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Xi Jinping in Frankreich: Jetzt provoziert Putin auch China


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Xi Jinping in Europa
Jetzt provoziert Putin auch China


Aktualisiert am 07.05.2024Lesedauer: 6 Min.
Xi Jinping und Emmanuel Macron: Der chinesische Besuch in Frankreich wird von zwei großen Streitthemen überschattet.Vergrößern des Bildes
Xi Jinping (l.) und Emmanuel Macron: Der chinesische Besuch in Frankreich wird von zwei großen Streitthemen überschattet. (Quelle: Yoan Valat/dpa)
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Der Ukraine-Krieg und wirtschaftliche Spannungen überschatten Xi Jinpings Europareise. Ausgerechnet sein strategischer Partner Wladimir Putin bringt den chinesischen Präsidenten in Frankreich in Bedrängnis.

Er versteht etwas von großen Empfängen und schönen Bildern. Der französische Präsident Emmanuel Macron ist bekannt dafür, Staatsbesuche gezielt zu inszenieren. 2017 lud er Donald Trump zu einer Militärparade am 14. Juli ein. Der damalige US-Präsident war danach so verzückt, dass er das Pentagon anwies, auch in den USA eine Militärparade zu organisieren. Macron wusste, wie er die Eigenheiten Trumps bedienen musste, um sich Respekt zu verschaffen. Derzeit ist ein ähnlich komplizierter Partner zu Gast in Frankreich.

Der chinesische Staatschef Xi Jinping ist seit Montag vor Ort. Für Xi ist es die erste Europareise seit fünf Jahren. Die Länder, die er besucht, wurden sorgsam ausgewählt. Zunächst standen am Montag Gespräche mit der Europäischen Union und der französischen Regierung in Paris an. Für Dienstag hat ihn Macron zu einem Besuch auf den Col du Tourmalet in den Pyrenäen eingeladen. Der Berg ist über 2.000 Meter hoch, bekannt als einer der schwierigsten Anstiege der Tour de France. Als Kind verbrachte Macron hier viel Zeit bei seiner Großmutter. Die Idee dahinter: Ein Spaziergang und ein Essen mit Xi im Gebirge sollen einen intimen Rahmen schaffen.

Denn auf Xi Jinpings Europareise stehen die Konflikte zwischen China und Europa im Fokus. Vor allem in weiten Teilen der EU gibt es Unmut: Einerseits unterstützt die chinesische Führung weiterhin Russland, trotz Wladimir Putins Angriffskrieg in der Ukraine. Andererseits spitzen sich auch die wirtschaftlichen Konflikte zwischen EU und China immer weiter zu.

Xi ist nach Europa gekommen, um politische Spannungen abzubauen. Doch es ist ausgerechnet sein strategischer Partner Wladimir Putin, der ihm einen Strich durch die Rechnung macht. Die erneute russische Atomdrohung bringt China gleich zu Beginn der Europareise in Bedrängnis.

China gibt sich unparteiisch

Xi Jinpings Strategie bei seinen Gesprächen mit Macron und der EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen (CDU) bestand am Montag vor allem daraus, sich nicht auf konkrete Maßnahmen festnageln zu lassen. Es geht für China darum, seinen Einfluss in Europa weiter auszubauen. In Macron sieht Xi einen wichtigen Partner, weil dieser sich für mehr strategische Autonomie der EU und mehr Souveränität von den USA einsetzt.

Das gefällt der chinesischen Führung, die mittelfristig die Vereinigten Staaten als dominierende Weltmacht ablösen will. China verfolgt in Europa ein klassisches "Teile und Herrsche"-Konzept. Xi besucht in den kommenden Tagen auch Serbien und Ungarn – beides Länder, die Russland und der Volksrepublik nahestehen. Für Xi sind es politische Einfalltore nach Europa.

