Angriff der Wagner-Söldner Hätten Prigoschins Kämpfer militärisch eine Chance?
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Russland ist im Ausnahmezustand: Jewgeni Prigoschin wagt den Aufstand gegen Wladimir Putin. Doch haben die Wagner-Söldner militärisch überhaupt eine Chance?
Die Wagner-Söldner von Jewgeni Prigoschin marschierten auf Moskau zu. Mit Soldaten, gepanzerten Fahrzeugen und Panzern sind Prigoschins Kämpfer vorgerückt und halten trotz Waffenstillstand noch Rostow am Don besetzt. Was der Wagner-Chef "Marsch der Gerechtigkeit" nannte, ist für Wladimir Putin nicht anderes als ein bewaffneter Aufstand. Wenn sich Prigoschin und der Kreml nicht einigen könnten, erscheint weiteres Blutvergießen unausweichlich.
Doch kann Prigoschins Wagner-Gruppe der Aufstand gegen die russische Armee und Putins Sicherheitsapperat überhaupt gelingen? Fest steht: Der Wagner-Chef hat nur eine Chance, wenn er Unterstützung bekommt.
Wie stark ist Wagner?
Die Wagner-Gruppe wurde vor dem Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine auf 80.000 Kämpfer geschätzt. Zwar rekrutierte Prigoschin für seine Armee Verbrecher aus russischen Gefängnissen, aber das Fundament besteht aus Kriegsveteranen, die oft in der russischen Armee gedient haben und Kampferfahrung besitzen. Die Söldner sind also eine erfahrene Elitetruppe, die im Ausland in vielen Ländern eingesetzt wurde.
Aber der Krieg in der Ukraine hat auch die Wagner-Gruppe deutlich dezimiert. Im Januar 2023 schätzte das britische Verteidigungsministerium die Privatarmee noch auf 50.000 Kämpfer, nun sollen es nur noch 25.000 sein, berichtet der britische Fernsehsender BBC.
Der sich Moskau nähernde Wagner-Konvoi umfasst etwa 5.000 Kämpfer, wie eine Person im Umfeld der Separatisten-Führung in Donezk berichtet. Er werde vom hochrangigen Wagner-Kommandeur Dmitri Utkin geleitet und plane, Stellung in einer bebauten Gegend zu beziehen, sagt der Insider weiter. Mehr als 5.000 Wagner-Söldner hielten sich zudem in Rostow-am-Dom auf. Die Angaben des Insiders haben sich in der Vergangenheit als verlässlich erwiesen. Die ukrainische Provinz Donezk wird überwiegend von Russland kontrolliert.
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Prigoschin hofft auf Überläufer
Und wie viele Kämpfer hat Putin? Die russische Armee soll laut Schätzungen von Experten noch 250.000 Soldaten in Russland in Reserve haben. Hinzu kommt die Russische Garde – eine Spezialeinheit, die Putin im Jahr 2016 zur Sicherung der inneren Sicherheit aufstellen ließ. Dabei handelt es um Putins Elitetruppe, die dem russischen Präsidenten direkt unterstellt ist.
Die Russische Garde besteht aus Truppen des Innenministeriums und Spezialeinheiten der Polizei. Ihre Zahl wird auf 340.000 Mann geschätzt, die teilweise militärisch ausgerüstet sind. Dazu zählt auch OMON, ein mobiles Sondereinsatzkommando der Polizei. Die Truppe umfasst allein 20.000 Elitekämpfer.
Wenn der russische Sicherheitsapparat also alle diese Truppen mobilisieren kann, sind Prigoschins Söldner deutlich im Nachteil. Der Wagner-Chef kann lediglich darauf hoffen, dass russische Truppen zu ihm überlaufen. Aber eben dieses Kalkül könnte aufgehen: In der Region um die Stadt Rostow am Don konnten die Söldner scheinbar einfach das Gebiet besetzen, ohne merkbaren Widerstand der Armee.
Putins Armee war in Rostow stark vertreten, die Stadt ist das Logistikzentrum für den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Sie hätte also gegen die Söldner verteidigt werden können – für den Kreml ist das ein fatales Signal.
- mdr.de: Putins Machtinstrument: Die Russische Garde
- bbc.com: Newsblog (englisch)
- Nachrichtenagentur dpa
- Eigene Recherche