Kaschmir-Konflikt Pakistan lässt indischen Piloten wieder frei
In den vergangenen Tagen schien sich ein ernster militärischer Konflikt zwischen den Atommächten Indien und Pakistan anzubahnen. Eine Geste des Friedens sorgt nun für Erleichterung – entspannt die Situation aber nicht.
Zwischen den Atommächten Indien und Pakistan gibt es nach der bedrohlichen militärischen Konfrontation ein erstes Zeichen der Entspannung. Pakistan ließ am Freitag einen festgesetzten indischen Piloten frei. Abhinandan Varthaman, Oberstleutnant der indischen Luftwaffe, wurde am Abend (Ortszeit) den indischen Behörden am Grenzübergang Wagah in der Provinz Punjab übergeben, wie die Außenministerien beider Länder mitteilten. Der pakistanische Ministerpräsident Imran Khan hatte die Übergabe am Donnerstag als "Geste des Friedens" angekündigt.
Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Varthaman, von Soldaten flankiert, zu Fuß die Grenze nach Indien überquerte. Prominente Inder wie der Cricket-Superstar Virat Kohli feierten den Piloten in sozialen Medien als "echten Helden". Bollywood-Star Shah Rukh Khan hieß den Piloten mit einem Bild indischer Flaggen auf Twitter willkommen.
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Die Spannungen zwischen den verfeindeten Atommächten Indien und Pakistan hatten sich in den vergangenen Tagen zugespitzt. Nachdem Indiens Luftwaffe in der Nacht zum Dienstag zum ersten Mal seit 1971 einen Angriff auf pakistanischem Gebiet geflogen hatte, schoss Pakistan nach eigenen Angaben am Mittwoch zwei indische Kampfflugzeuge ab. Nach Darstellung der indischen Streitkräfte war Varthaman mit seinem Fallschirm auf pakistanisches Gebiet getrieben.
Indien hatte nach eigenen Angaben ein Ausbildungslager der Terrorgruppe Jaish-e-Mohammed in Pakistan angegriffen, die einen Anschlag im indischen Teil Kaschmirs für sich reklamiert hatte. Bei dem Anschlag am 14. Februar waren 40 indische Sicherheitskräfte getötet worden.
Indien ist Freilassung nicht genug
Die Übergabe des Piloten könnte ein vorläufiges Ende der Eskalation markieren – trotz anhaltender Spannungen: Pakistans Außenminister Mehmood Qureshi sagte seine Teilnahme an einem Treffen der Organisation für Islamische Zusammenarbeit am Freitag in Abu Dhabi ab, weil seine indische Amtskollegin Sushma Swaraj als Ehrengast eingeladen war.
Aus Regierungskreisen in Neu Delhi hieß es, dass allein die Freilassung Varthamans Indien längst nicht reiche, um den Dialog mit dem Nachbarland wieder aufzunehmen. Pakistan habe die Eskalation provoziert, um von seiner Unterstützung für Terrorgruppen abzulenken. Islamabad müsse endlich gegen Gruppen wie Jaish-e-Mohammed vorgehen, die von Pakistan aus operierten – Pakistan bestreitet dies.
In einem von der pakistanischen Armee verbreiteten Video hatte der festgesetzte indische Oberstleutnant erklärt, er werde gut behandelt. Die pakistanischen Armeeoffiziere seien "durch und durch Gentlemen". Der Tee, den er bekommen habe, sei "fantastisch". Aber auch Videos davon, wie Varthaman nach seiner Landung in Pakistan, in einer Pfütze liegend, von einer aufgebrachten Menge geschlagen wurde, wurden im Internet verbreitet – sowie davon, wie er blutend, gefesselt und mit verbundenen Augen von der Armee befragt wurde.
Indien legte diplomatischen Protest über die "vulgäre Darstellung" des Gefangenen ein, die gegen die Genfer Konvention verstoße. Deren Bestimmungen schreiben vor, dass Kriegsgefangene unter anderem vor "öffentlicher Neugier" zu schützen sind.
Viele indische Medien und Internetnutzer feierten die bedingungslose Übergabe als Sieg Indiens. In Pakistan wiederum schlugen zahlreiche Nutzer von sozialen Medien Khan für den Friedensnobelpreis vor.
Konflikt schwelt seit Jahrzehnten
Sein indischer Amtskollege Narendra Modi sagte am Freitag bei einem Wahlkampfauftritt: "Traurigerweise haben einige Parteien, von Modi-Hass geleitet, angefangen, Indien zu hassen." Diese Parteien unterstützten, im Gegensatz zur Nation, weder die Streitkräfte noch Indiens Kampf gegen den Terror, erklärte er.
Modi war in die Kritik geraten, weil er trotz der Krise seine geplanten Wahlkampfauftritte vor der bis Ende Mai anstehenden Parlamentswahl wahrnahm und sich nicht an die Nation wandte – etwa in Form einer Fernsehansprache.
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Seit der Unabhängigkeit des früheren Britisch-Indien und seiner Trennung in Indien und Pakistan im Jahr 1947 beanspruchen beide Länder Kaschmir für sich – sie kontrollieren jeweils einen Teil. Die heutigen Atommächte führten bereits zwei Kriege um das Himalaya-Tal.
- Nachrichtenagentur dpa