Spannungen am Golf Deutschland warnt die USA vor Krieg mit dem Iran
Riskieren die USA einen Krieg mit dem Iran, um in Teheran einen Regimewechsel zu erzwingen? Etliche EU-Politiker halten das für möglich – am Montag gab es nun in Brüssel unangekündigten Besuch aus Washington.
Wie bedrohlich die Lage ist, wird deutlich, als der britische Außenminister vor die Mikrofone tritt. "Wir sind äußerst besorgt, dass es aus Versehen zu einem Konflikt kommen könnte – mit einer Eskalation, die von keiner Seite gewollt ist", erklärt Jeremy Hunt am Montag beim EU-Außenministertreffen mit Blick auf die Spannungen zwischen den USA und dem Iran. Aus britischer Sicht brauche es dringend eine Ruhephase, damit sich jeder erst einmal darüber klar werden könne, was die andere Seite überhaupt wolle.
Die Äußerungen sind klar an US-Außenminister Mike Pompeo gerichtet, der zuvor eine Stippvisite in Brüssel angekündigt hatte – ohne Einladung und für die Europäer völlig überraschend.
Maas warnt seinen US-Kollegen eindringlich
Wenig später, nach einem kurzen Gespräch mit Pompeo, wird dann auch Bundesaußenminister Heiko Maas sehr deutlich. Mit klaren Worten warnt der SPD-Politiker die USA davor, einen Krieg mit dem Iran zu riskieren. Er habe Pompeo "noch einmal deutlich gemacht", dass Deutschland keine militärische Eskalation wolle, sagt Maas. Aus europäischer Sicht sei das mit dem Iran geschlossene Nuklearabkommen derzeit der einzige und beste Weg, um den Bau einer iranischen Atombombe zu verhindern.
Zumindest indirekt übt Maas damit vernichtende Kritik an der Iran-Politik des einst so engen Verbündeten. Daran, dass die USA vor einem Jahr ohne Absprache aus dem Atomabkommen mit dem Iran ausstiegen und danach Wirtschaftssanktionen erließen, die weltweit Unternehmen davor abschrecken, mit dem Iran Geschäfte zu machen. Und vor allem daran, dass Washington bislang keine Alternative zu dem Atomabkommen aufgezeigt hat.
Berater von Trump wollte den Iran bombardieren
In Brüssel gibt es deswegen die böse Vermutung, dass die US-Regierung eigentlich einen Umsturz im Iran provozieren will. Je schlechter es den Menschen wegen der Wirtschaftssanktionen gehe, desto eher könnten sie geneigt sein, die autoritäre Führung loszuwerden zu wollen, könnte demnach die Hoffnung lauten.
Hinweise auf eine solche Strategie finden sich vor allem in älteren Aussagen von John Bolton. Der Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump hatte vor seinem Amtsantritt wiederholt für einen Regimewechsel oder sogar einen Krieg gegen den Iran geworben. Um die iranische Atombombe zu verhindern, müsse man den Iran bombardieren, schrieb er beispielsweise 2015.
Offiziell begründen die USA ihren Ausstieg aus dem Atomabkommen damit, dass es den Iran nicht davon abhalte, in der Region Unruhe zu stiften. Die Europäer sehen die Rolle des Irans in der Region ebenfalls sehr kritisch. Sie wollen allerdings das Atomabkommen mit dem Land erhalten und verweisen darauf, dass der Iran bislang alle schriftlich eingegangenen Verpflichtungen einhält. Zugleich wird befürchtet, dass ein Krieg oder selbst schon eine Destabilisierung des Irans zu neuen Flüchtlingsbewegungen in Richtung Europa führen könnte.
"Niemand will, dass der Iran in den Besitz einer Atombombe kommt"
"Wir sind mit der Rolle etwa in Syrien nicht einverstanden, auch nicht mit dem ballistischen Raketenprogramm", kommentiert Maas am Montag in Brüssel. In Europa sei man sich aber einig, dass das Abkommen für unsere Sicherheit notwendig ist. "Niemand will, dass der Iran in den Besitz einer Atombombe kommt", sagt Maas.
Konkret soll es bei den Rettungsbemühungen für den Atomdeal nun vor allem darum gehen, trotz amerikanischer Sanktionsdrohungen Handelsbeziehungen mit dem Iran aufrechtzuerhalten. Sollte dies nicht gelingen, könnte der Iran sein im Zuge des Abkommens eingestelltes Programm zum Bau einer Atombombe wieder aufnehmen. Für die Einstellung des Programms hatten die Vertragsstaaten nämlich eine Aufhebung der wirtschaftlichen Isolation des Landes versprochen.
Weil zuletzt wegen der US-Sanktionsdrohungen kaum noch ausländische Unternehmen mit dem Iran Geschäfte machten, drohte die Führung in Teheran in der vergangenen Woche damit, nach Ablauf einer 60-Tages-Frist den Ausstieg aus dem Atomabkommen einzuleiten. Deutschland, Frankreich und Großbritannien versuchen nun unter Hochdruck, eine Handelsplattform mit dem Namen Instex einsatzbereit zu bekommen. "Es wird jetzt darum gehen, dieses Instrument (...) auch zu nutzen", sagt Maas am Montag.
Pompeo flog lieber in den Irak statt nach Berlin
Auf die Frage, was Pompeo überhaupt zu der Reise nach Brüssel bewegt haben könnte, gibt es am Montag keine abschließende Antwort. Aus EU-Kreisen heißt es, möglicherweise sei es ihm nur darum gegangen, die Europäer vom Festhalten am Handel mit dem Iran abzubringen.
Bundesaußenminister Maas erklärte lediglich, dass er es angesichts der Situation in der Region gut finde, dass Pompeo das Gespräch mit seinen europäischen Kollegen suche. In der Vorwoche noch hatte Pompeo einen Besuch in Berlin in letzter Sekunde abgesagt, und war lieber in den Irak geflogen.
Als konkretes Beispiel für die Sorgen der Europäer nennt Maas am Montag Berichte über Sabotageakte gegen Handelsschiffe im Golf von Oman. Sie könnten von Gegnern des Irans inszeniert worden sein, um eine hartes Vorgehen gegen das Land zu rechtfertigen, hieß es am Montag in Brüssel.
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Genauso gut sei es aber möglich, dass der Iran dahinter stecke und zeigen wolle, dass auch er Mittel in der Hand habe, um seinen Gegnern zu schaden. So könnte es für die gesamte Weltwirtschaft schwere Konsequenzen haben, wenn eine Seeblockade im Persischen Golf den internationalen Ölexport stören würde.
- Nachrichtenagentur dpa