Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Merz und Scholz Alles andere wäre kindisch
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Nach dem Eklat im Oval Office ist jetzt umso wichtiger: Der neue Bundeskanzler muss auf die internationale Bühne.
Wenn eines seit vergangenem Freitag klar sein dürfte, dann das: Die Lage ist nun endgültig ernst. Für die Ukraine. Für Europa. Und für Deutschland. Denn die Szene im Weißen Haus markierte eine Zäsur: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wurde von Donald Trump und dessen Vize J. D. Vance öffentlich abgekanzelt. Im Streit verließ der ukrainische Präsident daraufhin das Oval Office.
Für die Ukraine, aber auch für Europa, geht es nun um alles. Während Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Großbritanniens Premier Keir Starmer die Zeichen der Zeit erkannt haben und mit einem diplomatischen Vorstoß zur Waffenruhe in der Ukraine sofort reagierten, herrschte in Berlin Stillstand.
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Deutschland steht wegen der Neuwahlen und der anstehenden Regierungsbildung im Abseits. Dabei sind die Deutschen nach den Amerikanern bislang die größten Unterstützer Kiews.
Das ist eine absurde Situation. Es wird daher höchste Zeit, dass der neue Kanzler Friedrich Merz noch vor seinem offiziellen Amtsantritt die internationale Bühne betritt. Olaf Scholz ist nur noch ein Kanzler auf Abruf, eine "lame duck", also eine "lahme Ente". Bis Ostern will Merz eine neue Regierung bilden, dann ist Scholz weg.
"Regierungspraktikum ist nicht vorgesehen"
Schon am kommenden Donnerstag steht ein Ukraine-Sondergipfel an. Warum nimmt der geschäftsführende Kanzler den designierten Kanzler nicht einfach mit, führt ihn dort ein?
Regierungssprecher Steffen Hebestreit machte erst vergangene Woche klar, noch vor dem Eklat im Weißen Haus: "Ein Regierungspraktikum vor Amtsübernahme ist für Herrn Merz nicht vorgesehen." Die Wortwahl offenbart eine Arroganz, die fehl am Platz ist.
Aktuell stehen Scholz und Merz zwar bereits in regem Austausch, telefonieren zu den aktuellen Entwicklungen, was gut und wichtig ist. Doch auch nach außen muss nun endlich deutlich werden, dass Merz bald Kanzler, ja, starker Mann in Europa sein wird.
Wenn sich Berlin aus der internationalen Diplomatie zurückzieht, hinterlässt es ein Vakuum, das andere füllen. Macron und Starmer treiben eine "Koalition der Willigen" für eine Waffenruhe in der Ukraine voran. Ursula von der Leyen drängt derweil auf eine massive Wiederaufrüstung Europas. Kostenpunkt: zusätzliche 500 Milliarden Euro. All das betrifft auch Deutschland. Nur Berlin bleibt im innenpolitischen Schwebezustand stecken.
Der Machtwechsel muss deutlich werden
Was ist die Alternative? Noch wochenlang über den Kanzler in Wartestellung reden, während andere Länder Fakten schaffen? Das wäre nicht nur kindisch, sondern gefährlich. Deutschland kann es sich nicht leisten, in einer der größten geopolitischen Krisen seit Jahrzehnten als Zuschauer am Spielfeldrand zu stehen.
Die Übergangsphase zwischen Scholz und Merz darf daher nicht wie ein gewöhnliches Interregnum vollzogen werden. Es sind keine gewöhnlichen Zeiten. Nicht nur die diplomatische Kontinuität muss gewahrt, auch der Machtwechsel muss jetzt schon deutlich werden. Das geht nur, wenn Merz Scholz begleitet.
Friedrich Merz braucht kein "Regierungspraktikum". Deutschland jedoch eine handlungsfähige Regierung. Und zwar alsbald.
- Eigene Recherche