Juncker bei Trump Diese Maßnahmen sollen den Handelsstreit beenden
Unerwartet rasch haben sich die EU und die USA auf einen Ausweg aus ihrem Handelsstreit geeinigt. Ein solcher Durchbruch schien zuletzt in weiter Ferne. Ein Überblick über das Erreichte.
Plötzlich ging es ganz schnell. Nach monatelangem Streit, nach Frontalangriffen und Gegenschlägen haben die USA und die EU ihren Handelskonflikt vorerst beigelegt. US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker verständigten sich bei einem Treffen im Weißen Haus in Washington auf einen gemeinsamen Kurs zur Beilegung der Streitigkeiten.
- Handelskonflikt entschärft: "Die EU und die USA lieben einander"
"Wir haben heute einen Deal geschlossen", zeigte sich Juncker nach dem Gespräch mit Trump erleichtert. Das war so im Vorfeld nicht erwartet worden, beide Seiten hatten die Erwartungen tief gehängt. Zudem hatte der US-Präsident den Streit mit der EU zuletzt rhetorisch immer wieder angeheizt. Nun betonte er, wenn die USA und die EU "ein Team bilden", dann könnten sie den Planeten zu einem "sichereren" und "wohlhabenderen Ort" machen.
Die EU und die USA vereinbarten unter anderem, auf einen weitgehenden Abbau von Handelsschranken für Industriegüter hinzuarbeiten und auf gegenseitige Handelsstrafen bis auf Weiteres zu verzichten. Diese und weitere Ergebnisse im Überblick:
- Das wohl wichtigste Ergebnis: Die EU und die USA streben einen fast vollständigen Abbau von gegenseitigen Restriktionen im Handel mit Industriegütern an. Trump erklärte, beide Seiten hätten sich darauf geeinigt, in diesem Feld auf die Abschaffung von Zöllen, Handelsbeschränkungen und Subventionen hinarbeiten zu wollen. "Wir beginnen jetzt mit den Verhandlungen, aber wir wissen genau, in welche Richtung sie gehen", erklärte er.
- Autos sind von dieser Regelung zwar explizit ausgenommen. Allerdings: Die von Trump bislang angedrohten Strafzölle auf europäische Autos sind vorerst vom Tisch. US-Finanzminister Steven Mnuchin bestätigte, dass die USA während der vereinbarten Handelsgespräche mit der EU von den Zöllen absehen wollen. Sonderzölle auf Autos würden vor allem deutsche Autobauer treffen, weil sie so viele Fahrzeuge in die USA liefern wie kein anderer EU-Staat.
- Die derzeitigen von den USA verhängten Sonderabgaben auf Stahl und Aluminium sollen überprüft werden. Trump sagte, man werde dieses Problem ebenso lösen wie das der EU-"Vergeltungszölle". Der US-Präsident hatte Anfang Juni Strafzölle auf Stahl und Aluminium aus Europa in Kraft gesetzt, worauf die EU mit Gegenzöllen auf US-Waren wie Whiskey, Jeans und Motorräder im Gesamtwert von 2,8 Milliarden Euro antwortete.
- USA und EU wollten über die Angleichung von Standards reden, wie sie schon beim gescheiterten Handelsabkommen TTIP geplant war. So sollen bürokratische Hürden reduziert und der Handel erleichtert werden. Gemeinsam wollen sie sich zudem für eine Reform der Welthandelsorganisation (WTO) einsetzen und gegen "unfaire Handelspraktiken" vorgehen. Gemeint ist damit offenbar eine gemeinsame Strategie gegen China, auch wenn das Land nicht namentlich genannt wurde.
- Nach Trumps Angaben hat die EU zugesagt, im großen Stil amerikanische Sojabohnen aufzukaufen. Europa werde damit "fast sofort" beginnen, sagte der US-Präsident, der sich dafür ausdrücklich bei Juncker bedankte. "Das ist eine große Sache." Damit würden Märkte für Landwirte geöffnet, was zu wachsendem Wohlstand in den USA und der EU führen werde. "Es wird den Handel außerdem fairer und gegenseitiger machen." Der Handelskonflikt der USA mit China hat zu massiven Einbußen bei amerikanischen Sojabohnen-Bauern geführt.
- Trump und Juncker vereinbarten auch eine stärkere transatlantische Kooperation im Energiesektor. Die EU-Kommission sagte eine Erhöhung der Importe von Flüssiggas aus den USA zu. "Sie werden ein sehr, sehr großer Käufer (von Flüssiggas) sein", sagte Trump. Damit werde die EU ihren Energiebezug diversifizieren können. Trump ist ein erklärter Gegner der Gas-Pipeline Nord Stream 2, die Deutschland gemeinsam mit Russland vorantreibt.
Von einem "Deal", wie Juncker es nannte, sind beide Seiten noch ein Stück weit entfernt. Viele Punkte der Übereinkunft bleiben vage. Die Arbeit an der Umsetzung habe aber bereits begonnen, versicherte Trump nach dem Treffen auf Twitter. Der Prozess schreite schnell voran. Bei den Gesprächen habe eine "großartige Wärme" geherrscht. Der US-Präsident sprach von einem "großen Tag". Das Gespräch mit Juncker habe dazu gedient, "eine neue Phase in den Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union einzuleiten. Eine Phase enger Freundschaft, starker Handelsbeziehungen, in denen wir beide gewinnen werden."
Lob und Skepsis in Politik und Industrie
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) begrüßte die Ergebnisse geradezu euphorisch. Trump und Juncker hätten einen Handelskrieg abgewendet, schrieb er auf Twitter. Dies sei "großartig" für die Weltwirtschaft, Millionen von Jobs würden so gesichert. Auch die deutsche Industrie atmete auf. Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, sprach von einem wichtigen Zeichen der Entspannung. Zugleich mahnte er, jetzt müssten den Worten aber auch Taten folgen.
Zurückhaltender äußerte sich der Wirtschaftsverband DIHK. "Die in Aussicht gestellten Lösungen gehen in die richtige Richtung, aber eine gehörige Portion Skepsis bleibt", erklärte Verbandschef Eric Schweitzer. Die Autozölle seien nicht endgültig vom Tisch. Auch FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff mahnte, die Belastbarkeit der Vereinbarungen "wird sich erst noch zeigen müssen".
- dpa, AFP, Reuters