t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomePolitikAuslandUSA

Entlassen: Der Mann, der Angst vor Drittem Weltkrieg auslöste


Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.

US-Reporter entlassen
Der Mann, der Angst vor Drittem Weltkrieg auslöste

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns, Washington

Aktualisiert am 22.11.2022Lesedauer: 3 Min.
"Russische Raketen": Eine Falschmeldung und die möglichen gravierenden FolgenVergrößern des Bildes
"Russische Raketen": Eine Falschmeldung und die möglichen gravierenden Folgen. (Quelle: IMAGO/Pawel Wodzynski)
News folgen

Der amerikanische Reporter, der von einem russischen Raketenangriff auf Polen berichtet hatte, ist seinen Job los. Zu den Hintergründen schweigt er.

Die Gefahr vor einem Dritten Weltkrieg war wohl seit der Kubakrise nicht mehr so groß wie am 15. November 2022, als die amerikanische Nachrichtenagentur AP eine Meldung zu Raketen publizierte, die in Polen einschlugen. Der Mann, der dafür verantwortlich sein soll, ist nun seinen Job los. Das berichteten mehrere US-Medien. Wie ist es dazu gekommen?

Am 16. November setzte die amerikanische Nachrichtenagentur AP ihre wohl erleichterndste Meldung dieses Jahres ab. Es handelte sich um eine Korrektur. Das ist für eine Nachrichtenagentur ohnehin ein "worst case". Dieses Mal aber hätte der begangene Fehler zu Reaktionen führen können, die im schlimmsten Fall auch einen Dritten Weltkrieg hätten auslösen können.

Die Korrektur von AP lautete:

"In früheren Versionen einer am 15. November 2022 veröffentlichten Geschichte berichtete The Associated Press fälschlicherweise auf der Grundlage von Informationen eines hochrangigen amerikanischen Geheimdienstmitarbeiters, der unter der Bedingung der Anonymität sprach, dass russische Raketen nach Polen eingedrungen seien und zwei Menschen getötet hätten. Nachfolgende Berichte zeigten, dass die Raketen in Russland hergestellt und höchstwahrscheinlich von der Ukraine zur Abwehr eines russischen Angriffs abgefeuert wurden."

Zahlreiche Medien hatten gegen 20 Uhr deutscher Zeit die erste Nachricht von AP aufgenommen und weiterverbreitet. Daraufhin meldeten sich auch deutsche Politiker zu Wort und forderten unter anderem harte Konsequenzen für das russische Handeln. In Windeseile entzündeten sich Diskussionen, ob hiermit der sogenannte Nato-Bündnisfall eintreten könnte. Das hätte in der Konsequenz bedeutet, dass die Nato zur Kriegspartei geworden wäre.

Panik machte sich insbesondere in sozialen Netzwerken breit. Angesichts der dann mutmaßlich zahlreichen Kriegsteilnehmer – wie die USA, Deutschland, Frankreich, Polen und andere Länder – hätte sich der regionale Krieg plötzlich auf weite Teile der Welt erstreckt. Nichts davon wäre ein Automatismus gewesen, aber die Gefahr eines Dritten Weltkriegs schien in diesem Moment so groß wie lang nicht mehr.

Verantwortlicher Reporter entlassen

Die ursprüngliche Meldung von AP lautete: "Russland hat am Dienstag Energieanlagen der Ukraine mit einem bislang größten Raketenbeschuss bombardiert, Ziele im ganzen Land getroffen und weitreichende Stromausfälle verursacht. Ein hochrangiger US-Geheimdienstmitarbeiter sagte, Raketen seien dabei in das Nato-Mitgliedsland Polen eingedrungen, wo zwei Menschen getötet worden seien. Eine zweite Person bestätigte gegenüber The Associated Press, dass offenbar russische Raketen einen Standort in Polen etwa 15 Meilen von der ukrainischen Grenze entfernt getroffen haben."

Einer der beiden Autoren, die für diese ursprüngliche Falschmeldung verantwortlich gewesen sein sollen, ist nun seinen Job los. AP hat James LaPorta entlassen, berichtete zuerst das amerikanische Onlinemedium "Daily Beast". Andere Medien, wie der Fernsehsender CNN, bestätigten den Vorgang. James LaPorta hat sich bislang nicht dazu geäußert. Auf eine Interviewanfrage von t-online mit der Bitte um eine Stellungnahme hat er bislang ebenfalls nicht reagiert.

LaPorta twitterte zu seiner Entlassung: "Ich möchte der Vielzahl von Journalisten, Redakteuren und langjährigen Lesern danken, die sich mit ermutigenden und freundlichen Worten an mich gewandt haben. Das bedeutet, ganz im Ernst, die Welt für mich."

Empfohlener externer Inhalt
X
X

Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.

Ein Sprecher der Nachrichtenagentur AP erklärte: "Die strengen redaktionellen Standards und Praktiken von The Associated Press sind für die Mission von AP als unabhängige Nachrichtenorganisation von entscheidender Bedeutung. Um sicherzustellen, dass unsere Berichterstattung korrekt, fair und faktenbasiert ist, halten wir uns an diese Standards und setzen sie durch, auch in Bezug auf die Verwendung anonymer Quellen. Wenn unsere Standards verletzt werden, müssen wir die notwendigen Schritte unternehmen, um die Integrität der Berichterstattung zu schützen. Wir treffen diese Entscheidungen weder leichtfertig noch basieren sie auf Einzelfällen."

Quellenschutz und Jobverlust

James LaPorta gilt als renommierter Investigativjournalist, der vor allem über Themen der nationalen Sicherheit, zu Geheimdiensten und über das US-Militär berichtet. Für seine Berichterstattung wurde er bereits mehrfach ausgezeichnet. In zahlreichen amerikanischen Medien sind seine Arbeiten erschienen. Seine Kontakte in die US-Armee dürften gut sein, denn James LaPorta ist selbst Veteran der Marine-Corps-Infanterie und hat im Afghanistankrieg gekämpft.

Seine Geheimdienstquelle hat er bislang nicht verraten. In seiner ursprünglichen Meldung hatte LaPorta geschrieben: "Der polnische Regierungssprecher Piotr Mueller bestätigte die Informationen des US-Geheimdienstmitarbeiters, der nur unter der Bedingung der Anonymität sprach, nicht umgehend." Anonymität verlangte der Geheimdienstmitarbeiter laut LaPorta, weil die "Situation" von besonders "heikler Natur" sei.

Gut möglich also, dass der Journalist nun seinen Job los ist, weil der Geheimdienstmitarbeiter LaPorta falsche Informationen gegeben hatte. Sollte es anders gewesen sein, kann das wohl nur der Reporter selbst aufklären.

Verwendete Quellen
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website