Streit mit Elite-Uni Columbia Jetzt greift Trump die Universitäten an

Die US-Regierung droht der Universität Columbia mit dem Entzug von Fördermitteln. Columbia geht auf die Forderungen ein. Der Streit hat eine lange Geschichte.
400 Millionen US-Dollar: So hoch ist die Summe der Fördermittel, die die US-Regierung der Universität Columbia streichen wollte, sollte sie ihre Richtlinien für Proteste, Sicherheitspraktiken und die Abteilung für Nahost-Studien nicht umfassend ändern. Columbia ist Teil der sogenannten Ivy League und damit eine der renommiertesten Hochschulen des Landes – und knickte am Freitag vor der Drohung der US-Regierung ein.
Ein Bericht der "New York Times" legt allerdings nahe, dass Columbia nicht nur Ziel von Drohungen der US-Regierung wurde, weil sich die Universität im vergangenen Frühjahr zum Schauplatz großer pro-palästinensischer, anti-israelischer Proteste entwickelt hatte.
Trump hatte nach seiner Machtübernahme erklärt, die Uni habe jüdische Studierende nicht ausreichend vor Belästigungen auf dem Campus geschützt und sei ein Hort des Antisemitismus. Doch der Streit zwischen Trump und Columbia geht offenbar ein Vierteljahrhundert zurück – und auch hier spielt die Summe von 400 Millionen Dollar eine wichtige Rolle.
Streit mit dem Immobilienhai Donald Trump
In den späten 1990er-Jahren wollte die Universität im New Yorker Stadtteil Manhattan expandieren und suchte dafür ein passendes Grundstück. Angeboten wurde ihr eine Brachfläche an der Upper West Side zwischen Lincoln Center und Hudson River. Das Grundstück gehörte einem Immobilienunternehmer namens Donald Trump, der damals weder US-Präsident noch Reality-TV-Star war.
Das Grundstück befand sich an der südlichen Spitze eines größeren, 77 Hektar großen Geländes, das Trump seit den frühen 1970er-Jahren besaß. Anfang der 1990er-Jahre hatte Trump keine Fortschritte bei der Erschließung des Geländes gemacht, nachdem er mehr als 800 Millionen Dollar Schulden angehäuft hatte und die Ratenzahlungen auf den Kredit für das Grundstück nicht mehr finanzieren konnte. Die Rettung kam in Form von Investoren aus Hong Kong, die Trumps Vision teurer Hochhauswohnungen finanzieren wollten, wobei Trump das öffentliche Gesicht des Projekts bleiben sollte.
Dem Bericht der "New York Times" zufolge hatte Trump das Grundstück zuvor dem Fernsehsender CBS angeboten, der es allerdings nicht kaufen wollte. In seiner Verzweiflung pries Trump das Bauland sogar in seiner Rede auf der Beerdigung seines Vaters im Jahr 1999 an – jedoch ohne Erfolg. Deshalb nahm er im Jahr 2000 die Columbia University ins Visier, die expandieren wollte.
Er bot dabei offenbar auch an, den Wirtschaftszweig der Universität "Donald J. Trump Business School" zu nennen. Er sprach vom "Columbia Prime"-Projekt.
Columbias Präsident lehnt Grundstückskauf ab
Trump forderte 400 Millionen US-Dollar für das vergleichsweise kleine Grundstück, das für den geplanten Ausbau der Universität eigentlich zu wenig Platz bot. Ein von der Universität beauftragtes Gutachten der Investmentbank Goldman Sachs taxierte den Wert des Grundstücks außerdem auf nur 65 bis 90 Millionen Dollar. Bei einem Treffen, in dem ihm diese Zahlen genannt wurden, soll der heutige US-Präsident damals laut der "New York Times" wutentbrannt den Raum verlassen haben.
Im Jahr 2002 übernahm dann der Juraprofessor Lee C. Bollinger das Amt des Präsidenten der Columbia University – und schob der Debatte um den möglichen Kauf des Trump-Grundstücks einen Riegel vor. Die Universität entschied sich wenig später, ihr Campusgelände stattdessen nach Harlem auszudehnen.
Trumps Ärger hält sich über Jahre
2005 konnten Trump und seine Investoren aus Hongkong das Grundstück doch noch an eine Investmentfirma verkaufen – für 1,8 Milliarden US-Dollar. Kurz vorher war auch die Reality-Show "The Apprentice" an den Start gegangen, an der der heute US-Präsident entscheidend mitwirkte.
Doch seine Wut über den geplatzten Deal mit Columbia verflog auch angesichts seines Fernseherfolgs nicht. Als zwei Journalismusstudenten der Uni 2010, also acht Jahre nach dem geplatzten Deal, in der Campuszeitung "Columbia Spectator" ein Portrait über Lee Bollinger veröffentlichten, soll ihnen Trump anschließend einen wütenden Leserbrief geschickt haben.
