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Zum journalistischen Leitbild von t-online.G20-Gipfel in Brasilien Lawrow kommt zu Familienfoto – aber wo steckt Joe Biden?
Der russische Außenminister Sergej Lawrow durfte trotz des Ukraine-Krieges mit auf das Familienfoto des G20-Gipfels in Rio de Janeiro. US-Präsident Joe Biden ist dagegen nicht auf dem Bild zu sehen. Aus Protest?
Aus Rio de Janeiro berichtet Patrick Diekmann.
Der erste Tag eines G20-Gipfels ist oft der harmonische Teil des jährlichen Treffens der führenden Industrie- und Schwellenländer. Es ist die Zeit der Händedrücke, die Momente, in denen die Staats- und Regierungschefs betonen, wie sehr sie die Zusammenarbeit mit ihren Kollegen schätzen. Die bilateralen Gespräche und der Streit um die Abschlusserklärung folgen dann üblicherweise am zweiten Tag.
Das ist vielleicht ein Grund, warum das G20-Familienfoto für gewöhnlich gleich zu Beginn geschossen wird. Der erste Gipfeltag bietet sich nicht zuletzt dafür an, weil zu diesem Zeitpunkt noch alle führenden Politiker vor Ort sind.
Beim G20-Gipfel in Rio de Janeiro dominierte am Montag insbesondere eine Frage die Gespräche um das Familienfoto: Darf der russische Außenminister Sergej Lawrow, der Wladimir Putin bei der Konferenz vertritt, mit auf das Bild? Schließlich führt Russland noch immer einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine, mittlerweile seit 1.000 Tagen.
In den vergangenen drei Jahren hielt sich Lawrow bei den G20-Gipfeln eher zurück. Er wirkte isoliert, reiste immer so früh ab wie möglich. Das letzte traditionelle Familienfoto bei einem G20-Gipfel war 2021 in Rom aufgenommen worden. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gab es keines mehr, weil die Staats- und Regierungschefs westlicher Staaten sich nicht gemeinsam mit Vertretern Russlands fotografieren lassen wollten.
Doch in Rio kam am Montag alles anders: Lawrow war in der letzten Reihe des Familienbildes zu sehen, dagegen fehlte US-Präsident Joe Biden auf dem Foto. Schnell machten in der brasilianischen Metropole Gerüchte die Runde: Könnte Bidens Fehlen etwa mit Lawrows Anwesenheit zusammenhängen?
Plötzlich gibt Macron Lawrow die Hand
Die kurze Antwort lautet: Nein. Das Weiße Haus soll der britischen Zeitung "The Guardian" bestätigt haben, dass "logistische Probleme" für das Fehlen von Biden verantwortlich waren. Ein US-Beamter, der anonym bleiben wollte, erklärte: "Aus logistischen Gründen wurde das Foto früher aufgenommen. Daher waren einige der Staats- und Regierungschefs gar nicht vor Ort." Die amerikanische Seite sei darüber frustriert gewesen.
In der Tat fehlte nicht nur Biden beim Familienfoto. Auch Kanadas Premierminister Justin Trudeau und Italiens Premierministerin Giorgia Meloni waren nicht anwesend.
Trotzdem löste die Anwesenheit des russischen Außenministers zumindest einen merkwürdigen Moment aus: Im Zuge des Gruppenfotos kam es zu einem Handschlag von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow. Das Kuriose: Es hatte den Anschein, dass Macron eigentlich dem Teilnehmer neben Lawrow – Nigerias Präsidenten Bola Tinubu – die Hand schütteln wollte. In derartigen Momenten war die Unsicherheit im Umgang mit Putins Russland greifbar.
In den vergangenen Jahren hatten die G20-Gastgeber Indonesien und Indien das gemeinsame Familienfoto durch Gruppenaktivitäten wie einen Spaziergang durch einen Mangrovenwald oder eine Gedenkzeremonie für den indischen Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi ersetzt. Und eines ist wahrscheinlich: Wäre Putin selbst nach Brasilien gekommen, hätten die Gastgeber auch dieses Jahr wieder kreativ werden müssen.
- Eigene Recherche vor Ort
- theguardian.com: No-show Joe: G20 leaders take group photo without Biden (englisch)
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa