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Jamshid Sharmahd im Iran hingerichtet: Was bedeutet "Verdorbenheit auf Erden"?


"Verdorbenheit auf Erden"
Mit dieser Begründung ließ der Iran einen Deutschen hinrichten

Von dpa, afp, t-online, KON

Aktualisiert am 29.10.2024Lesedauer: 2 Min.
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Menschen protestieren vor der iranischen Botschaft

Im Iran wurde ein Deutscher hingerichtet. Was steckt hinter der Begründung des Regimes?

Der Deutsch-Iraner Djamshid Sharmahd wurde am Montag hingerichtet – das hat die iranische Justiz online bekannt gegeben. Als Reaktion wird international Kritik an der Hinrichtung und dem unfairen Verfahren laut. Das schon im Januar 2023 gefällte Urteil wurde mit dem nicht klar definierten Vergehen "Verdorbenheit auf Erden" ("corruption on earth") begründet.

Sharmahd wurde 2020 vom iranischen Geheimdienst während einer Reise nach Dubai entführt. Seitdem saß er im Iran in Haft – lange Zeit ohne die Möglichkeit, zu seiner Familie Kontakt aufzunehmen. Im Juli 2023 durfte Sharmahd zum ersten Mal mit seiner Tochter telefonieren, allerdings nur aus einem makaberen Grund: Nach iranischem Recht ist es zum Tode Verurteilten erlaubt, sich von ihren Angehörigen zu verabschieden.

Das steckt hinter der Anschuldigung

Die aus dem Koran entlehnte Formulierung "Verdorbenheit auf Erden" – "ifsad fil-arz" wird manchmal auch als "Korruption auf Erden" übersetzt – wird vom Iran regelmäßig verwendet, um Urteile gegen Kritiker des Regimes zu begründen. Vor Gericht wurde Sharmahd vorgeworfen, an einem Terroranschlag auf eine Moschee in Schiras im Jahr 2008 beteiligt gewesen zu sein. Auch drei andere Männer wurden wegen des Anschlags hingerichtet.

Der Prozess erfüllte verschiedene rechtsstaatliche Standards nicht. So hat Sharmahd schon vor dem Prozess ein Zwangsgeständnis abgelegt, das im nationalen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Über das verhängte Urteil wurde er dann nicht informiert – wie seine Tochter berichtet, erfuhr er es erst aus dem Telefonat mit ihr.

Laut iranischen Justizbehörden war die oppositionelle Gruppe "Tondar" – auf Deutsch Donner – für den Anschlag mit 14 Toten verantwortlich. Wie die "Süddeutsche Zeitung" schreibt, soll Sharmahd Teil der Exilgruppe gewesen sein. Sharmahd habe für die monarchistische Gruppierung die Internetseite aufgesetzt und Radio- und Videoprogramme moderiert. Gleichzeitig soll "Tondar" laut Amnesty International tatsächlich auch Gewalt als Mittel einsetzen: Die Organisation hat in Vergangenheit für Anschläge Verantwortung übernommen.

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Scholz spricht von "Skandal"

Scholz übte auf X deutliche Kritik: "Die Hinrichtung von Jamshid Sharmahd durch das iranische Regime ist ein Skandal, den ich auf das Schärfste verurteile." Zugleich sprach auch der Kanzler dem Prozess jegliche Fairness ab: "Jamshid Sharmahd hat nicht einmal die Gelegenheit erhalten, sich im Prozess gegen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu verteidigen."

Zudem hat das Auswärtige Amt den Leiter der iranischen Botschaft einbestellt. Auf X teilte das Ministerium mit: "Wir haben unseren scharfen Protest gegen das Vorgehen des iranischen Regimes übermittelt & behalten uns weitere Maßnahmen vor."

Der Iran bestellte daraufhin auch den deutschen Gesandten ein. Die Einbestellung am Dienstag sei wegen der Einmischung "einiger deutscher Regierungsvertreter" in die Rechtssprechung der Islamischen Republik Iran erfolgt, erklärte das Außenministerium in Teheran. Zuvor hatte das Auswärtige Amt den iranischen Geschäftsträger in Berlin einbestellt und den deutschen Botschafter in Teheran, Markus Potzel, zu Konsultationen zurück nach Berlin berufen.

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Auch CDU-Chef Friedrich Merz, der eine politische Patenschaft für Sharmahd übernommen hatte, übte Kritik. Er schrieb im Onlinedienst X, es handele sich um ein "scheußliches Verbrechen". Der Prozess sei ein "Hohn für die internationalen Maßstäbe an rechtsstaatliche Verfahren" gewesen. "Das iranische Regime zeigt einmal mehr seinen menschenverachtenden Charakter."

Verwendete Quellen
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