Der chinesische Präsident wusste wahrscheinlich im Vorfeld, dass ihn in Frankreich Kritik erwartet. Immerhin liefert China Dual-Use-Güter nach Russland, die der Kreml für seinen Angriffskrieg in der Ukraine benutzt. Die Volksrepublik lässt Russland außerdem den chinesischen Yuan als Ersatzwährung nutzen und ohne Zustimmung aus Peking würde auch Nordkorea Putin nicht mit Waffen und Munition versorgen.

Mit alledem möchte Xi allerdings offiziell gar nichts zu tun haben. Im Vorfeld seiner Reise veröffentlichte er sogar einen Gastbeitrag in der französischen Zeitung "Le Figaro". Darin schrieb er mit Blick auf den Krieg in der Ukraine, man wolle gemeinsam mit Frankreich und der internationalen Gemeinschaft daran arbeiten, Wege zu finden, um die Krise zu lösen. Aber stimmt das wirklich?

Xi zündet Nebelkerzen

Diese bewusst unkonkreten Formulierungen sollen als politische Nebelkerze fungieren. Diese Taktik ist nicht neu. China stand kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine im Februar 2022 unter massivem internationalen Druck, sich zu positionieren. Peking verkündete einen Friedensplan und eine Initiative, die aber nicht wirklich zu einem Ergebnis führten, sondern eher dazu dienen sollten, den Vorwurf der Untätigkeit zu entkräften.

Zwar ist für China dieser Krieg ein Ärgernis, weil nun Risikominimierungen der westlichen Wirtschaftssysteme chinesischen Interessen ernsthaft schaden könnten. Trotzdem möchte Xi um jeden Preis verhindern, dass Putin verliert. Denn in ihm sieht er einen strategischen Partner im Ringen um eine neue Weltordnung, und einen Machtwechsel in Russland möchte China nicht riskieren, aus Sorge vor Chaos in dem Nachbarland.

Die Situation ist so verfahren, dass sich auch in Paris keine Annäherung andeutet. Xi erklärt, dass China sich immer für den Frieden engagiert habe. "Wir lehnen es aber ab, diese Krise zu nutzen, um anderen die Schuld zuzuschieben, ihrem Image zu schaden und einen neuen Kalten Krieg anzuzetteln", fügt er hinzu, ohne zu präzisieren, um welches Land es sich dabei handle. China befürworte "zu angemessener Zeit" die Organisation einer Friedenskonferenz, die sowohl von Russland als auch von der Ukraine akzeptiert werde, meint Xi.

China spielt also auf Zeit. Das kommt wenig überraschend, denn immerhin scheint Russland in der Ukraine militärisch aktuell im Vorteil zu sein. Damit erklärt Xi aber auch indirekt, dass China nicht an der im Juni in der Schweiz geplanten Friedenskonferenz für die Ukraine teilnehmen werde. Die chinesische Führung sitzt also weiterhin an der Seitenlinie.

Putin macht Ärger

Scharfe Kritik von Macron und von der Leyen gibt es Montag zumindest öffentlich an dieser Position nicht. Laut Macron zeigt Xi sich lediglich willens, dessen Vorhaben eines "olympischen Friedens" an allen Kriegsschauplätzen während der Pariser Sommerspiele zu unterstützen. "Ich danke Ihnen, sich dafür zu engagieren, alle beteiligten Parteien zu einem olympischen Frieden aufzufordern", meint der französische Präsident. Xi habe ihm zudem versichert, dass China sich weiterhin dazu verpflichte, "keine Waffen an Moskau zu verkaufen und den Export von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck strikt zu kontrollieren".

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Die EU steht also erneut mit leeren Händen da und als wäre das nicht genug, platzt auch eine Nachricht aus Moskau am Montag in das Treffen. Putin kündigt ein Manöver seiner taktischen Nuklearstreitkräfte an – ein erneuter Einschüchterungsversuch mit Atomwaffen. Der Kreml sieht darin eine Reaktion auf Macron, der die Entsendung von Nato-Truppen in die Ukraine nicht ausschließen wollte. Doch an dieser Darstellung gibt es Zweifel. Immerhin hatte Frankreichs Präsident im März darüber gesprochen und die russische Reaktion folgt erst jetzt?

