Sinnlose Beschlüsse? So umgeht Russland die Sanktionen der EU
Eigentlich sollte Russland aus Europa keine kriegswichtige Waren mehr erhalten. Doch mittlerweile gibt es offenbar ein System, um die EU-Sanktionen auszuhebeln.
Russland umgeht laut einer neuen Studie die westlichen Wirtschaftssanktionen über frühere Sowjetrepubliken, China und einen Nato-Staat: die Türkei. Zu diesem Schluss kommen die Wirtschaftsforscher von Münchner Ifo-Institut und Econpol in einer am Mittwoch veröffentlichten Studie.
Die Forscher haben die russischen Handelsströme analysiert. Demnach haben sich die russischen Importe bedeutender Wirtschaftsgüter und militärisch wichtiger Bauteile aus den genannten Ländern in den vergangenen Jahren vervielfacht. Das wirft einen Schatten auf die am Mittwoch beschlossenen neuen Sanktionen gegenüber Russland. Mehr dazu lesen Sie hier.
"Armenien, Kasachstan, Usbekistan, Kirgisistan und die Türkei haben im Jahr 2022 fünfzigmal mehr Güter nach Russland exportiert, die kritisch für die russische Wirtschaft oder wichtig für die Militärindustrie sind, als sie 2019 an allgemeinen Gütern in alle Zielländer exportiert haben", sagte Feodora Teti, die stellvertretende Leiterin des Ifo-Zentrums für Außenwirtschaft. "Dies deutet mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit auf Sanktionsumgehung hin."
Türkei liefert Maschinen nach Russland
Politisch brisant ist vor allem die Einschätzung der Autoren, dass die Türkei bei der Umgehung der Sanktionen eine Rolle spielt. Über den Nato-Staat erhält Russland demnach hauptsächlich Produkte wie mechanische und elektrische Maschinen.
Die EU hat in zwei Listen festgelegt, für welche wirtschaftlich bedeutenden Güter und militärisch wichtigen Bauteile es verboten ist, sie nach Russland zu exportieren. Die erste Liste umfasst zum Beispiel Maschinen, Motoren, Kräne, Schaufellader oder Betonmischer. Mit der zweiten Liste verbietet die EU den Export elektronischer, elektrischer und mechanischer Bauteile, welche die russische Rüstungsindustrie etwa für den Bau von Raketen oder Kampfhubschraubern benötigt. Darunter fallen beispielsweise Halbleiter, Speicherchips, Navigationstechnologie, aber auch elektrische Stecker, Kugellager und optische Bauteile.
Der Studie zufolge importiert Russland mittlerweile viele Halbleiter aus Hongkong. In Zentralasien umgehe Russland die Sanktionen vor allem über Kasachstan. So gelangen etwa seit 2022 deutlich mehr Datenverarbeitungsgeräte aus Kasachstan nach Russland.
- Nachrichtenagentur dpa