Gruppierung" zeigt, wie weit Teile der Republikaner nach rechts gewandert sind. So weit, dass auch ein Trump-Unterstützer wie McCarthy ihnen nicht mehr folgen kann.

Trumps neueste Teufelei

Mitverursacher dieses Zustands im amerikanischen Zweiparteiensystem ist Donald Trump. Er verbrachte den Tag nach eigenen Angaben mit Telefonaten, in denen er sich mit diesen abweichenden Kandidaten unterhalten haben soll. Über den Inhalt der Gespräche hüllt er sich in Schweigen. "Wir werden sehen, was passiert", sagte er nur. Eine Unterstützung für McCarthy wollte Trump nicht öffentlich aussprechen.

Als Grund für die Blockade geben die insgesamt 20 Gegner McCarthys an, sie wollten den "korrupten Washingtoner Sumpf" trockenlegen. McCarthy sei Teil dieses Sumpfes. Ein Begriff, den kaum jemand so geprägt hat wie Donald Trump.

Und tatsächlich dürfte es vor allem um Trumps Macht und nicht um den Sumpf gehen. Denn der Aufstand gegen die eigene Partei vor den Augen der Weltöffentlichkeit bedeutet die ultimative Machtdemonstration für diese Gruppierung und ihren Förderer.

Unmögliche Auswege

Gut möglich, dass Donald Trump am Ende Kevin McCarthy retten wird, indem er den Freedom Caucus überzeugt, doch noch für den Republikaner zu stimmen. Ein solches Manöver aber würde Trump sich wohl teuer bezahlen lassen. Weil sein eigener Rückhalt in der Partei immer mehr schwindet. McCarthy wäre dann für zwei Jahre abhängig von Trump und seiner Bande. Er wäre eine Geisel der Extremisten. Das würde die Demokratie in den USA und das freie Mandat der übrigen Abgeordneten auf eine harte Probe stellen.

Ein Ausweg aus diesem Dilemma erscheint derzeit als unmöglich. Der meist gewünschte jedoch wäre: McCarthy findet noch eine Lösung mit dieser Gruppierung, die ihm aber erklärtermaßen grundlegend misstraut.

Ein anderer, ebenfalls schwieriger Weg wäre: McCarthy zieht sich zurück und es findet sich ein Kandidat, auf den sich die Republikanische Partei einigen kann. Sogar Trump selbst hatte sich Gerüchten zufolge für die Rolle des Sprechers einst ins Gespräch gebracht. Das wäre rechtlich sogar möglich, für das Amt muss man kein gewählter Abgeordneter sein.

Der letzte Ausweg wäre zugleich der Anfang vom Ende des amerikanischen Zweiparteiensystems: Wenn sich moderate Demokraten mit moderaten Republikanern auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen würden, dann würde die Strategie der Extremen implodieren. Es wäre womöglich die Geburtsstunde von Koalitionen und einem Mehrparteiensystem in den USA. Nichts ist eigentlich unmöglich im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, das derzeit vor allem das Land der unbegrenzten Wahlgänge ist.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen und Beobachtungen
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