Er fügte eine Kopie eines Schreibens bei, das er kürzlich an das Kuratorium von Columbia geschickt hatte. In diesem Brief bezeichnete er den neuen Manhattanville-Campus in Harlem als "lausig" und Uni-Präsident Bollinger als "Dummkopf". Der Universität hätte es besser zu Gesicht gestanden, sein Grundstück zu kaufen, so Trump: "Das war eine großartige Idee eines großartigen Mannes, die letztendlich wegen der schlechten Führung der Columbia scheiterte", soll er damals geschrieben haben. Den Brief unterschrieb er mit einem schwarzen Stift und kritzelte darunter: "Bollinger ist schrecklich."
In einem ebenfalls 2010 erschienenen Interview mit dem "Wall Street Journal" bezeichnete Trump Bollinger als "Idioten". Seit 2023 ist Bollinger nicht mehr Präsident der Columbia.
Columbia als Zentrum von anti-israelischen Studentenprotesten
Die Uni entwickelte sich zum Zentrum der New Yorker Proteste gegen den Krieg, den die israelische Regierung gegen die terroristische Hamas im Gazastreifen nach dem Massaker vom 7. Oktober 2023 führt. Auch gegen die Menschenrechtsverletzungen, die israelische Soldaten und Polizisten in Teilen des völkerrechtswidrig besetzten Westjordanlands begehen, wenden sich die Demonstranten.
Studierende errichteten ein Protestcamp an der Columbia, ein Gebäude wurde zeitweise besetzt, jüdische Kommilitonen wurden angegangen und beschimpft. Die Uni-Proteste werden als anti-israelisch beziehungsweise antisemitisch eingestuft – auch wegen des Schlachtrufs "from the river to the sea", der die Auslöschung Israels propagiert.
Einer der Aktivisten, Machmud Chalil, wurde kürzlich in Manhattan festgenommen. Ihm wird eine Unterstützung der islamistischen Hamas vorgeworfen, es droht die Abschiebung. Trump fordert nun eine stärkere Kontrolle über die Hochschulpolitik – mit der Begründung, Antisemitismus auf dem Campus zu bekämpfen. Die US-Regierung entzog der Universität Fördermittel in Höhe von 400 Millionen US-Dollar, um Druck auszuüben.
Die Universität knickt vor Trump ein
Am Freitag lenkte die Universität ein und akzeptierte Forderungen zur Überarbeitung von Protestregeln, Sicherheitsstandards und der Gestaltung ihres Nahost-Studienprogramms. Diese Zugeständnisse beunruhigten Teile der Fakultät. Einige Mitglieder vermuten, Columbia wolle sich so die Rückzahlung der 400 Millionen US-Dollar sichern.
Columbias Kurswechsel könnte weitreichende Folgen für zahlreiche andere Hochschulen in den Vereinigten Staaten haben. Nach Medienberichten stehen mindestens 60 weitere Universitäten unter Druck, darunter renommierte Einrichtungen wie Harvard, Stanford und die University of Michigan. Diese sind ebenfalls mit Ermittlungen der Bundesregierung konfrontiert und fürchten vergleichbare Sanktionen.
Historiker: "Regierung benutzt den Knüppel"
Einige Hochschulleitungen warnten, Columbias Zugeständnisse könnten einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen. Der Bildungshistoriker Jonathan Zimmerman von der University of Pennsylvania, selbst Absolvent der Columbia, sagte der US-Nachrichtenagentur Reuters: "Historisch gesehen gibt es keinen Präzedenzfall dafür. Die Regierung benutzt das Geld als Knüppel, um eine Universität engmaschig zu kontrollieren."
Was Trumps Groll gegen die Columbia-Universität langfristig für die Bildungseinrichtung bedeutet, ist noch nicht klar. Mehrere Studiengänge sollen laut Regierungsforderung für mindestens fünf Jahre unter staatliche Aufsicht gestellt werden. Zwar ging die Universität nicht direkt auf die Forderung ein, allerdings erklärte sie, eine externe Person einsetzen zu wollen, die die Führung dieser Fachbereiche sowie der Außenstellen in Tel Aviv und der jordanischen Hauptstadt Amman überprüfen solle.
- nytimes.com: "Decades Ago, Columbia Refused to Pay Trump $400 Million" (englisch)
- columbiaspectator.com: "Finding Bollinger" (englisch)
- wsj.com: "The Art of the Deal: Trump Calls Bollinger 'Moron' Over Columbia Expansion" (englisch)
- apnews.com: "Under threat from Trump, Columbia University agrees to policy changes" (englisch)
- theguardian.com: "Columbia University caves to demands to restore $400m from Trump administration" (englisch)
- theatlantic.com: "Columbia University’s Anti-Semitism Problem" (englisch)
- tagesschau.de: "Kommission sieht zu wenig Schutz vor Antisemitismus"