Gegen Korruption in der Regierung Tausende Menschen protestieren in Rumänien
In Rumänien sind erneut Tausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen Korruption in der Regierung zu demonstrieren. Vorhergehende Protestaktionen am Wochenende wurden von schwerer Gewalt überschattet.
In Rumänien sind am Sonntagabend erneut Tausende Bürger auf die Straße gegangen und haben den Rücktritt der aus ihrer Sicht korrupten sozialliberalen Regierung gefordert. Die Proteste endeten in den frühen Morgenstunden ohne Zwischenfälle, wie die rumänischen Medien berichteten. Im Gegensatz zu den Tagen davor stand ihnen ein deutlich geringeres Polizeiaufgebot gegenüber.
Vor dem Regierungssitz in Bukarest kamen rund 10.000 Menschen zusammen, wie die Nachrichtenagentur Agerpres berichtete. In Cluj-Napoca, Sibiu 1.000 und in Iasi hätten jeweils rund 2.000 Menschen an Kundgebungen teilgenommen. Die Proteste verliefen friedlich, vielfach waren Eltern mit ihren Kindern zu den Protesten gekommen.
Die Demonstranten forderten den Rücktritt der von den Sozialdemokraten (PSD) geführten Regierung. Außerdem verlangten sie die Rücknahme jüngst beschlossener Gesetze, die prominente Politiker vor Strafverfolgung wegen Korruption schützen sollen.
Die Demonstrantenzahlen blieben unter denen der Vortage, als in Bukarest jeweils mehrere Zehntausend Menschen gegen die von den Sozialdemokraten (PSD) geführte Regierung protestiert hatten. Am Freitag war es am Rande der Proteste in Bukarest zu Zusammenstößen mit der Polizei gekommen, mehr als 400 Menschen mussten medizinisch versorgt werden.
"Reformen untergraben das Vertrauen der Öffentlichkeit"
EU-Justizkommissarin Vera Jourova forderte die Regierung in Rumänien auf, die viel kritisierten Justizreformen zu überdenken. "Die Gesetzentwürfe der rumänischen Regierung gefährden in ihrer Gesamtheit die Unabhängigkeit der Richter und sie beschneiden die Kompetenzen der Staatsanwälte. Sie untergraben zudem das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Justiz", sagte Jourova der "Welt" (Montag). "Es wäre hilfreich, wenn die Regierungspläne für eine Justizreform noch einmal überarbeitet würden", fügte sie an.
Erst Anfang Juli war die angesehene Sonderstaatsanwältin Laura Kövesi auf Betreiben der Regierung von Ministerpräsidentin Viorica Dancila entlassen worden. Kövesi hatte zahlreiche Politiker der Korruption überführt und ins Gefängnis gebracht. Dancila gilt wiederum als Marionette des PSD-Vorsitzenden Liviu Dragnea. Er kann derzeit nicht selbst Ministerpräsident werden, weil er wegen der Manipulation von Wahlen vorbestraft ist, kontrolliert aber die Regierung.
Immer wieder Demonstrationen gegen die Regierung
Seit Februar 2017, als die PSD-Regierung mit einer ersten Eilverordnung die Korruptionsbekämpfung erschweren wollte, gehen die Rumänen immer wieder in großer Zahl auf die Straße. Zuletzt war aber die Protestbewegung abgeflaut. Die Kundgebungen am Wochenende waren die größten seit Monaten.
Erstmals hatten Auslandsrumänen zu den Märschen aufgerufen. Viele von ihnen verbringen den Sommer in der Heimat, manche reisten eigens zu den Demonstrationen an. Sie hatten sich über soziale Netzwerke verabredet und für die Märsche geworben.
"Ich protestiere, weil diese Land wird geführt von einem verurteilten Straftäter", sagte ein Demonstrant in den ARD-"Tagesthemen". "Viele hier waren glücklich, als die Auslandsrumänen gekommen sind, um friedlich zu demonstrieren", sagte ein anderer Teilnehmer. Erstmals kam es durch vermummte, gewaltbereite Demonstranten allerdings auch zu gewalttätigen Auswüchsen.
Mindestens 33 Festnahmen in Bukarest
Ein paar Dutzend Vermummte versuchten am Freitagabend, den Regierungssitz in Bukarest zu stürmen – daraufhin ging die Polizei mit Tränengas, Wasserwerfern und Schlagstöcken gegen die Demonstranten vor. Die Polizei nahm 33 Personen vorläufig fest. Für zwei von ihnen beantragte die Staatsanwaltschaft Untersuchungshaft, wie die Behörde am Sonntag mitteilte.
Staatspräsident Klaus Iohannis verurteilte die aus seiner Sicht übermäßige Polizeigewalt. "In einer echten Demokratie hat jeder das Recht zu demonstrieren, doch ist Gewalt – unabhängig von den politischen Ansichten – inakzeptabel", schrieb der bürgerliche Politiker auf seiner Facebook-Seite.
Der Vorsitzende der oppositionellen Mitte-Rechts-Partei PNL, Ludovic Orban, warf der Regierungspartei PSD vor, gewalttätige Provokateure unter die Demonstranten eingeschleust zu haben, um Letztere zu diskreditieren. Sie seien aus der Szene der Fußball-Hooligans rekrutiert worden, mutmaßte er.
- dpa