Es ist wahrscheinlich kein Zufall, dass Putin sich im Rahmen von Xi Jinpings Frankreich-Besuch für diese Eskalationsstufe entscheidet. Fest steht: Damit untergräbt er nicht nur Chinas Bestrebung, in Europa für Entspannung zu sorgen. Er lässt Xi auch ungemein schwach aussehen. Immerhin hatte sich dieser in den vergangenen Jahren dafür eingesetzt, dass Russland eben nicht mit dem Einsatz von Atomwaffen droht. Das war Pekings Zugeständnis gegenüber dem Westen und eine rote Linie, die Xi gegenüber Moskau gezogen hatte.

Xi steht im Regen. Am Montag verzichtet der chinesische Staatschef in Paris auf eine öffentliche Stellungnahme dazu, Fragen von Journalisten sind nicht zugelassen. Doch der Ärger wird in Peking groß sein: Putin verpasst Xi zu einem unpassenden Zeitpunkt eine politische Ohrfeige.

Drohender Handelskrieg

Trotz aller Uneinigkeiten brauchen China und die EU einander, besonders wirtschaftlich. Auch das wird am Montag deutlich. "Die Zukunft unseres Kontinents wird von unserer Fähigkeit abhängen, weiterhin ausgewogene Beziehungen zu China zu entwickeln, was unser Wille ist", sagt Macron. Der französische Präsident verfolgt eine Doppelstrategie: Einerseits möchte er Härte demonstrieren, andererseits eine Hand in Richtung Peking ausstrecken.

Besonders deutlich wird das beim zweiten Streitthema, dem drohenden Handelskrieg zwischen China und der EU. Von der Leyen erhebt am Montag erneut den Vorwurf, dass Peking mit Subventionen den Wettbewerb verzerre, und droht mit Konsequenzen aus Brüssel. "Subventionierte Produkte wie E-Autos und Stahl überschwemmen den europäischen Markt", betont sie. Europa werde sich "nicht von harten Entscheidungen abhalten lassen, um seine Wirtschaft und Sicherheit zu schützen." Sie fügt hinzu: Europa könne wettbewerbsverzerrende Praktiken nicht akzeptieren, und die Welt könne diese "Überproduktion" nicht aufnehmen.

Doch auch hier gibt es kein Entgegenkommen, die chinesische Seite zeigt sich von der Kritik unbeeindruckt. "Das angebliche Problem einer 'Überproduktion Chinas' existiert nicht", heißt es später in einer Stellungnahme des chinesischen Außenministeriums. Xi habe Macron und von der Leyen vielmehr erklärt, dass die chinesische Industrie das Angebot auf dem Weltmarkt vergrößere und dadurch den Inflationsdruck senke. Die chinesische Führung spekuliert wahrscheinlich darauf, dass sich die EU nicht auf gemeinsame Strafzölle einigen kann.

Das liegt auch an der Haltung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). US-Analysten kritisierten nach Scholz' China-Reise im April, dass die deutsche Außenpolitik in den Vorstandsetagen der Unternehmen gemacht werde. Während Frankreich und die EU zum Beispiel Autozölle gegen China forcieren, lehnt Deutschland dies ab. Vor allem, um keine chinesische Gegenreaktion zu provozieren, die die deutsche Autoindustrie schädigen könnte.

Macron und die EU stehen nach dem ersten Tag des Xi-Besuches also mit leeren Händen da. Zumindest fast. Entspannung gibt es lediglich mit Blick auf französische Cognac-Exporte. Macron zeigt sich erfreut, dass China vorerst auf Strafzölle verzichten wolle. Passenderweise erhält Xi als Gastgeschenk von Macron mehrere Flaschen Cognac.

Verwendete Quellen
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