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Israel und Hisbollah: Was verbirgt sich wirklich hinter der "Partei Gottes"?


Ein drohender Krieg
Hisbollah: Wer ist die "Partei Gottes"?

Von t-online, bm

Aktualisiert am 24.09.2024 - 11:22 UhrLesedauer: 4 Min.
Mitglieder der Hisbollah: Die Terroristen beschießen seit dem 8. Oktober immer wieder israelisches Gebiet.Vergrößern des BildesMitglieder der Hisbollah: Die Terroristen beschießen seit dem 8. Oktober 2023 immer wieder israelisches Gebiet. (Quelle: AZIZ TAHER/reuters)

Israel und die Hisbollah im Libanon stehen nach massiven Raketenangriffen am Rand eines Krieges. Doch was ist die Hisbollah eigentlich für eine Organisation? t-online gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Im Nahen Osten scheint ein großer Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hisbollah unmittelbar bevorzustehen. Die Terrorgruppe feuert praktisch täglich Raketen auf den Norden Israels ab. Bei israelischen Luftangriffen im Libanon wurden hunderte Menschen getötet. Auf beiden Seiten der Grenze sind Hunderttausende Menschen geflohen. Die Terrororganisation ist nach den Explosionen ihrer Kommunikationsgeräte stark angeschlagen, stellt ihre Angriffe gegen Israel aber nicht ein.

Was für eine Organisation ist die Hisbollah und was sind ihre Ziele? t-online gibt einen Überblick.

Was ist die Hisbollah?

Hisbollah bedeutet auf Arabisch "Partei Gottes". Die islamistische Organisation ist vor allem im Libanon aktiv und zählt sich zu den Schiiten, der zweitgrößten religiösen Gruppe im Islam nach den Sunniten. Schiiten finden sich vor allem im Iran, im Irak und in Aserbaidschan.

Wie auch die Hamas teilt sich die Hisbollah in eine politische Partei und einen bewaffneten Arm. Ihr Anführer ist der Theologe Hassan Nasrallah. Die Hisbollah gilt unter Experten als "Staat im Staate", denn sie unterhält eigene Krankenhäuser, Schulen, Kultureinrichtungen, einen eigenen Fernsehsender sowie eine paramilitärische Einheit, die der libanesischen Armee deutlich überlegen ist.

Wie viele Mitglieder zählt die Hisbollah?

Hisbollah-Chef Nasrallah behauptete 2021, über etwa 100.000 Kämpfer zu verfügen. Experten hingegen gehen von deutlich niedrigeren Zahlen aus. 2020 soll der militärische Arm der Hisbollah über bis zu 20.000 aktive Kämpfer und noch einmal so viele Reservisten verfügt haben, schreibt die US-amerikanische Denkfabrik Council on Foreign Relations.

Die Miliz besitze Kleinwaffen, Panzer, Drohnen und ein großes Arsenal von Langstreckenraketen. Ähnlich äußert sich auch der Thinktank Center for Strategic and International Studies. Diesem zufolge sei die Hisbollah der "am schwersten bewaffnete nicht staatliche Akteur der Welt".

Video | Sorge vor Krieg im Libanon wächst – lange Schlangen am Flughafen
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Quelle: reuters

Was sind die Ziele der Hisbollah?

Israel ist der Erzfeind der Hisbollah. Ursprünglich ging es der Terrororganisation um den "Widerstand gegen fremde Besatzung", als Israel im libanesischen Bürgerkrieg 1982 den Süden Libanons besetzt hatte. Dieses Ziel hat die Hisbollah aber mittlerweile ausgeweitet auf die "Befreiung Jerusalems", was auf eine Vernichtung des israelischen Staats hinausläuft. Zudem fordert die Terrororganisation Israel dazu auf, seine seit 1967 andauernde Besetzung der "Schebaa-Farmen" aufzugeben. Hierbei handelt es sich um ein kleines Gebiet zwischen Syrien, Libanon und Israel. Wem es gehört, ist seit Langem umstritten.

Darüber hinaus stellt sich die Hisbollah gegen den Einfluss des Westens und unterstützt den Iran bei dessen Verbreitung der iranischen Revolution, also auch in anderen Ländern Gottesstaaten zu etablieren.

