Krise im Persischen Golf "Deutschland wird sich nicht an einer US-Mission beteiligen"
Die Krise am Persischen Golf spitzt sich zu: Die USA wollen ein Sicherheitsbündnis in der Straße von Hormus – und bitten Deutschland formal um militärische Beteiligung.
Die USA erhöhen den Druck auf Deutschland, sich an der Sicherung des Handelsverkehrs durch die Straße von Hormus zu beteiligen. "Wir haben Deutschland förmlich gefragt, zusammen mit Frankreich und Großbritannien bei der Sicherung der Straße von Hormus mitzuhelfen und iranische Aggression zu bekämpfen", teilte eine Sprecherin der US-Botschaft am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin mit. "Mitglieder der Bundesregierung haben klar gesagt, dass die Freiheit der Seefahrt geschützt werden sollte. Unsere Frage ist, von wem?", erklärte sie.
Nach dpa-Informationen wurde die US-Anfrage an Deutschland und andere Verbündete bereits vor mehreren Tagen schriftlich übermittelt. Es wurden auch konkrete militärische Fähigkeiten abgefragt. Eine formelle Antwort Deutschlands gibt es bisher zwar nicht.
"Keinen Beitrag in Aussicht gestellt"
Das Auswärtige Amt machte am Dienstag aber klar, dass kein deutscher Beitrag zu der geplanten US-Mission mit dem Namen "Sentinel" (Wache) zu erwarten ist. "Zu einer US-geführten Schutzmission in der Straße von Hormus hat die Bundesregierung bisher keinen Beitrag in Aussicht gestellt", hieß es aus dem Ministerium.
Nach der Festsetzung eines britischen Tankers durch den Iran in der Straße von Hormus hatte der damalige britische Außenminister Jeremy Hunt vor gut einer Woche einen rein europäischen Militäreinsatz als Ergänzung zu der US-Mission vorgeschlagen. Das war aber noch vor dem Amtsantritt des neuen Premierministers Boris Johnson. Die neu formierte britische Regierung – mit dem neuen Außenminister Dominic Raab – strebt nun einen europäisch geführten Ansatz unterstützt von den USA an.
Keine Politik des "maximalen Drucks"
Dagegen gibt es in der Berliner Regierungskoalition starke Vorbehalte " vor allem bei der SPD. Deutschland will sich von US-Präsident Donald Trumps Politik des "maximalen Drucks" auf den Iran abgrenzen. Ein Marineeinsatz gemeinsam mit den USA gilt deshalb als kaum denkbar. Es gibt Befürchtungen, in einen bewaffneten Konflikt der USA mit dem Iran gezogen zu werden. "Deutschland wird sich nicht an einer US-Mission beteiligen. Da ist man plötzlich auf Seiten der Amerikaner in einem Krieg mit dem Iran", sagte der außenpolitische Sprecher der SPD, Nils Schmid, dem "Tagesspiegel".
Das Auswärtige Amt erklärte, dass ein eng koordiniertes Vorgehen der Europäer und Deeskalation der Spannungen für die Bundesregierung die oberste Priorität blieben. "Die britische Entscheidung scheint mehr praktischen Fragen der schnellen Umsetzbarkeit geschuldet. Wir sehen hier keine Absage an ein gemeinsames Vorgehen."
"Freiheit der Seefahrt lebenswichtig"
Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Johann David Wadephul forderte die britische Regierung auf, Klarheit über ihre Pläne zu schaffen. "Großbritannien, dessen Tanker in iranischer Hand ist, muss klar Farbe bekennen, ob es eine europäische Mission anstrebt", sagte der CDU-Politiker der dpa. "Wir empfangen auch Signale, dass London sich unter dem neuen Premier Johnson eher in Richtung einer Beteiligung an einer US-Mission bewegt."
Wadephul betonte aber auch, dass Deutschland grundsätzlich dazu bereit sein müsse, sich an der Sicherung der freien Seefahrt weltweit zu beteiligen. "Die Wahrung der Freiheit der Seefahrt ist für ein global so vernetztes und wirtschaftlich starkes Land wie Deutschland lebenswichtig", sagte der CDU-Politiker. "In der Vergangenheit wurde das bei uns viel zu wenig diskutiert und es wurden auch nur bedingt die notwendigen sicherheitspolitischen Schlüsse gezogen."
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Großbritannien hatte am 4. Juli in Gibraltar den Tanker "Grace1" mit der Begründung festgesetzt, er habe iranisches Erdöl für Syrien an Bord und damit gegen EU-Sanktionen verstoßen. Der Iran bestreitet das. Am 19. Juli stoppten die iranischen Revolutionsgarden dann in der Straße von Hormus den britischen Öltanker "Stena Impero". Zur Begründung hieß es, das Schiff habe internationale Regeln der Seefahrt nicht eingehalten, sein GPS-System ausgeschaltet und umweltschädigende Materialien an Bord. Beide Seiten warfen sich gegenseitig Piraterie vor.
- Nachrichtenagentur dpa