Vom Wirecard-Manager zum Agentenführer Jan Marsalek soll Morde für Russland erwogen haben
Nach dem Wirecard-Skandal hat sich Jan Marsalek nach Russland abgesetzt – und wohl eine Agententätigkeit für den Kreml übernommen. Eine britische Anklageschrift gibt neue Informationen.
Der Fall des ehemaligen Wirecard-Managers Jan Marsalek wird immer verrückter: Wie die österreichische Zeitung "Der Standard" schreibt, taucht sein Name in einer britischen Anklageschrift auf – als für Russland arbeitender Agentenführer. In dieser Funktion soll er die Tötung eines Investigativjournalisten erwogen haben.
Die Anklage erachtet es demnach als erwiesen, dass Marsalek "mit dem russischen Nachrichtendienst" verbunden gewesen sei. Chats sollen dokumentieren, dass der Ex-Manager im Name der Russen auch Aufträge vergeben konnte. Neben dem Manager hatte die Gruppe mit Orlin Roussev wohl einen weiteren Anführer. Er bekannte sich in Großbritannien der Spionage schuldig.
Aufträge für "Jackie Chan" und "Jean-Claude Van Damme"
Wie "Der Standard" schreibt, hat Marsalek ein Team aus fünf bulgarischen Agenten – mit Decknamen wie "Jackie Chan" oder "Jean-Claude Van Damme" – geleitet. Die Fünf wurden Anfang 2023 in Großbritannien verhaftet. Marsalek selbst habe das Pseudonym "Rupert Ticz" genutzt. Er entging der Polizei, da er sich zu dem Zeitpunkt der Verhaftungen vermutlich in Russland aufhielt.
Ziel der Aktionen sei in den meisten Fällen die Observation russlandkritischer Stimmen gewesen – etwa von Kreml unerwünschte Investigativjournalisten wurden beobachtet. Wenigstens den lange in Wien lebenden Journalisten Christo Grozev soll das Team von Marsalek dabei durch ganz Europa beschattet haben. Grozev hatte in der Vergangenheit etwa zu dem Tiergartenmord recherchiert.
Kurzzeitig steht ein Auftragsmord im Raum
Marsaleks Agenten sollen Grozev bei einer Konferenz in Valencia beschattet haben, regelmäßig seinen Briefkasten durchsucht und extra ein Airbnb in der Nähe seiner Wiener Wohnung angemietet haben. Zwischenzeitlich sollen Marsalek und Roussev sogar erwogen haben, den Journalisten nach Russland zu entführen – oder zu töten. In einem anderen Auftrag spionierten die Agenten eine US-Militärbasis in Deutschland aus. Wohl, weil hier auch ukrainische Soldaten ausgebildet wurden.
Marsalek wurde 1980 in Wien geboren und begann 2000 bei Wirecard. In den folgenden Jahren stieg das Unternehmen zu einer der größten europäischen IT-Firmen auf. 2019 wurde bekannt, dass das Unternehmen im großen Stil Bilanzen beschönigt hatte. In der Folge floh Marsalek nach Russland und entging so juristischen Konsequenzen.