Venezuela in Aufruhr Sechs Festnahmen nach mutmaßlichem Drohnen-Anschlag auf Maduro
Maduros Regierung spricht von einem Drohnen-Anschlag, bezichtigt Kolumbien und die USA, und lässt sechs Menschen verhaften. Die Opposition in Venezuela warnt nun vor einer "Verschärfung der Repression".
Nach dem mutmaßlichen Anschlag auf den venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro haben die Behörden sechs Verdächtige festgenommen. "Wir haben bis jetzt sechs Terroristen und Auftragsmörder festgenommen, mehrere Fahrzeuge beschlagnahmt", erklärte Innenminister Néstor Reverol in Caracas am Sonntag. In mehreren Hotels der venezolanischen Hauptstadt habe es Durchsuchungen gegeben. Dabei seien "erdrückende Beweise" gefunden worden.
Maduro war zuvor nach eigenen Angaben einem Mordanschlag entgangen. Während er am Samstag eine Rede bei einer Militärparade in Caracas hielt, explodierten nach Regierungsangaben mehrere mit Sprengstoff beladene Drohnen in der Nähe des Staatschefs. Sieben Mitglieder der Nationalgarde wurden demnach verletzt. Der Staatschef blieb unversehrt. Zu der Tat bekannte sich im Internet eine Gruppe, die sich als "Nationale Bewegung der T-Shirt-Soldaten" bezeichnete.
Fernsehbilder zeigten, wie der linksnationalistische Staatschef eine live übertragene Ansprache bei der Militärzeremonie in der Hauptstadt plötzlich abbrach und Richtung Himmel schaute, während Soldaten davon liefen. Leibwächter brachten sich mit Schutzschildern vor dem Präsidenten in Stellung. Die Übertragung im Fernsehen und im Radio brach dann ab. Fotografien zeigen einen Soldaten mit blutüberströmtem Kopf.
Maduro beschuldigt Kolumbien und die USA
Maduro sprach von einem versuchten Attentat auf ihn und beschuldigte Kolumbien, dahinter zu stecken. Kolumbien wies die Anschuldigungen zurück. Weitere Hintermänner sah Maduro in den USA. Der US-Sicherheitsberater John Bolton dementierte eine Beteiligung Washingtons. "Ich kann eindeutig sagen, dass es keine Verwicklung der US-Regierung in all das gibt", sagte er dem Sender Fox News.
Furcht vor verschärftem Vorgehen der Behörden wächst
Maduro beschuldigt regelmäßig die rechtsgerichtete Opposition oder die USA, einen Staatsstreich gegen ihn zu planen. Die wirtschaftliche Misere seines Landes ist nach seiner Darstellung Folge eines "Wirtschaftskriegs" des Auslands gegen Venezuela.
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Kritiker befürchten, dass der Vorfall nun zur Verschärfung der Repression genutzt wird. "Wir warnen davor, dass dieses konfuse Ereignis als Ausrede genutzt werden kann, um das verfassungsmäßige Recht des Volkes auf Protest abzuschaffen", schrieb das Oppositionsbündnis Frente Amplio. Mit ihrer Reaktion wolle die Regierung zudem von der akuten Krise in dem Land ablenken.
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Elend und Unterdrückung im Land
Venezuela leidet seit langem unter einer schweren Wirtschafts- und Versorgungskrise; internationale Organisationen warnen vor einer humanitären Notlage. Das Land mit den größten Ölreserven der Welt kämpft mit einer Hyperinflation, das heißt, die Preise steigen explosionsartig und das Geld verliert rasant an Wert.
Weil Devisen fehlen, kann Venezuela kaum noch Lebensmittel und Medikamente importieren. Hunderttausende Venezolaner sind vor Elend und Unterdrückung in die Nachbarstaaten geflohen.
Zuletzt prognostizierte der Internationale Währungsfonds (IWF) für das laufende Jahr eine Inflationsrate von einer Million Prozent. Die Wirtschaftsleistung könnte zudem um 18 Prozent einbrechen.
Kritiker werfen Maduro vor, er wolle eine Diktatur errichten. Im vergangenen Jahr schaltete der Sozialist das von der Opposition kontrollierte Parlament aus, im Mai ließ er sich für eine weitere fünfjährige Amtszeit bei einer umstrittenen Wahl im Amt bestätigen.
- dpa, afp