Nach Trumps Sanktionen Wohin fließt jetzt das iranische Öl?
Mit seinen Sanktionen will US-Präsident Trump dem Iran den Geldhahn zudrehen. Doch das Land wird weiterhin Öl exportieren. Die Frage ist nur: Wohin?
Wenn US-Präsident Donald Trump dem Iran zur neuen Woche den Ölhahn zudreht, droht dem Ölmarkt ein heißer Herbst. Viele Investoren stellen sich auf Versorgungsengpässe und Preissprünge ein. Zwar stehen die Öl-Multis Russland und Saudi-Arabien mit einer Anhebung ihrer Förderquoten parat. Doch wie groß die Ausfälle für den Weltmarkt sein werden, liegt komplett im Dunkeln. Beobachter fürchten, dass es künftig noch schwerer wird, den Iranern in die Karten zu schauen.
Im Mai brachte Trump den Stein ins Rollen – er kündigte das internationale Atom-Abkommen mit dem Iran auf und verhängte neue Sanktionen, die nun wirksam werden. Dadurch könnten Öl-Lieferungen im Volumen von mehreren Hunderttausend Barrel pro Tag dem Markt entzogen werden. Auch wegen der weiter bestehenden Förderbremse der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) und ihrer Partner wie Russland könnte das Angebot die Nachfrage dann nicht mehr decken. Aus Furcht davor deckten sich Anleger in den vergangenen Monaten bereits mit Rohöl ein.
Anfang Oktober kostete die führende Nordseesorte Brent mit 86,74 Dollar je Fass so viel wie zuletzt 2014. Sorgen um eine schwächelnde Weltwirtschaft in Folge der ebenfalls von Trump angezettelten Handelskonflikte ließen den Preis allerdings wieder auf rund 75 Dollar sinken.
Aber Investoren fragen sich, wie es nach Inkrafttreten der neuen Sanktionen weitergeht. Keiner habe eine Ahnung, wie viel Öl dann aus dem Iran fließen werde, sagt Saudi-Arabiens Energieminister Chalid al-Falih. Ginge es nach Trump, kämen die iranischen Ölexporte völlig zum Erliegen, das ist aus Sicht des Irans undenkbar. "Irans Ölexporte können nicht gestoppt werden", zitierte die Nachrichtenagentur Tasnim Ölminister Bidschan Sanganeh. Und Vize-Präsident Eschak Dschahangiri sagte jüngst: "Trotz der Sanktionen wird der Iran nicht weniger als eine Million Barrel pro Tag exportieren."
USA genehmigen Ausnahmen – ein Erfolg für den Iran?
Aber auch die US-Regierung weiß, dass es schwierig sein wird, die iranischen Öl-Exporte ganz auf null zu drücken. Auch, weil einige Verbündete in der Region wie Afghanistan noch von Lieferungen aus dem Iran abhängig sind. Daher wollen die USA nun einigen Ländern Ausnahmen gewähren, wie Außenminister Mike Pompeo am Freitag ankündigte. Dazu dürften nach eigenen Angaben die Türkei und der Irak gehören sowie Informationen von Insidern zufolge Indien und Südkorea. Der Iran wertete die Ausnahmeregelungen als Erfolg und Bestätigung seiner Position.
Die Commerzbank schätzt, dass auf Tagesbasis zwischen eine und anderthalb Millionen Barrel iranischen Öls vom Markt genommen werden dürften. "Zwei Rohstoffhändler rechnen sogar mit einem Ausfall von bis zu zwei Millionen Barrel täglich und einem Preisanstieg auf 100 Dollar bis Anfang 2019", sagt Experte Eugen Weinberg. So ein Preissprung stelle aber ein Extremszenario dar. "Dafür müssten alle Länder bis auf China ihre Käufe von iranischem Öl vollständig einstellen, was wir für unwahrscheinlich halten."
Die anderen Mitglieder der Opec werden jedenfalls Mühe haben, den Erwartungen Trumps gerecht zu werden und den Ölpreis im Zaum zu halten. Denn schließlich ist der Iran der drittgrößte Ölproduzenten unter ihnen. Schon jetzt sind seine Frachtzahlen nebulös. In den ersten drei Oktoberwochen exportierte die Islamische Republik Schätzungen zufolge mindestens eine Million Barrel pro Tag. Das reicht schon mal aus, um den gesamten Bedarf der Türkei zu decken. Die Schätzungen klaffen aber weit auseinander. Manche Experten gehen sogar von bis zu 2,2 Millionen Fässern pro Tag aus. Offizielle Zahlen gibt es aus Teheran nicht.
Iranische Tanker segeln unter dem Radar
Branchenkennern zufolge erschwert eine weitere Besonderheit die Prognosen: Viele Öl-Tanker des Schiitenstaates schalten während der Fahrt ihre Ortungssysteme ab. An welchem Tag und zu welcher Stunde das Schiff seine Ladung aufgenommen habe, sei deswegen oft nicht mehr eindeutig nachvollziehbar.
Zudem könnte iranisches Öl zunächst in Asien gebunkert anstatt auf den Markt geliefert werden, was die Berechnungen noch komplizierter machen würde. Denn bei Marktanalysen wird gelagertes Öl nicht berücksichtigt. So könnte der Iran großen Kunden wie Indien und China Öl zur Lagerung und nicht zum direkten Verbrauch liefern. Ein Insider aus dem Umfeld der Führung in Teheran sagte mit Blick auf Indien: "Wir werden ihnen Öl für unsere Lager dort liefern. Das selbe werden wir auch mit China machen."
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China bereitet sich schon auf die neue Zeit mit US-Liefersperren vor. Im September importierte die Volksrepublik im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mit 518.300 Barrel pro Tag rund 34 Prozent weniger aus dem Iran.
- Nachrichtenagentur Reuters