Wie ist die Hisbollah entstanden?

Die Hisbollah entstand am Schnittpunkt dreier politischer Bewegungen der 1970er-Jahre, erklärt der Islam- und Religionswissenschaftler Christian Funke von der Friedrich Wilhelm Leibniz Universität: die palästinensische Bewegung, die Islamische Revolution im Iran, bei der 1979 Islamisten die Monarchie im Iran abschafften und eine islamische Republik unter der Herrschaft von Geistlichen ausriefen, sowie die Schiiten im Libanon.

Letztere fürchteten sich davor, in dem multiethnischen Staat marginalisiert zu werden. Hilfe fanden sie bei den iranischen Revolutionären, welche ihr Gedankengut verbreiten wollen. Die Schiiten beider Länder sind seit Jahrhunderten miteinander verbündet. Die Angst vor der Marginalisierung und die iranische Ideologie haben zusammen ideale Voraussetzungen für personelle und programmatische Kooperationen zwischen Hisbollah und dem Iran geboten, schreibt Funke auf der Webseite der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung.

Als Israel 1982 während des libanesischen Bürgerkriegs den Süden des Landes besetzte, gründete sich auf Betreiben des Iran die Hisbollah. Der Iran ließ ihr Waffen, Geld und Ausbildung für die Kämpfer der Miliz zukommen. Weniger als ein Jahr später griffen Selbstmordattentäter der Hisbollah die US-Botschaft in Beirut und das Hauptquartier der US-Marine am Flughafen an; insgesamt 241 US-Amerikaner kamen ums Leben.

Die Hisbollah setzte ihren Kampf gegen Israel fort und etablierte sich als politische Partei in der Regierung. Im Jahr 2000 zog die israelische Armee ab, was aber nur zum Teil an der Hisbollah lag; die Besatzung sei Israel allgemein zur Bürde geworden, schreibt der Nahostexperte Peter Philipp für die Bundeszentrale für politische Bildung. Die Hisbollah verbuchte das dennoch als großen politischen Erfolg für sich. Als Israel im Libanonkrieg 2006 nach einem Überfall der Hisbollah massive Vergeltungsschläge verübte, konnte die Terrororganisation weitere Sympathien in der libanesischen Bevölkerung für sich gewinnen.

Die Hisbollah griff auch in den syrischen Bürgerkrieg ein, der seit 2011 andauert. 2013 gab Anführer Nasrallah, bekannt, dass seine Miliz Syriens Präsident Bashar al-Assad unterstütze: "Syrien hat echte Freunde in der Region und der Welt, die nicht zulassen, dass Syrien in die Hände von Amerika, Israel (...) fällt", sagte er dem Hisbollah-Fernsehsender al-Manar.

Seit dem 8. Oktober 2023 kommt es immer wieder zu Kämpfen zwischen Israel und der Hisbollah in den Grenzgebieten beider Länder. Einen Tag zuvor hatte die palästinensische Terrororganisation Hamas Israel überfallen und mehr als 1.200 Zivilisten getötet. Seitdem befindet sich Israel mit der Hamas im Krieg und greift den Gazastreifen an.

Welche Gefahr sehen westliche Länder in der Hisbollah?

Westliche Länder bewerteten die Hisbollah im Verlauf der Geschichte unterschiedlich. Die USA betrachten sie seit 1997 als Terrororganisation; die EU stufte 2013 zunächst den militärischen Arm als terroristisch ein, weil er Assad in Syrien unterstützt und 2012 in Bulgarien an einem Anschlag auf jüdische Touristen beteiligt war. Sieben Menschen wurden dabei getötet. 2019 erklärte Großbritannien schließlich die gesamte Hisbollah für terroristisch, Deutschland folgte 2020.

Auch die arabischen Staaten bezeichnen die Hisbollah als terroristisch. Unterstützt wird sie hingegen weiterhin vom Iran. Die Hisbollah verliert zurzeit an Rückhalt im Libanon, weil viele Bürger sie für die große Explosion im Beiruter Hafen 2020 mitverantwortlich machen (die Bilder von damals finden Sie hier), bei der über 200 Menschen ums Leben kamen.

Verwendete Quellen
  • kas.de: "Die libanesische Hisbollah"
  • bpb.de: "Hisbollah"
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